Vier Wochen bevor der entscheidende Prozess um die Vorherrschaft beim größten deutschen Fleischkonzern Tönnies beginnt, tauscht einer der Kontrahenten seine Anwälte aus. Clemens Tönnies, auch als Aufsichtsratsvorsitzender beim Fußballbundesligisten Schalke 04 bekannt, hat Hengeler Mueller das Mandat entzogen und stattdessen Noerr beauftragt.
Nach von Tönnies bestätigten Informationen der WirtschaftsWoche übernimmt der Münchner Noerr-Partner Dr. Tobias Bürgers den Fall. Zuvor waren die Hengeler-Juristen Dr. Matthias Blaum und Prof. Dr. Michael Hoffmann-Becking mandatiert.
Clemens Tönnies hatte mit Hengeler Ende Mai einen Prozess verloren, in dem es um sein doppeltes Stimmrecht ging. Dies sichert ihm die Vorherrschaft im Unternehmen, obwohl er - wie auch sein Neffe Robert Tönnies – nur 50 Prozent der Anteile hält.
Sein doppeltes Stimmrecht stützte Clemens Tönnies laut WirtschaftWoche im Wesentlichen auf einen Vertrag vom 24. Dezember 2002, den damals der Notar Horst-Dieter Swienty aus Rheda-Wiedenbrück beurkundet hatte. Dieser Vertrag bezog sich jedoch nur auf eine Konzerntochter, nicht aber auf die Tönnies-Holding.
Notar hatte sich geirrt
Swienty, der vor Gericht als Zeuge geladen war, hatte dort von einem Fehler gesprochen. Er habe das doppelte Stimmrecht fälschlicherweise bei der Tochter eingefügt, aber allen Beteiligten sei klar gewesen, dass die Holding gemeint war, sagte der Notar im Prozess aus. Den Vorsitzenden Richter am Landgericht (LG) Bielefeld überzeugt das jedoch nicht, und er kippte das doppelte Stimmrecht. Der Fall liegt nun beim Oberlandesgericht (OLG) Hamm.
Am LG Bielefeld läuft derweil ein brisanteres Verfahren, mit dem Robert Tönnies sich die Mehrheit bei Tönnies zurückholen will. Er und sein Bruder Clemens junior hatten ihrem Onkel 2008 je fünf Prozent der Anteile an der Firma geschenkt. Wegen groben Undanks will Robert erreichen, dass die Schenkung rückgängig gemacht wird. Der Auftakt des Prozesses war für den 10. November 2014 vorgesehen. Verliert Clemens Tönnies auch diesen Prozess, wird er zum Minderheitsgesellschafter und muss die Macht im Konzern abgeben.
Robert Tönnies hatte sich im Familienstreit laut WirtschaftsWoche zunächst von Bertram Schacker aus dem Bielefelder Büro der Kanzlei Streibörger Speckmann beraten lassen, war dann aber 2011 zu der Stuttgarter Kanzlei Binz & Partner gewechselt. Die Kanzlei ist bekannt für die Vertretung von Familiengesellschaftern in Auseinandersetzungen, sie war etwa auch im Streit zwischen den Riegel-Brüdern bzw. deren Nachkommen um die Ausrichtung des Süßwarenkonzerns Haribo tätig.
Noerr
Dr. Tobias Bürgers, Gesellschaftsrecht, Partner, München
Hengeler Mueller
Prof. Dr. Michael Hoffmann-Becking, Gesellschaftsrecht, Partner, Düsseldorf
Dr. Matthias Blaum, Gesellschaftsrecht, Partner, Düsseldorf
Noerr statt Hengeler : . In: Legal Tribune Online, 10.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13456 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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