Obwohl im Fall der bundesweit versandten Drohmails an Justizstellen der mutmaßliche Einzeltäter bereits in U-Haft sitzt, ist ein neues Schreiben eingegangen. Wer dahinter steckt, ist noch unklar, aber die Justiz nimmt den Fall offenbar ernst.
Die Serie von Drohbriefen, die bei Justizstellen bundesweit eingegangen sind, sollte eigentlich beendet sein. Doch nach der Verhaftung eines Tatverdächtigen ist nun offenbar ein weiteres Schreiben aufgetaucht, das die Berliner Generalstaatsanwältin Margarete Koppers bedroht. Dies berichtete der Berliner Sender RBB bereits am Montag. Die E-Mail liege dem ARD-Magazin Kontraste vor, hieß es. Die Berliner Justiz zeigte sich zunächst wenig auskunftsfreudig. Weder wollte am Montagabend eine Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft der Deutschen Presse-Agentur die Existenz des Schreibens bestätigen noch tat dies am Dienstagmorgen die Generalstaatsanwaltschaft (GStA) auf Anfrage von LTO.
Seit Samstag sitzt ein Verdächtiger aus Schleswig-Holstein in U-Haft, der für mehrere Drohschreiben an Gerichte und andere Einrichtungen in Hamburg, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Brandenburg verantwortlich sein könnte. Kriminalpolizisten aus Berlin und Schleswig-Holstein hatten am vergangenen Donnerstag die Wohnung des Verdächtigen in Schleswig-Holstein durchsucht und Beweismittel sichergestellt.
Seit April 2018 werden in den unter anderem mit "Nationalsozialistische Offensive" unterzeichneten E-Mails Anschläge auf Gerichte angekündigt. Gedroht wurde mit Bomben, aber auch mit Exekutionen auf offener Straße. Auch die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz erhielt im Januar mehrere Drohbriefe mit ähnlichen Verweisen.
"Staatsstreichorchester" fordert 100 Millionen Euro
"Sie möchten sicher nicht, dass eines Tages Frau Generalstaatsanwältin Margarete Koppers etwas zustößt, oder?", zitierte der RBB aus der Mail. Eine angebliche Gruppe "Staatsstreichorchester" fordere darin 100 Millionen Euro in der Kryptowährung "Monero". Anderenfalls werde eine neue Terrorgruppe entstehen. "Wir werden alles daran setzen, dass es bald wieder Pogrome in diesem Land gibt und dass sich kein Jude, Moslem (...) oder auch linke Journalisten und Politiker sicher fühlen", heiße es in dem Schreiben.
Laut Tagesspiegel bestätigte ein Justizsprecher im Laufe des Dienstags die Existenz des Schreibens dann aber doch. "Uns ist der Fall bekannt. Es wird ermittelt", zitiert die Zeitung den Justizsprecher. Auch die Antisemitismusbeauftragte der Generalstaatsanwaltschaft, Oberstaatsanwältin Claudia Vanoni, soll laut dem Bericht eine Drohmail erhalten haben, ebenso wie Organisationen, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzen.
Die Mail soll am Sonntagabend verschickt worden sein, also nachdem der Tatverdächtige bereits in U-Haft gesessen habe, wie der RBB berichtet. Am Samstag hatte eine Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft noch gesagt: "Nach dem bisherigen Stand hat er offenbar alleine gehandelt". Die Ermittlungen hätten keine Anhaltspunkte ergeben, dass der Verdächtige Komplizen hat. Ob diese Annahme weiter aufrecht erhalten wird, war bis zur Veröffentlichung dieses Artikels nicht zu erfahren. Laut der taz, der das nun eingegangene Schreiben nach eigenen Angaben ebenfalls vorliegt, soll der Verfasser weitere Drohschreiben aus März angehängt haben, was ihn als bloßen Nachahmer disqualifiziere. Ein in der Mail ebenfalls angesprochener Kölner Rechtsanwalt sagte dem Magazin Kontraste, er gehe von einem Netzwerk hinter den mehr als 200 bekannten Drohmails aus.
mam/LTO-Redaktion/dpa
Drohmail an Berliner Generalstaatsanwältin: . In: Legal Tribune Online, 09.04.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34831 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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