Altenheimbewohner gelten in Zeiten der Corona-Pandemie als besonders schutzbedürftig. Mit Tests ohne Vorliegen von Krankheitszeichen wollte das Gesundheitsministerium auf Nummer sicher gehen - und machte einen Formfehler.
Das Oberlandesgericht (OLG) Rostock hat die Vergabe eines Auftrags zur Testung von Bewohnern und Beschäftigten in Alten- und Pflegeheimen ohne das Einholen anderer Angebote durch das Schweriner Gesundheitsministerium für unwirksam erklärt. Dieses habe wegen der Dringlichkeit beim ersten Aufflammen der Pandemie zwar kein reguläres Vergabeverfahren in die Wege leiten müssen. Aber selbst in einer solchen Situation hätte das Land andere Angebote einholen müssen und nicht nur mit einem Unternehmen verhandeln dürfen, entschied das Rostocker Gericht am Mittwoch (Urt. v. 09.12.2020, Az. 17 Verg 4/20). Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) hatte am 08. Mai 2020 mitgeteilt, dass das Rostocker Biotech-Unternehmen Centogene rund 25.000 ältere und pflegebedürftige Menschen in Pflegeeinrichtungen sowie rund 15.000 Beschäftigte mittels Abstrichtests auf eine Covid-19-Erkrankung hin untersuchen solle. Zunächst war Glawe von einem Auftragsvolumen von 3,5 Millionen Euro ausgegangen, die tatsächlichen Kosten beliefen sich nach Ministeriumsangaben letztlich auf rund 2,3 Millionen Euro. Die Gesamtzahl der Testungen gab das Ministerium mit 51.730 an, es sei in einem Altenheim ein Mitarbeiter positiv auf das Sars-CoV-2-Virus identifiziert worden.
Geklagt hatte ein Laborunternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern, das zuvor schon anlassbezogen, also bei Vorliegen von Krankheitszeichen, Menschen auf das Coronavirus getestet hatte. Wie der Vorsitzende Richter ausführte, hatte dieses Unternehmen im April an das Ministerium geschrieben und sich um den Auftrag beworben. Das Land habe aber exklusiv mit Centogene weiterverhandelt und Anfang Mai den Vertrag unterzeichnet.
Eine öffentliche Ausschreibung oder das Einholen anderer Angebote diene dem Schutz der öffentlichen Haushalte und der Wahrung von Interessen möglicher Wettbewerber, erklärte der Richter. Mögliche Konsequenzen aus dem Urteil müssten die Parteien nun unter sich ausmachen. Das Gesundheitsministerium und das klagende Unternehmen teilten auf dpa-Anfrage mit, dass sie zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten wollten.
dpa/vbr/LTO-Redaktion
OLG Rostock: . In: Legal Tribune Online, 09.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43688 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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