Sportwetten sind ein Milliardengeschäft, auf das auch der deutsche Fiskus ein Auge geworfen hat. Zukünftig sollen deshalb sämtliche Sportwetten besteuert werden und Geld in die klamme Staatskasse spülen. Warum der Schuss aber nach hinten losgehen kann und das Wettgeschäft im Internet weiter boomen wird, weiß Dieter Birk.
Der Versuchung, sein Glück mit Sportwetten zu versuchen, begegnet man fast überall: In der häuslichen Post, im Internet und in vielen Straßen größerer Städte werden Wetten auf den Ausgang eines Sportereignisses beworben. Als Glückspiel im Internet sind sie hingegen immer noch komplett durch den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) verboten.
Anders als im Alltag kommt der Begriff der Sportwetten in den Steuergesetzen bislang nicht vor. § 17 Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) erfasst neben Lotterien und Ausspielungen seit dem 1. April 2000 nur die so genannten Oddsetwetten. Dabei wettet der Spieler auf vorgegebene Sportbegegnungen, vornehmlich Fußballspiele, zu festen Quoten. Tritt das vom Spieler vorhergesagte Ergebnis ein, erhält er als Wettgewinn seinen Einsatz multipliziert mit einer vom Veranstalter vor dem Abschluss der Wette festgelegten Quote ("odd").
Sportwetten, bei denen der Teilnehmer mit der Höhe des Einsatzes seine Gewinnhöhe und sein Risiko selbst bestimmt, werden gegenwärtig vom RennwLottG nicht erfasst. Dabei wird mit diesem Geschäftsmodell im Internet am meisten Geld verdient.
Das soll sich nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags ändern, der neuerdings die Konzessionierung detailliert regelt und auch Online-Wetten auf Fußball und andere Events nicht mehr ausnahmslos verbietet. Dadurch wird der bislang weitgehend illegale Sportwettenmarkt vorsichtig und in engen Grenzen legalisiert.
Niedriger Steuersatz als Anreiz für Legalität
Die Folgen dieser auch vom Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof eingeforderten Marktöffnung für private Glücksspielanbieter zeichnen sich auch im Steuerrecht ab: In einem im Dezember vorgestellten Entwurf eines Gesetzes zur Besteuerung von Sportwetten heißt es, es sei nunmehr "geboten, das Steuerrecht für Sportwetten zu öffnen". Künftig unterliegen also sämtliche Sportwetten in- und ausländischer Wettanbieter der Lotteriesteuer.
Der Gesetzentwurf des Bundesrates enthält nun zwei Steuertatbestände. Der neu formulierte § 17 Abs. 1 des Entwurfs erfasst nur noch Lotterien und Ausspielungen, Oddsetwetten bleiben außen vor. Wie bisher ist ein 20- prozentiger Steuersatz auf den Nennwert der Lose vorgesehen. § 17 Abs. 2 des Entwurfs regelt außerdem erstmals einen eigenständigen Tatbestand der Sportwettenbesteuerung. Der Steuersatz für Wetten aus Anlass von Sportereignissen beträgt aber nur 5 Prozent des Nennwerts der Wettscheine beziehungsweise des Spieleinsatzes.
Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der niedrige Steuersatz "im europäischen Vergleich eine adäquate Steuerbelastung" sichern und eine "Überführung des bisherigen illegalen Wettangebots in die Legalität" fördern. Die geplante Sportwettensteuer ist – wie das gesamte Regelungsgefüge zeigt - kein Unterfall der Lotteriesteuer mehr. Vielmehr handelt es sich um eine neue Kategorie der Verkehrsteuern, was auch in der Bezeichnung des Entwurfs "Gesetz zur Besteuerung von Sportwetten" zum Ausdruck kommt.
Im Gegensatz zur noch geltenden Rechtslage werden nicht nur im Inland veranstaltete Sportwetten von der Steuer erfasst. Auch ausländische Veranstalter werden einbezogen, sofern der Spieler bei Abschluss des Wettvertrags in Deutschland ansässig ist. Der ausländische Veranstalter kann also die Steuer künftig nicht mehr umgehen, indem er ein inländisches Vermittlungsbüro zwischenschaltet. Hält sich der in Deutschland ansässige Spieler jedoch im Ausland auf und schließt er dort in einem Wettbüro die Sportwette ab, so fällt keine deutsche Steuer an.
Diskriminierung ausländischer Wettbüros
Aber wie kommt der deutsche Fiskus an die Wettsteuer des ausländischen Veranstalters heran? Der Entwurf sieht vor, dass dieser der Finanzbehörde "einen steuerlichen Beauftragten" zu benennen hat. Der steuerliche Beauftragte, in aller Regel wohl das Vermittlungsbüro, schuldet dann die Wettsteuer "neben dem Veranstalter". Er hat die steuerlichen Pflichten des ausländischen Wettveranstalters wie eigene zu erfüllen.
Wie diese Regelung in den Fällen der Internet-Sportwetten funktionieren soll, erschließt sich aus dem Gesetz nicht. Denn wenn der ausländische Internetwettanbieter im Inland kein Vermittlungsbüro oder keine sonstige Betriebsstätte unterhält, wird er kaum der Verpflichtung nachkommen, einen steuerlichen Beauftragten zu benennen. Und da der Spieler selbst nicht Steuerschuldner ist, wird der Fiskus leer ausgehen.
Der Sportwettenmarkt wird sich nicht nur aus diesem Grunde noch mehr ins Internet verlagern. Das Gesetz leidet nämlich noch an einem weiteren Manko: Hat der ausländische Wettanbieter, wie vom Gesetz gefordert, einen inländischen Beauftragten, dann wird in der Regel die Steuer zweimal anfallen. Nämlich einmal im Inland und zusätzlich noch im Ausland, dem Land der Veranstaltung. Eine Anrechnungsmöglichkeit, wie wir sie aus dem Ertragsteuerrecht kennen, sieht der Gesetzentwurf nicht vor.
Dies führt zu einer steuerlichen Diskriminierung der ausländischen Wettbüros gegenüber ihrer inländischen Konkurrenz und wird ein entsprechendes Ausweichverhalten auslösen. Die großen Internetportale für Sportwetten werden so weiter boomen und ein großer Finanzsegen für den Fiskus ausbleiben.
Prof. Dr. Dieter Birk war bis 2011 Direktor des Instituts für Steuerrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Seit 1998 ist er als Steuerberater bei Pöllath + Partners in Berlin tätig.
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Steuern auf Sportwetten: . In: Legal Tribune Online, 07.02.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5510 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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