Die Länder sollen 2.000 Justiz-Stellen schaffen – erst dann gibt es Geld vom Bund. Und 220 Mio. Euro müssen reichen, das ergibt sich aus der aktuellen Beschlussvorlage. Die Landesjustizminister ahnen nichts Gutes.
Der Bund wird den Ländern bei der Finanzierung des Pakts für den Rechtsstaat erstmal nicht weiter entgegenkommen. Das ergibt sich aus einem Beschlussvorschlag, der LTO vorliegt. Am 31. Januar soll die Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Länder eine endgültige Entscheidung treffen. Die Länder sollen insgesamt 220 Mio. Euro erhalten, so sieht es die aktuelle Version vor. Allerdings halten die Länder ausdrücklich daran fest, "dass die Summe der Beschlussfassung vorzubehalten ist". Es besteht also noch eine letzte Hoffnung, dass sich für sie noch etwas bewegen könnte. An der Summe hat sich seit dem Angebot vom Bund im Dezember 2018 nichts mehr geändert.
Neue Details enthält der Beschluss aber zur konkreten Auszahlung – die ist nämlich an Bedingungen geknüpft. Das Geld soll in zwei Tranchen zu je 110 Mio. Euro fließen. Die erste soll erst kommen, wenn die Länder in ihrer Gesamtheit die ersten 1.000 der vereinbarten 2.000 Stellen geschaffen sowie einen Bericht darüber vorgelegt haben.
Und auch für die zweite Tranche sollen die Länder in Vorleistung gehen. Erst wenn sie mit einem zweiten Bericht dokumentieren können, dass sie bis zum 31. Dezember 2021 dann insgesamt 2.000 Stellen für Richter und Staatsanwälte geschaffen und besetzt haben, gibt es die zweite Hälfte des Geldes.
Geld soll über Verteilung der Umsatzsteuer fließen
Der Beschluss enthält auch Genaueres dazu, wie die Finanzierung vom Bund an die Länder verfassungsrechtlich sauber möglich werden soll: Der Weg für den Geldfluss soll durch "Festbeträge im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung" frei gemacht werden. Dabei handelt es sich um einen Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, dessen Verteilung vor allem in § 1 des Finanzausgleichsgesetz (FAG) geregelt ist.
Keine Änderungen gibt es bei den konkreten Zahlen zur Personalausstattung von Justiz und Polizei. Der Bund beabsichtigt, im Zeitraum 2018/2019 die Anzahl der Stellen beim Generalbundesanwalt um 71 (30,4 Prozent) zu erhöhen. Er schafft darüber hinaus beim Bundesgerichtshof (BGH) 24 neue Stellen für einen Zivilsenat in Karlsruhe und einen Strafsenat in Leipzig. Außerdem jeweils eine Planstelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim BGH, beim Bundesfinanzhof und Bundesverwaltungsgericht.
Für Polizeiaufgaben würden Bund und Länder in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen je 7.500 neue Stellen in den Jahren bis 2021 in ihren Haushalten ausbringen.
Die Landesjustizminister hatten bei ihrer Sitzung im November einhellig ihre Unzufriedenheit mit den Plänen von Bundesministerin Barley zum Ausdruck gebracht und sogar eine Sonder-JuMiKo erwogen. Mittlerweile liegt der Pakt für den Rechtsstaat in den Händen der Ministerpräsidenten – und nicht länger bei den Landesjustizministern. Das macht die Sache politisch noch komplizierter.
Justizminister: "Keine Stärkung des Rechtsstaats"
"Die Länder sind gut beraten, sich beim Pakt für den Rechtsstaat nicht vom Bund über den Tisch ziehen zu lassen", warnt der Hamburger Justizsenator Till Steffen (Grüne). Er kritisiert den aktuellen Vorschlag als "Mogelpackung". Weiter sagte er gegenüber LTO: "Der Bund will sich die Leistungen der Länder mit einem Verrechnungsmodell auf das eigene Konto gutschreiben und sich als Gegenleistung mit ein paar Peanuts aus seinem Versprechen freikaufen." Neue Stellen würden damit nicht geschaffen und der Rechtsstaat nicht gestärkt, so Steffen. "Der Bund lässt die Länder im Stich und die müssen zusehen, wie sie die Mittel für die weitere notwendige Stärkung des Rechtsstaats alleine finanzieren können."
Der thüringische Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) zeigte sich gegenüber LTO enttäuscht und zugleich erleichtert. Er habe während der Diskussionen um die Finanzierung befürchtet, dass der Pakt für den Rechtsstaat in der Versenkung verschwinden könnte. "Das wäre falsch, der Rechtsstaat kann die zusätzlichen Richterstellen gut gebrauchen", sagte Lauinger. Über die finanzielle Beteiligung des Bundes an diesem Vorhaben sei er "auch im Namen der Landesregierung" unglücklich.
Aus seiner Sicht wird der Pakt für den Rechtsstaat am 31. Januar bei der Besprechung der Kanzlerin mit den Länderchefs aber in einem größeren Zusammenhang verhandelt. Daneben wird etwa auch der Digitalpakt und damit eine streitige Grundgesetzänderung auf der Tagesordnung stehen. "Es geht um die Frage: Wie sollen für die Länder neu definierte Aufgaben zwischen Bund und Ländern in der Zukunft finanziert werden", sagte Lauinger gegenüber LTO. Möglicherweise könnte es dann sogar ein Gesamtpaket geben, bei dem der Rechtsstaatspakt nur einer von mehreren Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern ist. Konkret für die Finanzierung des Paktes für den Rechtsstaat erwartet Lauinger, dass der Bund sein Angebot nochmal aufstockt.
Vorschlag für Pakt für den Rechtsstaat: . In: Legal Tribune Online, 23.01.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33423 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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