Ende vergangener Woche hat die StA Anklage gegen den Ex-Nationalspieler erhoben. Seitens der Justiz äußerte man sich dazu aber höchst unterschiedlich. Durfte Metzelder zum Beispiel beim Namen genannt werden? Von Martin W. Huff.
Die Staatsanwaltschaft (StA) Düsseldorf hat am 2. September 2020 Anklage gegen den ehemaligen Fußballnationalspieler Christoph Metzelder beim Amtsgericht (AG) Düsseldorf erhoben. Dem ehemaligen Fußballnationalspieler wird vorgeworfen, kinderpornographische Schriften in 29 Fällen verbreitet und in einem weiteren Fall solche Bilder besessen zu haben. Auf das rege Medieninteresse hin gab es dazu bis Ende der vergangenen Woche sehr unterschiedliche Äußerungen seitens der Justiz. So stellt sich die Frage, welche Informationen sie in so einem Fall veröffentlichen darf - und welche nicht.
Die Ermittlungen gegen Metzelder laufen jedenfalls seit gut einem Jahr, nachdem eine ehemalige Bekannte von ihm Anzeige erstattet hatte, weil sie kinderpornographische Bilder von Metzelder erhalten haben wollte. Aufgrund des Auftauchens der Bilder und weiterer Ermittlungen erließ damals ein Hamburger Ermittlungsrichter einen Durchsuchungsbeschluss für Metzelders Wohnung und die Räume seiner Stiftung.
Bei den Durchsuchungen war die Bild - von wem auch immer informiert - dabei und filmte unter anderem die Begegnung der Ermittler mit Metzelder. Die Redaktion berichtete später umfangreich unter Namensnennung über den Verdacht gegen Metzelder und sorgte für erhebliche Aufmerksamkeit. Aufgrund des großen Medieninteresses bestätigte die StA Hamburg in einer Pressemeldung vom 4. September 2019 den Namen, den Verdacht und die Durchsuchung.
Bild-Berichterstattung einkassiert, Anfragen überrollen StA und AG
Sowohl die Berichterstattung der Bild als auch die Namensnennung seitens der StA Hamburg wurden damals heftig kritisiert. Letztlich wurde der Bild ein Großteil der Berichterstattung durch eine einstweilige Verfügung des Landgerichts (LG) Köln untersagt, wobei die entsprechende Pressemitteilung des LG wieder den Namen Metzelders nannte. Danach wurde es ruhig um das Ermittlungsverfahren. Die Akte wanderte zwischenzeitlich von der StA Hamburg (Wohnort der Anzeigeerstatterin) zur StA Düsseldorf, der für den Wohnort von Metzelder zuständigen Behörde.
Aufmerksam wurde die Öffentlichkeit auf das Ermittlungsverfahren erneut, als die SPD-Fraktion im NRW-Landtag in einer Sitzung des Rechtsausschusses am 19. August 2020 Auskunft über den Stand des Ermittlungsverfahrens vom Justizminister erhalten wollte. War dies zunächst als Bericht in öffentlicher Sitzung geplant, wurde es, nachdem sich Metzelders Anwälte eingeschaltet hatten und eine Berichterstattung im Landtag verbieten wollten, zum Gegenstand der nichtöffentlichen Sitzung ohne Namensnennung. Dieses Vorgehen billigte das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf ausdrücklich (Beschl. v. 19.8.2020, Az. 20 L 1629/20). Der Landtag, so das VG, habe ein Recht darauf, vertraulich unterrichtet zu werden. Ein Verbot der Unterrichtung, wie von Metzelder beabsichtigt, sei nicht möglich.
Zwar nennt die Pressemeldung des VG Düsseldorf zu dieser Entscheidung nicht den Namen Metzelders, sie spricht aber von einem ehemaligen Fußballnationalspieler. Die Medien berichteten daraufhin auch unter Namensnennung. Am Abend des 3. September 2020 berichtete dann wiederum als erste die Bild unter voller Namensnennung detailliert über die Anklageerhebung vom Vortag.
