Im Jahr 2016 hat eine Rekordzahl an Partnern ihre Kanzlei gewechselt. Eine Studie zeigt: Viele internationale Kanzleien dünnen ihre Partnerriegen aus. Zugleich sind Rainmaker so gefragt wie selten zuvor.
Die Personalmeldungen reißen nicht ab: Partner A wechselt zu Kanzlei B. Kanzlei C verstärkt sich mit den Partnern D und E. Kanzlei X eröffnet erstmals ein Büro in Deutschland und holt dafür ein Team von Wettbewerber Y. Wer den Markt für Wirtschaftskanzleien beobachtet, muss den Eindruck gewinnen, dass 2016 so viele Partner wie seit langem nicht ihre Sozietät gewechselt haben. Eine Studie von TGO Consulting zeigt nun, dass dieser Eindruck richtig ist.
Demnach haben allein in den ersten drei Quartalen 2016 rund 20 Prozent mehr Partner gewechselt als im gesamten Vorjahr. "Die Nachfrage nach Top-Anwälten ist schlicht zu hoch, als dass diese loyal wären", schließen die Studienautoren daraus. Der Markt weise Ähnlichkeiten mit dem internationalen Profi-Fußball auf: Die Kanzleien mit den tiefsten Taschen zögen die besten Anwälte an. Top-Anwälte wiederum seien wie Söldner, die für diejenige Kanzlei arbeiten, die ihnen am meisten bezahlt.
Das Beratungsunternehmen TGO hat die Wechsel von Equity-Partnern unter den Top-25-Kanzleien im deutschen Markt seit 2011 analysiert. Zwischen 2011 und 2013 lag die Zahl der Wechsel konstant zwischen 50 und 55; eine Delle gab es im Jahr 2014, als laut der Erhebung nur 40 Equity-Partner ihre Kanzlei verließen. 2015 stieg die Zahl wieder und lag bei knapp 50 Wechslern. In den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres haben bereits mehr als 55 Equity-Partner ihre Sozietät verlassen.
Partnerriegen der internationalen Kanzleien dünnen aus
Über den gesamten Zeitraum haben die 25 Top-Sozietäten nach der Untersuchung insgesamt 232 Equity Partner an Wettbewerber verloren, zugleich aber nur 170 neue Equity-Partner seit 2011 gewonnen.
Die Partnerriege der Top-Kanzleien ist demnach in den vergangenen sechs Jahren schmaler geworden, vor allem bei den internationalen Law Firms. Diese Gruppe von Kanzleien hat seit 2011 196 Equity-Partner verloren und 111 hinzugewonnen. Nationale Sozietäten, etwa Hengeler Mueller, Gleiss Lutz oder Heuking, haben im Vergleich dazu insgesamt 59 neue Partner gewonnen und nur 36 Partner abgegeben.
Die von TGO erhobenen Daten zeigen, dass drei Viertel der Partner von internationalen Sozietäten zu einer Kanzlei wechseln, die nicht den Top 25 angehört. Einige davon gründeten auch eigene Kanzleien, wechselten auf Inhouse-Positionen oder heuerten bei den expandierenden Rechtsberatungsgesellschaften der Big Four wie PwC Legal oder KPMG Law an.
Corporate-Anwälte sind besonders wechselfreudig
Analysiert man die Partnerwechsel mit Blick auf die Rechtsgebiete, so zeigt sich, dass Corporate- und M&A-Anwälte einen Großteil der Wechsel (35%) auf sich vereinen; 2016 waren es bislang sogar 37 Prozent. Mit deutlichem Abstand folgen Kapitalmarkt- und Bankrechtler (14%). In etwa gleichauf sind die Bereiche IP/IT/Medien, Immobilienwirtschaftsrecht und Steuerrecht (jeweils unter 10%).
Ein Grund dafür liegt sicherlich darin, dass es mehr Corporate- und M&A-Anwälte als Anwälte anderer Rechtsgebiete gibt. Die Studienautoren vermuten außerdem, dass Corporate-Partner in dem gegenwärtigen kompetitiven Marktumfeld besonders gefragt sind. Damit seien sie zu wertvoll, um standhaft zu bleiben - zumal ohnehin keine Kanzlei mehr Loyalität erwarte.
Anja Hall, Partnerwechsel 2016: . In: Legal Tribune Online, 08.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21396 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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