Mit den Cum-Ex-Deals wurde der Fiskus um Milliarden geschädigt – nun könnten einige Fälle verjähren, weil es angeblich zu wenige Ermittler gibt. Das NRW-Justizministerium weist dies zurück: Eine erste Anklage liege im Entwurf vor.
Eine erste Anklage in den mehr als 50 Ermittlungsverfahren zu den mutmaßlich milliardenschweren Cum-Ex-Steuerdeals ist in Kürze zu erwarten. Die Anklage liege der Oberstaatsanwaltschaft Köln im Entwurf vor, sagte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) am Mittwoch im Rechtsausschuss des Landtags. Die Opposition hatte das Thema nach Medienberichten, wonach es zu wenige Ermittler gebe und Fälle daher zu verjähren drohen, auf die Tagesordnung gehoben.
Biesenbach wies Vorwürfe, dass die Verfahren zu langsam bearbeitet werden, weil es zu wenig Personal gebe, zurück. Die mit derzeit 51 Verfahren am stärksten betroffene Staatsanwaltschaft Köln habe ihre personelle Ausstattung als "auskömmlich" bezeichnet.
Derzeit seien in Köln sechs Mitarbeitende mit der Bearbeitung der sehr komplexen Verfahren betraut, sagte Biesenbach. Sollte mehr Personal gebraucht werden, dann werde Köln auch weitere Stellen bekommen. In den nächsten Jahren sei mit einem weiteren Anstieg der Ermittlungsverfahren zu Cum-Ex-Deals zu rechnen. Die weitaus meisten Verfahren seien in Köln erst seit 2017 anhängig. Nur fünf Verfahren seien älter.
Weitere drei Ermittlungsverfahren gebe es bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf sagte Biesenbach. Eine Verjährung trete nicht vor 2026 oder 2029 ein. Drei Mitarbeiter seien mit den Verfahren betraut. Auch in Düsseldorf sei die Personalausstattung ausreichend genannt worden.
Bei Cum-Ex-Geschäften schieben Investoren rund um den Dividendenstichtag Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch zwischen Beteiligten hin und her. Am Ende ist dem Fiskus nicht mehr klar, wem sie überhaupt gehörten. Die Folge: Finanzämter erstatten Kapitalertragsteuern mehrfach, obwohl die Steuer nur einmal gezahlt wurde. Der Schaden zulasten des Staates soll in die Milliarden gehen. 2012 wurde den Cum-Ex-Deals mit einer Gesetzesänderung der Riegel vorgeschoben.
Noch vielfach unklar: Zahl der Fälle, Zahl der Beschuldigten, Schadenshöhe
Aus den mehr als 50 Ermittlungsverfahren in NRW lässt sich laut Biesenbach nicht auf die tatsächliche Zahl der Fälle schließen. Diese ergebe sich genauso wie die Zahl der Beschuldigten und die tatsächliche Schadenshöhe erst im Verlauf der Ermittlungen.
Der Bund deutscher Kriminalbeamter (BdK) hatte an die Landesregierung appelliert, dringend Personal aus anderen Bereichen abzuziehen und auf das Thema anzusetzen. Mindestens 30 bis 40 hoch spezialisierte Steuerfahnder fehlten, um den Berg zu bewältigen.
Die NRW-Ermittler stehen nach Angaben des Ministers im Austausch mit Bundesbehörden und Staatsanwaltschaften in Frankfurt und München. Auch das Landeskriminalamt bearbeite Fälle. Ermittler würden in den banken- und wertpapierrechtlichen Besonderheiten laufend geschult. Es seien Maßnahmen ergriffen worden, um mögliche Verjährungen zu verhindern.
Nach Ansicht der SPD-Opposition geht die Landesregierung nicht entschieden genug gegen Steuerbetrug vor. So sei unter CDU und FDP noch keine einzige Steuer-CD angekauft worden, sagte der Abgeordnete Sven Wolf. Biesenbach sagte, Steuerbetrug sei ein Gebiet, das genauso bearbeitet werden müsse wie Clan- oder organisierte Kriminalität. "Die Null-Toleranz-Strategie gilt hier genauso wie in anderen Bereichen."
dpa/ah/LTO-Redaktion
Cum-Ex-Steuerdeals: . In: Legal Tribune Online, 28.03.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34629 (abgerufen am: 16.11.2024 )
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