Über Jahre hinweg habe ein mittlerweile entlassener Bundeswehr-Reserveoffizier Russland mit Dokumenten und Informationen versorgt. Nun wurde er wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit verurteilt.
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat einen Mann wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit (§ 99 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) und § 1 Abs. 1 Nr. 4 NATO-Truppen-Schutzgesetz (NTSG) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Der Staatsschutzsenat sah es als erwiesen an, dass der Mann russsiche Geheimdienste über Jahre hinweg mit Informationen versorgt hat (Urt. v. 18.11.2022, Az. III-6 StS 1/22).
Das Urteil erging damit gut sieben Monate nach Anklageerhebung durch den Generalbundesanwalt (GBA). Spätestens seit 2014 hatte der Mann Kontakt zu ranghohen Mitarbeitern des Militärattachéstabes in der russischen Botschaft in Berlin sowie zum russsichen Militärgeheimdienst GRU. Dabei lieferte er Informationen unter anderem über das Reservistenwesen der Bundeswehr und die Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen Russland nach der Krim-Annexion im Jahr 2014.
Er sei getrieben gewesen von einer "extrem russlandfreundlichen Einstellung und dem Drang, sich bei russischen Militärangehörigen beliebt und wichtig zu machen", sagte der Vorsitzende Richter. Dabei habe er in Kauf genommen, den Interessen der Bundesrepublik und der USA zu schaden. Auch war der Mann in seiner Funktion als Reserveoffizier jährlich schriftlich vor einer Ausspähung fremder Nachrichtendienste gewarnt worden. Als Mitarbeiter eines US-Unternehmens sei er sogar noch besonders sensibilisiert worden. Dennoch habe er in Kauf genommen, den Interessen der Bundesrepublik und der USA zu schaden.
"Frieden und Völkerverständidung" gesponsert von Russland?
Die Versendung der Dokumente an einen russischen Militärattaché hatte der Angeklagte umfassend eingeräumt, den Vorwurf der Spionage aber bestritten. Ihm sei es um Frieden und Völkerverständigung gegangen, hatte der Vertriebsleiter einer US-Firma behauptet. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe war er von seinem Unternehmen freigestellt worden, inzwischen ist er Rentner.
Die Kontaktanbahnung hatte die Bundeswehr selbst ermöglicht, in dem sie zum "Ball der Luftwaffe" im Februar 2014 auch den Militärattaché eingeladen hatte, der laut dem GBA ein Geheimagent des GRU ist. Dort hatten sich beide Männer kennengelernt. Es folgte eine jahrelange Weitergabe von Informationen vor allem per E-Mail. Als Belohnung habe er zwar kein Geld erhalten, aber Einladungen etwa zur Moskauer Sicherheitskonferenz - auf Kosten des russischen Verteidigungsministerium.
Dass es bei einer Bewährungsstrafe blieb, begründete das Gericht unter anderem so: Das Bekanntwerden der Vorwürfe habe den Erkrather "beruflich und privat" schwer getroffen. Er hatte ausgesagt, seine russische Ehefrau sei Gegnerin von Russlands Präsident Wladimir Putin und nach der Hausdurchsuchung in Therapie.
Gegen das noch nicht rechtskräftige Urteil kann noch das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt werden.
jb/dpa/LTO-Redaktion
Staatsschutzverfahren beim OLG Düsseldorf: . In: Legal Tribune Online, 18.11.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50220 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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