Nach Auffassung des Insolvenzverwalters Arndt Geiwitz wäre die Drogeriemarktkette Schlecker mit einem anderem Konzept und weniger Filialen möglicherweise sanierbar gewesen. Dies sagte er am Montag vor dem LG Stuttgart aus.
Seit März dieses Jahres wird die Insolvenz der Drogeriemarktkette Schlecker vor dem Landgericht (LG) Stuttgart aufgearbeitet (Az.: 11 KLs 152 Js 53670/12). Am Montag zeichnete der Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz von der Kanzlei SGP Schneider Geiwitz am inzwischen 16. Verhandlungstag detailliert die Abwärtsspirale nach, die der Unternehmensgründer und Eigentümer Anton Schlecker irgendwann nicht mehr stoppen konnte.
Anfang 2012 musste Schlecker Insolvenz anmelden, aber nach Ansicht der Staatsanwaltschaft drohte der Drogeriemarktkette spätestens Ende 2009 die Zahlungsunfähigkeit. Die Anklage wirft Schlecker deshalb vorsätzlichen Bankrott vor. Außerdem soll er Geld aus dem Unternehmen gezogen und an seine Kinder Lars und Meike verschoben haben, die wegen Beihilfe angeklagt sind. Schlecker weist die Vorwürfe zurück und beteuert, bis zuletzt an eine mögliche Rettung geglaubt zu haben.
Konkret geht Geiwitz auf den Vorwurf des vorsätzlichen Bankrotts in seinen Aussagen nicht ein, stattdessen gibt er einen umfassenden Einblick in das, was er bei seinem Antritt vorgefunden hat. Er spricht von einem "sehr unüblichen Großinsolvenzverfahren", allein schon deshalb, weil Schlecker die große Drogeriemarktkette als Einzelkaufmann geführt hat.
Preisvorteile durch extreme Größenvorteile
"Die Philosophie von Anton Schlecker war immer, durch extreme Größenvorteile Preisvorteile zu erreichen", sagt Geiwitz. "Dieser Blickwinkel war sicherlich zu einkaufsorientiert und zu wenig kundenorientiert." Schlecker verlor massiv Kunden vor allem an die direkten Konkurrenten dm und Rossmann, die - so stellt es Geiwitz dar - gezielt die profitablen Schlecker-Standorte mit eigenen Filialen in unmittelbarer Nähe angriffen.
Als Reaktion macht Schlecker noch mehr Läden auf, um die Einkaufspreise noch weiter drücken zu können, doch diese Strategie schlägt fehl. Gut 3.000 Filialen werden geschlossen, kosten aber weiter Geld, auch weil unattraktive Lagen eine Untervermietung erschweren. Preise werden erhöht, um sinkende Umsätze auszugleichen, noch mehr Kunden bleiben weg. Für den von Schlecker selbst erdachten Zukunftsplan "Fit for Future" reicht das Geld nicht. Mit einem Minus von mehr als 200 Millionen Euro im Jahr 2011 geht das Unternehmen Anfang 2012 in die Insolvenz.
Kein Investor für Sanierungskonzept
Ausländische Teile werden danach verkauft, in Deutschland glaubt Geiwitz an eine Sanierung mit einem anderen Konzept und deutlich weniger Filialen, sofern das Geld dafür aufzutreiben ist. Eher ein Mini-Supermarkt wie an der Tankstelle soll Schlecker sein, nicht mehr reine Drogerie. "Wir hatten am Ende des Tages auch einen Käufer für dieses Konzept", berichtet Geiwitz. Letztlich springt aber auch der ab und Schlecker ist am Ende.
Mehr als eine Milliarde Euro an Forderungen haben die Gläubiger insgesamt angemeldet. Was am Ende für sie herausspringt, und was der Prozess dazu beiträgt, ist unklar. Geiwitz will über Schadenersatzklagen bei Lieferanten im besten Fall 300 Millionen Euro eintreiben, die dann in die Insolvenzmasse fließen. Aus ihr werden auch die ehemaligen Schlecker-Mitarbeiter bedient.
dpa/ah/LTO-Redaktion
Schlecker-Insolvenz: . In: Legal Tribune Online, 17.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23482 (abgerufen am: 13.11.2024 )
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