Die venezolanische Richterin Maria Lourdes Afiuni hat den Menschenrechtspreis des Deutschen Richterbundes erhalten. Sie berichtet von harten Repressionen für Richterinnen und Richter, die das Recht anwenden.
Der Deutsche Richterbund (DRB) hat die venezolanische Richterin Maria Lourdes Afiuni mit dem Menschenrechtspreis ausgezeichnet. Afiuni sei "eine Ikone für uns Juristinnen und Juristen in der Justiz", sagte die Präsidentin des Bundesgerichtshofs (BGH) Bettina Limperg, die auf dem Richter- und Staatsanwaltstag (RiStA) in Weimar die Laudatio hielt. Es ringe ihr großen Respekt ab, wenn sich Menschen wie Afiuni für ihre Freiheitsrechte einsetzten, obwohl sie hart dafür bestraft werden. Der Preis zeige auch denjenigen, die in freiheitlichen Staaten leben dürfen, wie wertvoll diese Freiheit sei.
Afiuni konnte den Preis nicht persönlich entgegennehmen, da sie das Land nicht verlassen darf. Nach Angaben des DRB wurde sie 2009 von der politischen Polizei festgenommen, weil sie einen Unternehmer aus der Untersuchungshaft entlassen hatte, der mehr als zwei Jahre ohne Gerichtsverfahren festgehalten worden war. Afiuni sagte in einer Videoansprache auf dem Richter- und Staatsanwaltstag, nur dreißig Minuten nach der Entscheidung, die sie im Einklang mit venezolanischem Recht gefällt habe, sei sie festgenommen worden. Man habe an ihr ein Exempel statuieren wollen, um in der Justiz ein Klima der Angst zu verbreiten.
Menschenrechtspreisträgerin: Furcht in der Justiz
Der damalige Staatspräsident Venezuelas Hugo Chávez beschimpfte Afiuni in Ansprachen im Fernsehen und Radio und forderte eine Haftstrafe von 30 Jahren. Afiuni kam in ein Frauengefängnis, sie berichtet von Misshandlungen. Im Februar 2011 wurde sie, an Krebs erkrankt, für eine Behandlung in ein Krankenhaus verlegt, anschließend unter Hausarrest gestellt und Mitte 2013 unter Auflagen entlassen. Im März 2019 wurde Afiuni schließlich zu fünf Jahren Haft verurteilt. Bis heute darf sie nicht in ihrem Beruf arbeiten und kein Bankkonto führen.
Heute herrsche "eine tiefe Furcht unter den Beschäftigten der Justiz", so Afiuni. "Die Gefängnisse sind voll mit politischen Gefangenen." Es gebe aber weiterhin Menschen, die versuchten, Freiheitsrechte zu bewahren. Den Preis verstehe sie als Auszeichnung für alle, die in Venezuela versuchten, Gerechtigkeit und eine unabhängige Justiz zu wahren.
Der Menschenrechtspreis des DRB wird seit 1991 vergeben. Der Verband zeichnet damit herausragende Persönlichkeiten aus der Justiz oder der Anwaltschaft aus, die sich in besonderer Weise für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in aller Welt einsetzen. Traditionell empfängt auch der Bundespräsident die Preisträger des DRB. Die diesjährige Auszeichnung fand am Mittwoch im Rahmen des 23. RiStA statt, der noch bis Freitag in Weimar tagt.
aka/LTO-Redaktion
Laudation von BGH-Präsidentin Limperg auf dem RiStA-Tag: . In: Legal Tribune Online, 29.03.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51437 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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