Gemeinsam mit dem US-Partner Pfizer soll Biontech bei der Entwicklung des Covid19-Impfstoffes Comirnaty Patente des Wettbewerbers Curevac verletzt haben. Über mögliche Schadensersatzansprüche entscheidet das LG Düsseldorf.
Seit Dienstag wird vor der Patentkammer 4c des Landgerichts (LG) Düsseldorf unter dem Vorsitz von Richterin Sabine Klepsch in mehreren Rechtsstreitigkeiten über die Frage verhandelt, ob Biontech bei der Entwicklung und nachfolgend im Vertrieb des Impfstoffes Comirnaty geistiges Eigentum des Wettbewerbers Curevac verletzt hat (Az. 4c O 38/22; 4c O 46/22; 4c O 47/22; 4c O 48/22; 4c O 51/22). Curevac hatte entsprechende Klagen im vergangenen Jahr eingereicht und sich dabei zunächst auf vier Schutzrechte berufen. Im Mai 2023 kam ein weiteres Patent dazu.
Curevac strebt nach eigener Aussage kein Verkaufs- oder Vertriebsverbot von Comirnaty an - stattdessen hofft das Unternehmen auf die Zahlung einer "fairen" Entschädigung. Eine konkrete Summe wurde bislang nicht genannt. Im Rahmen einer Stufenklage verlangt Curevac von Biontech nach Angaben des LG zunächst einmal Auskunft, in welchem Umfang Biontech die geschützte Technologie bei der Impfstoffherstellung eingesetzt hat.
Biontech streitet nicht nur die behaupteten Schutzrechtsverletzungen ab, sondern geht gemeinsam mit dem Entwicklungs- und Vertriebspartner Pfizer ebenfalls rechtlich gegen Curevac vor. Eine im Juli 2022 von Pfizer/Biontech am Bundesbezirksgericht in Massachusetts eingereichte Klage zielt auf die Feststellung, dass Comirnaty drei spezifische Schutzrechte von Curevac nicht verletzt.
Prozesse in Deutschland und den USA
Dass sowohl in Deutschland als auch in den USA Prozesse geführt werden, ist darauf zurückzuführen, dass Comirnaty an verschiedenen Standorten hergestellt wurde. Während Curevac in den USA auf die Kanzlei Marshall, Gerstein & Borun setzt, lässt sich das Unternehmen im Düsseldorfer Prozess von Bird & Bird sowie von der Patentanwaltsgesellschaft Graf von Stosch vertreten.
Biontech, im Düsseldorfer Verfahren nach LTO-Informationen vertreten durch Hoyng ROKH Monegier sowie Zwicker Schnappauf & Partner, stellte sich bereits zum Zeitpunkt der Klageeinreichung durch Curevac auf den Standpunkt, dass keine Patente verletzt wurden. Die Entwicklung des Impfstoffes sei eigenständig erfolgt, teilte das Unternehmen damals mit.
Das LG Düsseldorf soll im Rahmen des Verfahrens unter anderem klären, ob Biontech bei der Entwicklung von Comirnaty gegen ein Curevac-Patent aus dem Jahr 2002 verstoßen hat, das eine grundlegende Technologie zur Stabilisierung von mRNA adressiert. Eine Entscheidung zu vier der insgesamt fünf geltend gemachten Schutzrechte hat das LG für Ende September 2023 in Aussicht gestellt.
Mit einer im September 2022 eingereichten Klage wollen wiederum Biontech/Pfizer die Nichtigkeit eines der streitgegenständlichen Patente (EP1857122B1) feststellen lassen. Da das Bundespatentgericht hierzu am 19. Dezember 2023 verhandelt, hat das LG Düsseldorf den Verkündungstermin in dieser Sache (Az. 4c O 38/22) auf den 28. Dezember 2023 gelegt.
Curevac setzt auf modifizierten Impfstoff
Curevac sieht sich als Pionier der mRNA-Technologie, die als Grundlage für die Entwicklung zahlreicher Covid19-Impfstoffe dient. Dem Tübinger Unternehmen ist es bislang aber nicht gelungen, einen eigenen Covid19-Impfstoff zur Marktreife zu bringen.
Anfang August vermeldete Curevac, dass ein in Kooperation mit dem britischen Pharmakonzern GSK entwickelter, modifizierter Impfstoffkandidat erstmals im Rahmen einer Phase-2-Studie an einen Probanden verabreicht wurde. Die Daten der Studie werde man voraussichtlich in der ersten Hälfte des Jahres 2024 auswerten.
Bird & Bird für Curevac SE:
Oliver Jan Jüngst (Partner, Federführung, IP Litigation, Düsseldorf)
Dr. Natalie Ackermann-Blome, (Associate, IP Litigation, Düsseldorf)
Verhandlungsauftakt in Düsseldorf: . In: Legal Tribune Online, 15.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52490 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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