Kann eine Preisverleihung ohne Publikum funktionieren? Der Juve-Verlag wagte das Experiment am Donnerstagabend mit einer Awards-Gala, die wegen der Coronapandemie digital stattgefunden hat. Es ist nur teilweise geglückt.
Nicht jeder darf, aber viele wollen zu den Juve-Awards – normalerweise. Der Verlag lädt 1.000 Gäste in die Alte Oper in Frankfurt ein. Auf die Verleihung der Kanzlei-Preise folgt eine Party, die bis in die frühen Morgenstunden dauert. Smoking und Abendkleid sind Pflicht. Die Einladungskarten sind begehrt, und es spielen sich Dramen ab, wenn es darum geht, eine zu erhalten.
Aber in der Corona-Pandemie ist alles anders. In diesem Jahr hat die Preisverleihung erstmals – und einmalig, wie der Verlag betont – digital stattgefunden. Mit dem schönen Nebeneffekt, dass jeder, der wollte, am Donnerstagabend Mäuschen spielen und auf "Juve-TV" zuschauen konnte, wer die Preise abräumt.
Vieles, aber nicht alles war wie in der Alten Oper
Die Veranstalter haben sich bemüht, vieles gleich zu machen wie in den Vorjahren: Ein Moderator, den die meisten aus dem Fernsehen kennen, führte durch die Preisverleihung – es war der ehemalige Fifa-Schiedsrichter Urs Meier. Auch die große Abendgarderobe und der rote Teppich fehlten nicht - er lag nur eben nicht vor der Alten Oper, sondern vor der Halle im Köln, in der die Veranstaltung aufgezeichnet wurde.
Besonders wichtig war dem Verlag auch in diesem Jahr der Charity-Aspekt der Veranstaltung, denn im Rahmen der Preisverleihung werden die Gäste zu Spenden für Hilfsorganisationen aufgerufen. In diesem Jahr kamen fast 207.000 Euro für die Bono-Direkthilfe zusammen. Eine beachtliche Summe – vor allem wenn man bedenkt, dass es eigentlich gar keine Gäste gab.
Um trotz fehlender Gäste-Awards Gefühle aufkommen zu lassen, haben sich die Veranstalter etwas einfallen lassen: Einen Newsletter, ein Quiz, bei dem man zum Beispiel Karten für die Gala im nächsten Jahr gewinnen konnte, und es wurde sogar einen Instagram-Account eingerichtet, wenn er auch mit knapp 150 Abonnenten nicht gerade influencerverdächtig ist.
Schweigen, wo ansonsten gejubelt wird
Und überhaupt: Digital geht vieles, aber nicht alles. Und einer Preisverleihung im digitalen Raum fehlt es an einem ganz wesentlichen Element, den Emotionen. Wo ansonsten im Saal der Alten Oper tausend Leute zusammensitzen und mitfiebern, applaudieren, jubeln oder sich leise ärgern, folgte gestern Abend auf die Worte "Und der Juve Award geht an…" eine irritierende Stille.
Wobei, ganz ruhig blieb es nicht: Die Sieger durften kurze Videos mit kleinen Grußbotschaften einreichen. Während einige die Gelegenheit zu teils recht plumper Eigenwerbung nutzten, zeigten sich andere kreativ und selbstironisch. So erzählte etwa das Kartellrechtsteam der Kanzlei Dentons in einem kleinen Clip, wie es seit Jahren versucht, an den Award zu kommen – und ihn nun mit Hilfe eines Bücherstapels endlich erreicht.
Es dauerte lange, sehr lange
Abgesehen von solchen Highlights bleibt eines haften: Es dauert sehr, sehr lange, bis die Auszeichnungen in allen 18 Kategorien vergeben sind. In jeder Kategorie – von Arbeitsrecht über Compliance und Private Equity bis hin zum Höhepunkt, der Kanzlei des Jahres - werden fünf Nominierungen ausgesprochen, und jede einzelne Nominierung wird kurz begründet. Für den Gewinner gibt es zudem eine Laudatio, verlesen von Mitgliedern der Juve-Redaktion.
Das macht sage und schreibe 108 Kurzvorträge, in denen es immer wieder um die "Umsetzung von Zukunftsvisionen", "beispiellosem Einsatz" für den Mandanten und von Anwälten, die "hoch im Kurs" stehen, geht. Schwer, wenn nicht gar unmöglich, dabei nicht vor dem Bildschirm wegzudämmern. Es dauerte gut zweieinhalb Stunden, bis es zum Finale kam und Hengeler Mueller zur Kanzlei des Jahres gekürt wurde.
Alle froh, als es vorbei war
Dabei hat Ex-Schiedsrichter Urs Meier sein Bestmögliches getan, den Abend unterhaltsam zu gestalten. Womöglich waren seine unzähligen Fußballanekdoten für Leute, die sich nicht für den Sport interessieren, wenig spannend. Aber er hat das ungewöhnliche Event professionell moderiert. Und als einzigem TV-Profi vor der Kamera ist es ihm gelungen, die Neulinge – Vertreter der Sponsoren und des Verlags – neben sich glänzen zu lassen. Zum Schluss aber waren alle Beteiligten sichtlich froh, dass es vorüber war.
Die Zuschauer, die bis zum Ende durchgehalten haben, sahen einen reibungslos verlaufenen Abend. Wer unbedingt ein Haar in der Suppe gesucht hat, lachte über einige Versprecher: Die Rede war von Lego-Tech-Anbietern, Private-Eck-Kiwi-Ti und irgendetwas, das sich wie Sellerie-Partner anhörte.
Nach der Preisverleihung spielte, wie im echten Leben auch, die Awards-Band Ten Ahead. Und wer sich im Sofasessel zurücklehnte und die Augen schloss, der konnte sich in die Alte Oper träumen.
Verleihung der Juve Awards 2020: . In: Legal Tribune Online, 30.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43271 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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