Dass nur Inländer nationaler Meister einer sportlichen Disziplin werden dürfen, kann man schon regeln, entschied der EuGH. Das müsse man dann aber auch gut begründen. Nach seiner Vorlage ist nun das AG Darmstadt wieder an der Reihe.
Die Regelung des Deutschen Leichtathletikverbands e.V. (DLV), wonach es nur deutschen Staatsangehörigen vorbehalten ist, bei Wettkämpfen den Titel des "Deutschen Meisters" zu erlangen, verstößt gegen das Unionsrecht, "wenn sie nicht durch objektive Erwägungen gerechtfertigt ist, die in einem angemessenen Verhältnis zu einem legitimen Zweck stehen", entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag (Urt. v. 13.06.2019, Az. CC-22/18).
Gegen diese Regelung klagte Herr Biffi, ein in Deutschland lebender italienischer Staatsangehöriger, der seit 2012 in der Kategorie der Senioren an Deutschen Meisterschaften im Amateursport teilgenommen hatte. Aufgrund der Regelung des DLV wurde ihm im März 2017 die Möglichkeit genommen, um den deutschen Meistertitel zu kämpfen. Er durfte lediglich an den Rennen "außer Wertung" teilnehmen, nicht aber an den Qualifikations- und Endläufen. Im Rahmen des Verfahrens vor dem Amtsgericht Darmstadt (AG) waren sich die Richter nicht sicher, ob eine solche Regelung nicht gegen Unionsrecht verstößt, weswegen sie den EuGH anriefen.
Die Antwort der Luxemburger Richter lautet nun: Es kommt darauf an. Und zwar darauf, ob die Regelung durch objektive Kriterien gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig ist. Wie schon Generalanwalt Tanchev in seinen Schlussanträgen, merkte auch der EuGH an, dass der Zweck, den der DLV mit seiner Regelung verfolgt, durchaus legitim sein kann. Denn die Regelung, die Verleihung des Titels des nationalen Meisters an eine bestimmte Staatsangehörigkeit zu koppeln, gewährleiste, dass dieses nationale Element "als charakteristisches Merkmal des nationalen Meisterschaftstitels angesehen werden kann", so nun auch der EuGH.
EuGH äußert Zweifel an Verhältnismäßigkeit der Maßnahme
Probleme hatten die Luxemburger Richter aber hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Regelung. So halten sie das Argument der DLV, wonach die Regelung notwendig sei, um einheitliche Maßstäbe zu schaffen, für eine reine Behauptung. Es lasse sich kein Anhaltspunkt dafür finden, warum und wie auf diese Weise einheitliche Maßstäbe geschaffen werden sollten, so der EuGH. Ebenso betonten die Luxemburger Richter, dass es eine solche Regelung zuvor jahrelang nicht gegeben hat. Der DLV habe den Vorbehalt für Deutsche nämlich erst im Juni 2016 in seine Leichtathletik-Ordnung aufgenommen. Für den EuGH ist deshalb nicht ersichtlich, warum man nun erst mit einer solchen Regelung eingreifen wolle.
Abschließend geklärt hat der EuGH die Frage nach dem deutschen Meistertitel auch für Unionsbürger nicht. Der Streit geht somit zurück an das AG Darmstadt. Dort muss nun geklärt werden, ob es noch andere Rechtfertigungsgründe für die neue DLV-Regelung geben könnte. Dabei schrieb der EuGH den Darmstädter Kollegen ausdrücklich vor, dass auch das Ziel des Unionsrechts, Wettbewerbe zugänglicher zu machen, sowie die Bedeutung der Integration von im Aufnahmemitgliedstaat ansässigen Personen bei den Abwägungen zu berücksichtigen sei.
tik/LTO-Redaktion
EuGH zur Leichtathletik-Ordnung: . In: Legal Tribune Online, 13.06.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35887 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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