Für die Verfolgung von Kriegsverbrechern und extremistischen Rückkehrern aus der Ukraine sollen bei der Bundesanwaltschaft neue Stellen geschaffen werden. Der Bundestagsausschuss hat den Plan der Ampel-Koalition finalisiert.
Der Haushaltsausschuss im Bundestag hat grünes Licht für eine Verstärkung der Bundesanwaltschaft bei der Strafverfolgung von schweren Verbrechen im Zusammenhang mit der Ukraine gegeben. Die Strafverfolgungsbehörde in Karlsruhe soll zwei neue Referate, mit jeweils gut einer Handvoll Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sowie Mitarbeitenden einrichten können.
Ein Referat wird sich um Kriegsverbrechen im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine kümmern, dazu wird bei der Bundesanwaltschaft bereits ein sogenanntes Strukturermittlungsverfahren geführt. Dabei geht es zunächst darum, ohne konkrete Beschuldigte möglichst breit Beweise zusammen zu tragen. Diese Informationen sollen später dazu dienen, Einzelne strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
Das andere neue Referat soll zur Ausreise von (Rechts-)Extremisten in die Ukraine ermitteln, sowie zur Rückkehr von Kämpfern nach Deutschland. Außerdem soll es Ermittlungen zu Straftaten gegen die russischstämmige Bevölkerung in Deutschland führen. Bislang befassen sich zwei Referate mit Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch.
"Die Kriegsverbrechen der russischen Truppen müssen aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Deshalb erhöht die Ampel-Koalition die Ermittlungskapazitäten des Generalbundesanwalts", sagt Grünen-Abgeordnete Bruno Hönel, Mitglied des Haushaltsausschusses und Berichterstatter seiner Fraktion für das Bundesjustizministerium (BMJ). Ende Mai wird der Bundestag über den Haushalt entscheiden, und damit dann auch endgültig über die Mittel für das BMJ und den Generalbundesanwalt.
Welche Verbrechen in der Ukraine können in Deutschland verfolgt werden?
Deutsche, die offiziell der ukrainischen Armee beitreten, machten sich im Krieg nur strafbar, wenn sie gegen das Völkerrecht verstoßen, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme des Innen-, Justiz- und Außenministeriums Anfang März gegenüber dem ZDF. Zusammenfassend gilt, wer sich tatsächlich den ukrainischen Streitkräften anschließt und in die Befehlsgewalt einordnet, macht sich nach deutschem Recht nicht strafbar. Wer hingegen auf eigene Faust kämpft oder ein nichtstaatliches Bataillon gründet oder sich einem solchen anschließt, kann sich wegen Bildung oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung strafbar machen. Denn in diesem Fall sind Tötungshandlungen nicht durch das Kriegsrecht gerechtfertigt und damit als Mord oder Totschlag zu bewerten, wenn keine Notwehrsituation vorliegt.
Ob ausländische, insbesondere russische, mutmaßliche Kriegsverbrecher in den Zugriffsbereich der deutschen Strafverfolgung gelangen, wird sich zeigen. Aus Ermittlerkreisen heißt es, man werde viel Geduld brauchen, trotzdem bleibe das Ziel, am Ende Kriegsverbrecher aus dem Ukraine-Krieg vor ein Gericht zu bringen. Eine lange Liste mit Namen russischer Kommandeure in der Ukraine haben die Ex-Minister Gerhart Baum und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger an die Bundesanwaltschaft geschickt. Sie werfen Militärs Kriegsverbrechen in der Ukraine vor.
Das Weltrechtsprinzip, welches in Deutschland zuletzt immer wieder in Verfahren gegen Verantwortliche im syrischen Bürgerkrieg zur Anwendung kam, ermöglicht solche Ermittlungen. Es erlaubt der Bundesanwaltschaft, auch Völkerstrafrechtstaten zu verfolgen, die im Ausland begangen wurden und gar keinen Bezug zu Deutschland aufweisen.
Wie arbeiten die deutschen Staatsanwälte und Ermittler?
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat nun ein Ermittlerteam mit rund 42 Expertinnen und Experten in die Ukraine geschickt – dabei sind vor allem Niederländer; französische Ermittler sind bereits vor Ort. Deutsche sind nicht dabei auf der Mission. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hat das Bundeskriminalamt, das auch im Auftrag der Bundesanwaltschaft tätig wird, Material und Geräte entsandt und will auch mit Schulungen, etwa zur Opferidentifizierung, unterstützen.
Deutsche Ermittlerinnen und Ermittler befragen Geflüchtete aus der Ukraine und werten öffentlich verfügbare Hinweise, Fotos, Videos und Berichte aus der Ukraine aus, sowie Informationen der Geheimdienste und NGOs. Die Bundesanwaltschaft setzt auf die Kooperation mit anderen westlichen Staaten und dem IStGH in Den Haag.
Die EU-Behörde Eurojust soll als Koordinationsstelle eingebunden werden. Bei zwei internationalen Abstimmungsrunden waren auch deutsche Vertreter dabei. Geklärt werden soll, wer sich auf welche Ereignisse, Straftaten und Regionen konzentriert. Unter den europäischen Strafverfolgungsbehörden ist dazu eine große Koordinierungsbewegung in Gange.
Zwei neue Referate zu "Ukraine-Krieg": . In: Legal Tribune Online, 20.05.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48512 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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