Am 1. April 2005 läutete die Frankfurter Kanzlei Greenfort ihre Existenz mit einer Messingglocke ein. Die Gründung glückt, und zehn Jahre später wird groß gefeiert – mit einem Besuch bei Costa Cordalis.
Man könnte sich Innovativeres vorstellen, als in der Finanzmetropole Frankfurt als Großkanzlei-Spin-off 'yet another corporate law firm' zu eröffnen. Was heute so alltäglich erscheint, war aber vor zehn Jahren noch eine kleine Sensation. Sich dem Großkanzlei-Netz zu entziehen, dafür bedarf es grundsätzlich einer gehörigen Portion Mut und Risikofreude. Damals noch mehr als heute, denn aus der Reihe zu scheren und sein eigenes Ding zu machen, ist erst in den letzten Jahren zum Massenphänomen geworden.
Die Corporate-Boutique Greenfort hat die erste Dekade ohne Kratzer überstanden. Zu ihrem Start 2005 waren ihre Gründer gerade mal Mitte Dreißig. Sie haben sich in der Zeit, in der sich ihre Kollegen von Freshfields Bruckhaus Deringer und Hengeler Mueller dem Kampf um die Partnerschaft stellten, von ihren Kanzleien gelöst und sich kurzerhand selbst zu Partnern ernannt.
Als Symbol stellten sich Dr. Carsten Angersbach (47), Dr. Daniel Röder (43), Gunther Weiss (46) und Andreas von Oppen (45) jeder eine Messingglocke auf den Schreibtisch, um Mandatsabschlüsse für alle hörbar einzuläuten. Sie starteten damals zu viert, heute arbeiten bei Greenfort insgesamt 19 Rechtsanwälte. Die Gründungspartner sind alle noch an Bord. Die Glocke zwar auch, sie klingelt aber nur noch zu besonderen Anlässen.
Stabilität, wo andere Kanzleien zerfallen
Die personelle Stabilität unterscheidet Greenfort von anderen Kanzleiausgründungen, insbesondere von solchen mit denselben Wurzeln. Denn in den Jahren 2003 bis 2005 gab es diverse Freshfields-Spin-offs. Besonders in Hamburg war der Gründungswille groß. Dort gingen KAHB Kruhl Arends Hofert Bergemann, HRE Hilbrandt Rückert Ebbinghaus und Renzenbrink Raschke von Knobelsdorff Heiser an den Start. Die Greenfort-Gründer schwammen auf dieser Welle mit, sagten aber schon damals dem Branchendienst Juve: "Frankfurt ist ein anderer Markt als Hamburg." Sie sollten Recht behalten.
In den drei anderen Freshfields-Spin-offs haben Gründungspartner die Einheiten mittlerweile wieder verlassen - der Spin-off vom Spin-off. Die Greenfort-Partner entwickelten unterdessen ein einfaches, aber wirksames Mittel, um ihre Einheit zusammenzuhalten: Im Mittelpunkt steht der Mensch.
Was klingt wie aus einem Marketing-Grundkurs über Plattitüden in der Werbung, scheint bei Greenfort die Realität zu beschreiben. "Bei uns sind die Hierarchien besonders flach: Jeder duzt sich, vom Partner bis zur Putzfrau", sagt Gründungspartner Dr. Daniel Röder. "Wir stecken viel Zeit in unser Innenverhältnis. In einer so kleinen Einheit müssen alle gut miteinander auskommen."
Hierarchien sollen keine Rolle spielen
Zu diesem Zweck spann sich mit der Zeit ein dichtes Jour-Fixe-Netz: Jeder spricht mit jedem über alles. Die Partner untereinander, die Partner mit den Associates, die Büroleitung mit dem einen Partner, die Hausverwaltung mit dem anderen, die Assistentinnen sowieso mit allen und die Mentoren mit ihren Mentees.
Zusätzlich übernehmen alle Anwälte der Sozietät Verantwortung. Auch diejenigen, die neu hinzukommen. Da organisiert der eine Associate die Jubiläumsfahrt nach Mallorca mit Studioaufnahmen bei Costa Cordalis, andere betreuen die Neugestaltung der Webseite.
"Wir wollten eine Kultur schaffen, in der Hierarchien nach innen keine Rolle spielen, sondern der wertschätzende Umgang miteinander zentral ist - das wirkt sich auch nach außen gegenüber Mandanten aus", sagt Röder. Auch deshalb haben die Partner ihre Sozietät zu einer Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung gemacht. Denn so müsse nicht mehr auf der Homepage stehen, wer Partner sei und wer nicht.
Désirée Balthasar, Zehn Jahre Greenfort: . In: Legal Tribune Online, 05.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15751 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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