Als "Person der Zeitgeschichte" bezeichnete sich ein Mann, kandidierte als Bürgermeister und nahm im Königsmantel an Podiumsdiskussionen teil. Dafür verlangte er 300.000 Euro Gage – und scheiterte nun vor dem OLG Stuttgart.
Ein humorvolles Auftreten auf einer öffentlichen Veranstaltung begründet noch keinen Vergütungsanspruch. Auch könne man sich nach einem solchen Auftritt, der der eigenen Profilierung diene, nicht auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts berufen. Das entschied das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) in einem kürzlich ergangenen Urteil (v. 24.6.2020, Az. 4 U 561/19).
Ein Mann aus Baden-Württemberg kandidierte im Rems-Murr-Kreis für das Amt des Bürgermeisters in vier Gemeinden. Im Rahmen dieser Kandidatur wurde er von einem Verlagsunternehmen, das in der Gegend regionale Zeitungen verlegt, zu Podiumsdiskussionen eingeladen, die auch im Internet übertragen und teilweise zugänglich gemacht wurden. Teilweise wurde für diese Veranstaltungen ausdrücklich auf die Unentgeltlichkeit hingewiesen, ein Entgelt wurde aber in keinem Fall vereinbart oder angesprochen.
Der Bürgermeisterkandidat trat nun bei diesen Veranstaltungen auf – und zwar in einem Königsmantel. Dabei sah er sich selbst in der Rolle als "Lebensberater, Künstler und Unterhalter", für die er Anspruch auf eine Gage in Höhe von 300.000 Euro habe. Ein solcher Vertrag sei für alle seine "Darbietungen" zustande gekommen. Im Übrigen forderte er Schadensersatz, da durch die Veröffentlichungen im Internet sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und sein Urheberrecht verletzt worden seien.
Auch "Showtalente" und "Personen der Zeitgeschichte" werden nicht immer bezahlt
Das OLG Stuttgart konnte allerdings keine Anspruchsgrundlage für die geforderte "Gage" erkennen. Es seien durch die Auftritte in den Veranstaltungen keine Verträge zustande gekommen. Die Diskussionen haben lediglich der Bürgerinformation gedient und die Behauptung des Mannes, er sei "als Showtalent" engagiert worden, widerspreche seinen eigenen Äußerungen zu seiner Kandidatur, in denen er abstreite, als bloßer "Spaßkandidat" da zu sein. Ein "auffälliges, womöglich auch launiges und humorvolles Auftreten" führe noch nicht zu einer Vergütungspflicht. Auch das Zustandekommen einer Nutzungsvereinbarung über ein künstlerisches Werk sei nicht ersichtlich, sodass Ansprüche aus Urheberrecht ebenfalls ausschieden.
Schließlich liegt nach Auffassung der Stuttgarter Richter auch keine Verletzung des Rechts am eigenen Bild vor. Zum einen sei dieses gegen die Pressefreiheit abzuwägen, wobei in diesem Fall zu berücksichtigen sei, dass es sich bei den im Internet veröffentlichten Podiumsdiskussionen um Beiträge von allgemeinem öffentlichem Interesse handele. Zum anderen habe der Bürgermeisterkandidat selbst vorgetragen, eine "Person der Zeitgeschichte" zu sein, was jedenfalls das öffentliche Interesse an seinen Auftritten und Aussagen deutlich begründe.
Letztlich sei, so das OLG, der im Internet veröffentlichte Beitrag auch nicht auf ihn, sondern auf alle Kandidaten fokussiert gewesen. Durch sein Auftreten im Königsmantel habe er selbst bewusst gerade diese Öffentlichkeit für seine persönliche Profilierung genutzt. Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild schieden daher aus.
Der Berufungssenat hat die Revision nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung ist aber noch möglich.
ast/LTO-Redaktion
OLG verneint Anspruch auf eine Gage: . In: Legal Tribune Online, 24.06.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41997 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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