Die Stimmung bei den Justizministerien der Länder und des Bundes war nicht gut, wenn es um die Digitalisierung der Justiz geht: Wer soll was bezahlen? Nun aber will man in eine Phase der "besseren Zusammenarbeit" eintreten.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und seine Amtskolleginnen und -kollegen in den Ländern wollen ihre Meinungsverschiedenheiten überwinden und gemeinsam die Digitalisierung der Justiz vorantreiben. Das sei "eine Mammutaufgabe, die man nicht unterschätzen darf", sagte Buschmann am Donnerstag nach einem Treffen in Berlin. Gleichwohl sei es Bürgerinnen und Bürgern, die per Video-Anruf ein Bankkonto eröffnen und mit wenigen Klicks Streaming-Dienste abonnierten, nicht vermittelbar, wenn es auf diesem Gebiet keine ausreichenden Fortschritte gebe.
Nachdem das Verhältnis zwischen den Justizressorts der Länder und dem Bundesjustizministerium im vergangenen Jahr sehr angespannt gewesen sei, trete man nun in eine neue Phase der "besseren Zusammenarbeit" ein, sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Es sei vereinbart worden, "dass wir an einer gemeinsamen Strategie und Priorisierung arbeiten". Man habe sich - vorbehaltlich der Zustimmung des Haushaltsausschusses des Bundestags - auch bereits auf konkrete Vorhaben geeinigt, hieß es. Dazu gehört laut Buschmann auch eine Machbarkeitsstudie für eine Bundes-Justiz-Cloud.
Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) sprach von einem "Aufeinanderzugehen". Der Austausch über Fragen der Digitalisierung werde nun verstetigt und an die Justizministerkonferenz angebunden.
Priorisierung von Themen und Handlungsfeldern
In einer gemeinsamen Erklärung zum Abschluss des Treffens hieß es: "Die verfügbaren Mittel der Digitalisierungsinitiative sollen nun zügig eingesetzt werden." Es sei geplant, dass diese schwerpunktmäßig für den Beitritt des Bundes zu den großen Entwicklungsprojekten der Länder wie der Modernisierung des Grundbuchverfahrens, der Entwicklung eines bundesweiten Registerfachverfahrens und des bundeseinheitlichen gemeinsamen Fachverfahrens verwenden werden sollen.
Buschmann hat den Ländern für die kommenden Jahre bis zu 200 Millionen Euro für Projekte zur Digitalisierung ihrer Justizbehörden in Aussicht gestellt. Weitere Mittel - etwa für zusätzliche Stellen - sind nicht Teil des Angebots. Der von Buschmann angebotene Betrag sei aus Sicht der Länder nur eine "Anzahlung", betonte Eisenreich.
Bund und Länder haben auch die Priorisierung der Themen erörtert und wollen nun prüfen, welche Projekte vorrangig angegangen werden könnten. Denkbar wären Projekte zur Digitalen Infrastruktur zur Verbesserung des digitalen Daten- und Informationsaustausches, wie zum Beispiel die Weiterentwicklung der elektronischen Akte. Oder auch Projekte zur Digitalisierung von Arbeitsprozessen und zur Vermeidung von Medienbrüchen innerhalb der Justiz und bei der Verbesserung des Zugangs zum Recht.
Richterbund: Konflikt um Finanzierung von Rechtsstaatpakt weiter ungelöst
"Es ist erfreulich, dass Bund und Länder nach dem Streit der vergangenen Monate aufeinander zugehen und die Digitalisierung der Justiz gemeinsam vorantreiben wollen", sagte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds, Sven Rebehn. Das könne aber nur ein erster Schritt sein, dem weitere folgen müssten. Bund und Länder hätten zwar nun einen groben Fahrplan und erste sinnvolle Investitionen vereinbart. Der Konflikt um die Finanzierung eines größer angelegten Bund-Länder-Rechtsstaatspakts sei aber nach wie vor ungelöst.
Der Gipfel habe zwar einen erfolgreichen Abschluss gefunden, jetzt müsse es aber darum gehen, die Vereinbarungen mit Leben zu füllen, sagte Hessens Justizminister Roman Poseck (CDU). Klar sei auch, "dass die Ergebnisse des heutigen Digitalgipfels nicht den im Koalitionsvertrag der Ampel vorgesehenen Pakt für den Rechtsstaat ersetzen können". Diese Erwartung hätten alle 16 Länder auch deutlich gegenüber Buschmann formuliert.
Keine finanzielle Unterstützung des Bundes ist für die Einführung der elektronischen Akte vorgesehen. Die muss, so sieht es ein Gesetz von 2017 vor, bis zum 1. Januar 2026 flächendeckend umgesetzt sein.
Kritik von Staatsanwältinnen und Richtern hatte Buschmann zuletzt wegen seiner Pläne für Videoaufzeichnungen von Hauptverhandlungen im Strafprozess einstecken müssen. Neben den Auswirkungen auf Zeuginnen und Zeugen hatte dieses von vielen Anwältinnen und Anwälten begrüßte Projekt auch Fragen nach der Finanzierung der technischen Ausstattung aufgeworfen.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Digitalgipfel zur Justizausstattung: . In: Legal Tribune Online, 30.03.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51453 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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