Wer ein Mandat innerhalb der Kanzlei abgibt, kann trotzdem für Versäumnisse eines anderen Partners mit haften, sagt der BGH. Den Ansprüchen von Mandanten könne man sich nicht einfach so entziehen.
Bearbeitet ein Kanzleipartner zunächst ein Mandat und gibt dieses später an einen Kollegen ab, so befreit ihn das nicht von der Haftung für danach gemachte Fehler in der Prozessführung. Dies geht aus einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) hervor (Urt. v. 12.09.2019, Az. IX ZR 190/18).
Hintergrund war ein Rechtsstreit um anwaltliche Fehler in einer baurechtlichen Sache. Die klagende Frau hatte dafür eine Anwaltskanzlei mandatiert, wo der später beklagte Partner zunächst mit der Sache betraut war und die vorprozessuale Beratung übernahm. Dabei riet er seiner Mandantin von der Erhebung einer Klage ab. Schließlich gab er das Mandat an einen anderen Kanzleipartner ab und versicherte dabei nach Angaben der Frau, er werde die Bearbeitung überwachen. Im weiteren Verlauf wurde schließlich doch noch Klage für die Frau erhoben.
Wegen mutmaßlich unsachgemäßer Prozessführung aber verklagte die Mandantin schließlich beide Partner auf Zahlung von etwa 60.000 Euro nebst Zinsen und Kosten. Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen, auch die Berufung hatte keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nur hinsichtlich des erstberatenden Partners zugelassen.
PartGG beschränkt Haftung
Das für die Berufung zuständige Oberlandesgericht hatte sich auf die nicht beanstandete Bewertung des Landgerichts gestützt, wonach der Anwalt richtigerweise von der Erhebung einer Klage abgeraten habe. Für Fehler, die im Anschluss passiert sein könnten, hafte er nicht. Dafür berief sich das Gericht auf § 8 Abs. 2 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes (PartGG).
Die Kanzlei war als Partnerschaftsgesellschaft ausgestaltet, weshalb die Normen des PartGG auf sie Anwendung fanden. Nach § 8 Abs. 2 haften neben der Gesellschaft als solcher die anderen nur dann mit ihrem Privatvermögen für berufliche Fehler eines Partners, wenn sie auch an dem Auftrag beteiligt waren – im Unterschied etwa zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wo die Gesellschafter unabhängig von ihrem eigenen Verschulden mit haften.
Doch ganz ohne Fallstricke ist diese Regelung offenbar nicht, wie das Urteil des IX. Karlsruher Zivilsenats zeigt, der das Berufungsurteil kippte. Denn einfach, indem er das Mandat an einen Kollegen abgibt, könne sich ein Kanzleipartner der persönlichen Haftung nicht entziehen, entschied der BGH.
BGH nahm bereits später eingestiegenen Partner in die Haftung
Gemäß § 8 Abs. 1 des PartGG haften grundsätzlich alle Partner gesamtschuldnerisch für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, Abs. 2 bildet eine Ausnahmevorschrift für den Fall, dass einzelne Partner allein einen Auftrag bearbeiten. Doch wenn ein Partner zunächst mit berät und dann aussteigt, kann davon nicht mehr die Rede sein, fanden die Karlsruher Richter. "Er hat die Erfolgsaussichten der von der Klägerin beabsichtigten Klage geprüft und von der Erhebung einer entsprechenden Klage abgeraten. Ob sein Rat, keine Klage zu erheben, der Sach- und Rechtslage entsprach und ob er danach nicht mehr, auch nicht beratend oder überwachend, in der fraglichen Bausache tätig geworden ist, ist unerheblich" führten sie aus.
Die Vorschrift des § 8 PartGG ordne kein Ende der Haftung eines Partners an und es gebe auch keinen Grund für eine teleologische Reduktion. Dabei verwies der Senat auf ein eigenes Urteil aus dem Jahr 2009, in dem man bereits abgelehnt hatte, die Haftung auf Fälle zu beschränken, in denen der relevante Fehler in eine Zeit fiel, in der der Partner überhaupt Teil der Kanzlei war. Damals war der Partner erst im Laufe der Bearbeitung des Mandats dazu gestoßen und hatte den Fehler überhaupt nicht mehr korrigieren können (BGH, Urt. v. 19.11.2009, Az. IX ZR 12/09).
Kein neuer Auftrag
Schließlich könnten in vielen Fällen nicht einmal die Partner selbst erkennen, wer einen Fehler gemacht habe, argumentierte der Senat, geschweige denn der außenstehende Mandant. Gerade deshalb habe der Gesetzgeber mit § 8 PartGG eine einfache und unbürokratische Haftungsgrundlage schaffen wollen.
Der beklagte Partner hatte in der mündlichen Verhandlung vor dem BGH entgegnet, sein Auftrag sei mit dem erteilten Rat, von einer Klage abzusehen, erledigt gewesen. Alles, was danach passiert sei, könne seinem Auftrag deshalb nicht mehr zugerechnet werden. Das decke sich aber weder mit den Angaben der klagenden Mandantin, noch mit den Feststellungen der Vorinstanzen, fanden die Richter. Tatsächlich habe der Partner selbst "stets darauf verwiesen, nicht in die 'weitere Mandatsbearbeitung' eingebunden gewesen zu sein", heißt es im Urteil.
Die Sache wurde damit im angefochtenen Umfang an das Berufungsgericht zurückverwiesen, wo nun neu entschieden werden muss.
Maximilian Amos, BGH zu Partner-Haftung in Anwaltskanzlei: . In: Legal Tribune Online, 02.10.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37951 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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