Mehr als elf Jahre nach dem Zusammenbruch der Skandalbank Hypo Real Estate (HRE) ist für die auf Schadensersatz hoffenden Aktionäre kein Ende des Rechtsstreits in Sicht. Der BGH hat das KapMuG-Verfahren an das OLG München zurückverwiesen.
Für die Aktionäre der Hypo Real Estate (HRE) ist auch viele Jahre nach der Verstaatlichung der Bank noch immer kein Happy End in Sicht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit am Freitag zugestelltem Beschluss eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) München im Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) gegen die Bank teilweise aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das OLG zurückverwiesen (Beschl. v. 17.12.2020, Az. II ZB 31/14). Nach Auffassung des BGH sind den Münchner Richtern in ihrem Urteil von 2014 Fehler unterlaufen.
Die HRE-Krise war der größte Schadensfall der internationalen Finanzkrise 2008/09 in Deutschland, der Schaden für die Staatskasse belief sich Ende 2019 auf geschätzt 15 Milliarden Euro. In dem Prozess geht es um die Frage, ob die Hypo Real Estate ihre Aktionäre in mehreren Mitteilungen 2007 und 2008 über ihre finanziell schlechte Lage täuschte. Das OLG hatte das in dem Musterprozess bejaht (Beschl. vom 15.12.2014, Az. KAP 3/10), darauf gründen sich die Hoffnungen der klagenden Aktionäre auf Schadensersatz.
Hätte HRE eine Ad-hoc-Meldung veröffentlichen müssen?
Der BGH bewertet die damaligen Mitteilungen der HRE jedoch in Teilen anders als das OLG München. Konkret geht es dabei vor allem um eine Pressemitteilung vom 7. November 2007. Das OLG hatte sie für unwahr und unrichtig erklärt und war außerdem der Ansicht, dass die HRE spätestens am 15. November 2007 verpflichtet gewesen wäre, mit einer Ad-hoc-Meldung über die sich abzeichnenden Verluste mit US-Wertpapieren zu informieren. Diese Feststellung hat der BGH beanstandet und die Entscheidung insoweit aufgehoben. Darüber muss in München nun zum zweiten Mal verhandelt werden.
Der BGH folgte zwar der Feststellung des OLG, dass eine Pressemitteilung der Bank vom 3. August 2007 unwahre und unvollständige Angaben enthielt. Allerdings beanstandeten die Richter die daran anknüpfende Feststellung, die HRE sei deshalb verpflichtet gewesen, die in der Pressemitteilung enthaltenen Aussagen durch eine Ad-Hoc-Meldung zu korrigieren. "Eine unwahre öffentliche Verlautbarung in einer Pressemitteilung begründet eine Ad-Hoc-Mitteilungspflicht hinsichtlich der Unrichtigkeit der Angaben erst, wenn sie zu einer mitteilungspflichtigen Insiderinformation führt, nicht schon, weil sie unzutreffend ist", so der BGH.
Kläger fordern insgesamt 1,5 Milliarden Euro
Die Auffassung des OLG, dass das HRE-Management seine Pflichten verletzt und die Aktionäre falsch informiert habe, untermauerte die Schadensersatzansprüche der Aktionäre. Sollten sich die Aktionäre am Ende durchsetzen, müsste der Bund zahlen, der die Bank 2009 verstaatlicht hat. Nach Angaben der Kanzlei Tilp, die den Kläger in dem Musterverfahren vertritt, geht es um Klageforderungen von insgesamt über 1,5 Milliarden Euro. Der Musterkläger klage aus abgetretenem Recht von über 100 weltweit ansässigen institutionellen Investoren, doch auch eine Vielzahl privater Anleger fordere Schadensersatz.
Die HRE existiert mittlerweile nur noch als eine Art staatliche "Geisterbank", die keinerlei Bankgeschäft mehr ausübt, sondern Prozesse führt - sowohl als Klägerin gegen ehemalige Manager als auch als Beklagte. Das Geschäft der HRE wurde von der Bundesregierung zweigeteilt: Die faulen Papiere wurden in eine staatliche "Bad Bank" ausgegliedert. Den gesunden Teil der Geschäfte führt die börsennotierte Deutsche Pfandbriefbank (pbb) fort.
dpa/ah/LTO-Redaktion
OLG München muss neu verhandeln: . In: Legal Tribune Online, 05.02.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44204 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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