Wie nicht anders zu erwarten, überrollte draufhin eine Flut von Anfragen sowohl die StA als auch das AG Düsseldorf.
Namensnennung in Pressemitteilungen ok, wenn Verteidigung unterrichtet ist
Nach der bisherigen Rechtslage, insbesondere auch nach der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH), darf zum Zeitpunkt der erhobenen Anklage nach der Unterrichtung der Verteidigung unter Namensnennung berichtet werden. So entschied auch jüngst der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, als er die Pressearbeit der StA kritisierte, u. a. weil diese zu schnell die Presse mit einer Mitteilung informiert hatte. Im Fall Metzelder sollen die Verteidiger dagegen mit ausreichendem Vorlauf unterrichtet worden sein.
Klassisch wäre es daraufhin Aufgabe der StA gewesen, die Öffentlichkeit über eine Anklageerhebung zu unterrichten, weil sie eine eigene Entscheidung trifft und diese dem zuständigen Gericht zunächst nur zustellt, welches dann im nächsten Schritt über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet. Doch die StA Düsseldorf veröffentlichte nunmehr am 4. Steptember 2020 eine eher kryptische Pressemitteilung, in dem nur mitgeteilt wurde, dass es eine Anklage gegen einen "ehemaligen Fußballnationalspieler" gebe. Mehr stand nicht darin; stattdessen verwies die StA auf den Beschluss des VG Düsseldorf. Dies wiederum führte zur Verwunderung beim VG, dessen Sprecher – zu Recht – darauf hinwies, dass in dem Beschluss vom 19. August 2020 über die Frage, was eine StA im Fall einer Anklageerhebung veröffentlichen darf, überhaupt nicht entschieden worden ist.
Richtig gemacht hat es dann schließlich das AG Düsseldorf in seiner eigenen Pressemitteilung ebenfalls vom 4. September 2020. Darin berichtet es über den Eingang der Anklage mit Namensnennung und in wenigen Stichworten über den Gegenstand der Anklage. Es betont dabei auch, dass über die Eröffnung des Verfahrens jetzt erst noch der Strafrichter entscheiden muss.
Anklageerhebung als ein Ereignis der Zeitgeschichte
Die Medien in dem Maße zu unterrichten, wie es das AG Düsseldorf tat, ist dabei so erlaubt, weil die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf hat, darüber unterrichtet zu werden: Denn die Anklageerhebung ist ein Ereignis der Zeitgeschichte, bei dem auch ohne Zustimmung des Betroffenen gem. §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz in Wort und Bild berichtet werden darf. Die Tatsache, dass gegen einen bekannten Fußballspieler, der sich auch nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn im Fußball engagiert und eine eigene Stiftung im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit unterhält, Anklage wegen des Verdacht der Verbreitung von kinderpornographischen Bildern erhoben worden ist, ist für die Öffentlichkeit von Interesse.
Dies würde wohl auch der BGH so sehen, der noch im Dezember 2019 (Urt. v. 17.12.2019, Az. VI ZR 504/18) entschied, dass die identifizierende Wort- und Bildberichterstattung über Münchner Miethaie erlaubt war, denen eine verbotene Untervermietung von Wohnraum vorgeworfen worden war und in deren Fall die Bild über die Verhandlung vor dem VG München berichtete.
Jetzt heißt es warten, was im Zwischenverfahren geschieht. Ungewöhnlich ist an diesem Verfahren jedenfalls schon jetzt, dass es nicht im Wege des Erlasses eines Strafbefehls zu Ende geht. Denn eigentlich ist dies in solch medial wirksamen Verfahren im Interesse aller Beteiligter: Es gibt dann keine Hauptverhandlung, aber dem Strafinteresse des Staats ist trotzdem Genüge getan.
Martin W. Huff ist Rechtsanwalt in der Kanzlei LLR in Köln und Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln. Er bildet seit Jahren Pressesprecher der Justiz u.a. in der Deutschen Richterakademie aus.
Anklage im Fall Christoph Metzelder: . In: Legal Tribune Online, 07.09.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42718 (abgerufen am: 13.11.2024 )
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