Sie sind Deutschlands erfolgreichste YouTuber: Das Comedytrio Y-Titty erzielt mit seinen Videos Millionen von Klicks. Damit zogen sie die Aufmerksamkeit des ARD-Politmagazins "Report Mainz" auf sich, das in den Videos diverse Fälle von nicht kenntlich gemachter Werbung entdeckt haben will. Selbst wenn sich die Zuschauer daran nicht stören, wäre das ein klarer Rechtsbruch, meint Markus Ruttig.
Y-Titty sollen in ihren YouTube-Videos Produkte verschiedener Hersteller präsentiert und dafür möglicherweise Zahlungen entgegen genommen haben, ohne dies hinreichend kenntlich zu machen. Juristisch ist das ein interessanter Fall, denn zum Einen kommt es darauf an, ob für YouTube-Videos die gleichen Werberestriktionen wie für TV- oder Kinobeiträge gelten. Zum Anderen wäre für jedes Video einzeln zu prüfen, ob ein Hinweis auf Produktplatzierungen hinreichend deutlich erfolgt ist.
Angesichts des digitalen Feedbacks zu den Meldungen über mögliche Verfehlungen des Comedytrios muss man sich allerdings fragen, ob das Publikum überhaupt an dem Schutz interessiert ist, den ihm das Schleichwerbeverbot eigentlich bieten soll. Kommentare wie "Hoffnungslos veraltete Gesetze", "Was stört es mich", "Wo ist das Problem?", oder einfach: "Schwachsinn!" lassen Gegenteiliges vermuten.
Solche Einschätzungen greifen indes reichlich kurz. Zwar mag der Einzelne sich nicht an verdecktem Product Placement stören oder sicher sein, dass seine Kaufentscheidung davon nicht beeinflusst wird. Das Verbot von getarnter Werbung schützt aber durchaus nicht nur den kritischen, informierten Betrachter, sondern beispielsweise auch minderjährige Zuschauer oder den möglicherweise weniger zahlungskräftigen Wettbewerber, der seine Produkte nicht auf gleiche Weise an die Öffentlichkeit bringen kann oder will. Grund genug also, einen Blick auf die einschlägigen Gesetze zu werfen.
Einheitliche Spielregeln für Werbung in ganz Europa
Deren Wichtigstes ist die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, die in der Europäischen Union seit 2010 einheitlich regelt, dass Schleichwerbung in audiovisueller Kommunikation verboten ist und die Zuschauer auf Produktplatzierungen eindeutig hingewiesen werden müssen. YouTube-Kanäle dürften dabei ohne Weiteres zu den "audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf" im Sinne von Art. 1 Abs. 1 lit. g) der Richtlinie zählen, für die ein striktes Verbot von Product Placement und Schleichwerbung gilt.
§ 58 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) sieht entsprechend für fernsehähnliche Telemedien vor, dass Werbung klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein muss. Zudem dürfen in der Werbung keine unterschwelligen Techniken eingesetzt werden. Schließlich bestimmt § 4 Nr. 3 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) ganz generell, dass unlauter handelt, wer den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert. Sofern für die Platzierung von Produkten in Videos Geld fließt, dürfte darin ohne Weiteres eine solche "geschäftliche Handlung" liegen.
Angst vor dem aufmerksamen Verbraucher?
Die Tatsache, dass seitens der Werbenden immer wieder versucht wird, den Werbecharakter einer Maßnahme zu verschleiern, zeigt deutlich, dass sie selbst davon ausgehen, mit nicht gekennzeichneter Werbung einen größeren Einfluss auf potentielle Konsumenten ausüben zu können. Werbung in den neuen Medien ist schnell und leicht gemacht, führt aber ebenso schnell zu gerichtlichen Verboten. So hat kürzlich etwa das Landgericht Freiburg entschieden, dass ein Unternehmer für den Inhalt werbender Postings seines Arbeitnehmers auf Facebook selbst dann haftet, wenn er diese nicht veranlasst hat.
Sofern die Produzenten von YouTube-Videos also ein Entgelt für die Platzierung bestimmter Produkte erhalten, ist hierauf sowohl am Anfang als auch am Ende des jeweiligen Clips hinzuweisen. Wer die Produktplatzierung in dieser Weise offen kommuniziert, riskiert nicht, als unehrlich kritisiert zu werden. Und wenn der Inhalt der Sendung gefällt, stört sich das Publikum nicht einmal an der ununterbrochenen Einblendung "Dauerwerbesendung". Die WOK-WM lässt grüßen.
Der Autor Prof. Dr. Markus Ruttig ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Partner bei CBH Rechtsanwälte und Lehrbeauftragter für Medienrecht an der Hochschule Fresenius in Köln.
Markus Ruttig, Schleichwerbung auf YouTube: . In: Legal Tribune Online, 03.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11552 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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