Die deutschen Gesellschaften des Reisekonzerns Thomas Cook haben am Mittwoch einen Insolvenzantrag eingereicht. Die ebenfalls zum Konzern zählende Fluggesellschaft Condor hat unterdessen ein Schutzschirmverfahren beantragt.
Wie Thomas Cook bekannt gibt, sei der reguläre Geschäftsbetrieb eingestellt und es würden auch keine Reisen aus dem Portfolio der Thomas-Cook-Veranstalter mehr verkauft. Dazu zählen neben Bucher Reisen und Öger Tours auch Thomas Cook Signature, Neckermann Reisen und Air Marin. Ob auch weitere Gesellschaften betroffen seien, werde in den nächsten Tagen geprüft und in Abstimmung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter entschieden.
Unterdessen ist die staatliche Hilfe für die ebenfalls zu Thomas Cook zählende Fluggesellschaft Condor angelaufen. Die Bundesregierung und die hessische Landesregierung gaben der Airline am Dienstagabend die Zusage über eine Bürgschaft für einen sechsmonatigen Überbrückungskredit. Mit einem Massedarlehen von 380 Millionen Euro bekommt der Ferienflieger unter anderem finanziellen Spielraum, um sich aus dem Haftungsverbund des Thomas-Cook-Konzerns zu lösen.
Brüssel muss Hilfe genehmigen
Der Überbrückungskredit steht allerdings noch unter dem Vorbehalt der beihilfenrechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ist Deutschland dabei, eine vollständige Anmeldung vorzubereiten. Sobald diese bei der Kommission eingegangen ist, könne innerhalb weniger Wochen eine Entscheidung fallen.
Nach den EU-Beihilfevorschriften können die Mitgliedstaaten Rettungsbeihilfen gewähren, um Unternehmen, die mit einer ernsthaften Verschlechterung ihrer Finanzlage konfrontiert sind, vorübergehend zu unterstützen. Die Kommission muss dann entscheiden, ob die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden kann.
Die Kommission hatte 2017 einen Kredit des Bundes für die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin abgesegnet. Das Darlehen ist inzwischen komplett zurückgezahlt worden, wie ein Sprecher des Insolvenzverwalters vor Kurzem sagte.
Condor beantragt Schutzschirmverfahren
Am Mittwoch teilte außerdem das Amtsgericht (AG) Frankfurt mit, dass Condor ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung nach § 270b Insolvenzordnung (InsO) beantragt hat. Ein solches Verfahren kann beantragt werden, wenn die Sanierung des Unternehmens möglich erscheint und keine Zahlungsunfähigkeit, sondern lediglich eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt. In diesem Verfahren wird kein Insolvenzverwalter eingesetzt, sondern lediglich ein Sachwalter bestellt, der die Geschäftsführung überwachen muss. Dabei hat das Unternehmen ein Vorschlagsrecht in Bezug auf den Sachwalter.
Eine Entscheidung über den Antrag will das Gericht in den nächsten Tagen fällen. Die nächsten Verfahrensschritte wären dann die Bestellung des Sachwalters sowie die Bestimmung einer höchstens dreimonatigen Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans.
Insolvenzrechtler kritisieren Staatshilfe
Unterdessen kritisiert die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung des Deutschen Anwaltvereins (DAV) die Rufe nach staatlicher Unterstützung. Dass die Insolvenz von Thomas Cook derartige Ausmaße erreiche, liege vor allem daran, dass das britische Recht den Insolvenzauslösetatbestand der Überschuldung nicht kenne. In Deutschland sei die Problemlage ähnlich, da die Überschuldung als Tatbestand für die Insolvenzauslösung nach der Insolvenzordnung ausgesetzt werden könne, wenn die Fortführung "überwiegend wahrscheinlich" sei.
Wenn überschuldete Unternehmen demnach glaubten, zukünftig liquide zu sein, arbeiteten sie weiter und häuften weiterhin operative Verluste an. Thomas Cook habe seine Liquidität durch Anzahlungen der Kunden auf ihre Reisen erhalten – Leistungen, die das Unternehmen erst in der Zukunft erbringen muss. "Statt wie jetzt bei der Tochtergesellschaft Condor immer wieder das Einspringen des Staates zu fordern, sollten Unternehmen verpflichtet werden, solche Vorauszahlungen auf einem gesonderten Treuhandkonto zu separieren", fordert der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Jörn Weitzmann.
Weiter spricht sich Weitzmann dafür aus, den alten Überschuldungsbegriff des § 19 der Insolvenzordnung wieder einzuführen. In der alten Fassung schrieb er vor, dass ein Unternehmen Insolvenzantrag stellen musste, wenn die Aktiva* die Verbindlichkeiten nicht mehr deckten. Diese Regelung sei im Zuge der Lehman-Krise aufgeweicht worden.
Kapitalspritze aus China?
Derweil laufen in London Gespräche über eine Rekapitalisierung von Thomas Cook. Das Unternehmen hofft auf eine Kapitalspritze des chinesischen Hauptaktionärs Fosun in Höhe von 750 Millionen britischen Pfund, umgerechnet sind das rund 834 Millionen Euro. Im Zuge dessen könnte Fosun die Kontrolle über das Reisegeschäft erlangen und eine Minderheitsbeteiligung am Fluggeschäft übernehmen.
Das frische Geld soll Thomas Cook ausreichenden Spielraum für das Winterhalbjahr 2019/2020 liefern und Investitionen in das Geschäft ermöglichen. Mit den rund 750 Millionen Pfund sollen auch die Schulden der Briten signifikant sinken. Ein Teil der Schulden soll dabei den Plänen zufolge auch in Eigenkapital gewandelt werden.
mit Material von dpa
*Korrigiert am 27.09.2019, 13:26 Uhr: In der zuerst veröffentlichten Fassung des Satzes stand "Eigenkapital" statt "Aktiva" (LTO-Redaktion)
Nach der Insolvenz von Thomas Cook: . In: Legal Tribune Online, 25.09.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37835 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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