Die Klagen mehrerer Energieunternehmen gegen den wechselseitigen Erwerb einzelner Vermögenswerte durch E.ON und RWE bleiben ohne Erfolg. Das EuG wertet die Transaktionen nicht als "einzigen Zusammenschluss".
Die Genehmigung einer ab März 2018 in mehreren Etappen vollzogenen Transaktion zur Neuordnung von Geschäftsfeldern zwischen E.ON und RWE durch die EU-Kommission hat Bestand. Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat insgesamt elf Klagen entweder als unzulässig oder in der Sache abgewiesen (Az. T-312/20; T-321/20 und weitere).
Gegenstand der Fusionskontrolle war der Erwerb von Kraftwerken aus dem Portfolio von E.ON durch RWE sowie zu einem späteren Zeitpunkt die beabsichtigte Eingliederung von Geschäftsfeldern der RWE-Tochter Innogy in den E.ON-Konzern. Die in einem dritten Schritt erfolgte Beteiligung von RWE an E.ON wurde durch das Bundeskartellamt geprüft.
Keine offensichtlichen Beurteilungsfehler
Nach Ansicht des EuG sind der Kommission bei der Beurteilung und Genehmigung des Erwerbs von Vermögenswerten keine offensichtlichen Fehler unterlaufen. Die Behörde habe ausreichend geprüft, inwieweit die Marktposition von RWE in der Stromerzeugung durch die Fusion weiter anwachse.
Das Gericht betonte, dass der hier vorliegende Tausch von Vermögenswerten zwischen unabhängigen Unternehmen keinen "einzigen Zusammenschluss" darstelle. Es fehle eine funktionelle Verbindung zwischen den drei Zusammenschlüssen. Das EuG bestätigte damit die Vorgehensweise der Kommission im Rahmen ihrer Prüfung.
Die Kläger, darunter auch mehrere regional tätige Energieversorger, befürchteten eine Einschränkung des Wettbewerbs und wollten die Nichtigerklärung des Beschlusses der EU-Kommission (Beschl. v. 26.02.2019; Az. C(2019) 1711 final) erreichen. Mit der Entscheidung des EuG eröffnet sich die Option, den Europäischen Gerichtshof anzurufen.
Der Überraschungseffekt bleibt aus
Bei RWE war man im Vorfeld bereits von einem Erfolg ausgegangen: "Wir begrüßen, dass das Gericht der Europäischen Union die Klagen gegen die Freigabeentscheidung der Europäischen Kommission abgewiesen hat. Wir waren davon überzeugt, dass die Freigabe der EU-Kommission Bestand haben würde", so ein Unternehmenssprecher gegenüber LTO.
Der Ökostromanbieter Naturstrom, der zu den Klägern zählt, prüft, ob man Rechtsmittel einlegen wird. Vorstandsmitglied Dr. Kirsten Nölke zeigt sich in einer Stellungnahme ebenfalls wenig überrascht von dem Urteil: "Wenn man als Naturstrom gegen die Europäische Kommission und zusätzlich indirekt gegen die von der Bundesregierung unterstützten RWE und E.ON antritt, dann ist die Ausgangslage denkbar schwierig".
Ein E.ON-Sprecher äußerte auf LTO-Anfrage, dass man die Entscheidung des EuG begrüße. Das Urteil bestätige die Rechtmäßigkeit der fusionskontrollrechtlichen Freigabe der Europäischen Kommission.
Zu weiteren Klagen gegen die Freigabe der Übernahme des Endkunden- sowie des Netzgeschäftes von Innogy durch E.ON wird, ebenfalls vor dem EuG, verhandelt. Im April dieses Jahres hatte das Gericht zwei Termine zur mündlichen Verhandlung angesetzt.
Fusionskontrollrechtliche Freigabe war rechtmäßig: . In: Legal Tribune Online, 17.05.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51803 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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