Kanzleien schließen sich immer häufiger über Ländergrenzen hinweg zusammen. Doch damit die neue Law Firm mehr ist als die Summe ihrer Einzelteile, braucht es Zusammengehörigkeitsgefühl. Das zu erreichen ist aber gar nicht so einfach.
Manchmal hat eine Kanzlei mehrere Leben. Wie eine Katze. Die Kanzlei von Dr. Matthias Heisse ist inzwischen in ihrem dritten Leben angekommen. Heisse war bereits Namenspartner der Kanzlei Arcon Rechtsanwälte Schmidt-Sibeth Heisse Weisskopf Kursawe. Nach deren Auflösung 2004 gründet er mit Dr. Stefan Kursawe die Kanzlei Heisse Kursawe.
Nach kurzer Zeit hängen sie das Wort Eversheds an ihren Kanzleinamen an: Zwischen den Jahren 2006 und 2015 waren sie exklusiver Partner der internationalen Kanzlei Eversheds für Deutschland. Seit fast einem Jahr heißt ihre Münchener Kanzlei nur noch Eversheds. Sie ist nun vollständig integriert und zum deutschen Eversheds-Standort geworden.
Alles nur für die Mandanten?
"Wir haben nach einer sinnvollen Nachfolge-Lösung gesucht", erklärt Heisse die Motivation, mit einer internationalen Kanzlei zu fusionieren. Während andere Sozietäten Partner in Deutschland suchen und sich hierzulande vergrößern, schweifte Heisses Blick ins Ausland. "Der Markt der Wirtschaftskanzleien ist ja heutzutage viel internationaler als noch vor zehn Jahren. Vor diesem Hintergrund wollten wir uns nicht nur rein finanziell weiterentwickeln, sondern auch unseren Mandanten und Mitarbeitern einen wirklichen Mehrwert bieten."
Das Argument, der Mandant wolle es so, wird bei internationalen Fusionen fast immer bemüht. Wenn das stimmt, dann scheinen die Mandanten von Dentons nicht genug davon zu bekommen. Dentons hat mittlerweile so viele Kanzleien unter ihr Firmendach aufgenommen, dass einem beinahe schwindelig wird. Mit den vielen neuen Leben dieser Sozietät kann keine Katze mehr mithalten.
Nachdem Dentons 2013 aus einer Fusion zwischen Salans, SNR Denton und Fraser Milner Casgrain entstanden ist, wächst die Sozietät unaufhörlich. Ihre Standorte umspannen inzwischen den gesamten Erdball. 2015 fusionierte Dentons mit der chinesischen Kanzlei Da Tschang und zählt nun die meisten Anwälte der Welt unter einem Kanzleidach. Wir hätten gern mit Dentons darüber gesprochen, wie eine internationale Fusion und die anschließende Integration im Detail ablaufen. Doch das globale Kanzleimanagement will sich bei diesem Thema derzeit nicht in die Karten blicken lassen, eine Gesprächsanfrage der LTO wurde abgelehnt.
Gemeinsam oder jeder für sich?
Aber Dentons ist nicht die einzige Kanzlei, die sich international vergrößert, indem sie lokale Büros und ganze Kanzleien in sich aufsaugt. King & Wood Mallesons (KWM) hat ebenfalls den Schlachtruf ausgegeben, eine global agierende Sozietät zu werden. In Deutschland traf sie damit bei SJ Berwin vor gut zwei Jahren auf fruchtbaren Boden. SJ Berwin war bereits seit längerer Zeit auf der Suche nach einem Fusionspartner. Ihre Motivation: Ebenfalls die globale Präsenz zu stärken.
"Hier haben gemeinsame Interessen und Strategieansätze zusammengefunden", sagt Corporate-Anwalt Dr. Michael Cziesla. Cziesla gehört seit eineinhalb Jahren zum deutschen KWM-Managementteam. Die britische Kanzlei SJ Berwin ging im November 2013 als viertes Mitglied im Schweizer Verein von KWM auf.
Eine Besonderheit des Schweizer Vereins: Die einzelnen KWM-Vereine wirtschaften in die eigene Tasche. "Der Vorteil der Vereinsstruktur liegt unter anderem darin, dass anders als bei einer sofortigen Vollintegration Unterschiede in der Profitabilität über einen längeren Zeitraum ausgeglichen werden können", sagt Cziesla. Kein Anwalt aus Hong-Kong muss folglich unter den - vergleichsweise - günstigen Preisen 'leiden', die in Deutschland für die Rechtsberatung gezahlt werden.
Eigenständig bleiben
Was bei Cziesla Ablehnung hervorruft, fand bei Heisse Zustimmung. Denn die ehemaligen HKE-Anwälte wirtschaften nun in die Eversheds-Tasche. Heisses Kanzlei wurde finanziell vollständig integriert. Dafür nahm man in Kauf, dass sich die Steuerprüfung des Finanzamts über ein Jahr hinzog. Doch den Partnern um Heisse und Kursawe war es das wert: "Wir haben vor der Fusion bereits lange mit Mandaten aus dem globalen Eversheds-Netzwerk zusammengearbeitet. Gleichzeitig haben wir eine stabile Mandantenbasis in Deutschland aufgebaut", erzählt Heisse.
Auch künftig möchten sie das eigene Geschäft mit deutschen Mandanten und auf dem deutschen Markt weiterentwickeln. "Unser Ziel war es nie, nur das Anhängsel einer internationalen Kanzlei zu sein und lediglich die Mandate abzuarbeiten, die aus dem Ausland zu uns kommen", sagt Heisse. "Unser deutscher Mandantenstamm ist ein gutes Fundament für die Zukunft bei Eversheds."
Désirée Balthasar, Internationale Kanzleifusionen: . In: Legal Tribune Online, 15.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18780 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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