Mal heißt es Apple gegen Samsung, mal Samsung gegen Apple. Mal gewinnt Apple, mal Samsung. Zu entscheiden hat in den gerichtlichen Auseinandersetzungen um Patentrechte mal eine US-amerikanische Jury, mal ein deutscher Zivilsenat, mal ein japanischer Richter. Abhilfe von diesem internationalen Wirrwarr könnte ein Weltpatent schaffen. An dessen baldige Einführung glaubt Philipp Cepl jedoch nicht.
Für Aufsehen sorgt derzeit der Patentkrieg zwischen Apple und Samsung, den die Unternehmen parallel in den USA, Asien, Australien und Europa führen. Während ein Gericht in San José, Kalifornien, Samsung erstinstanzlich zu Schadensersatz in Höhe von 1,05 Milliarden Dollar verurteilte, wurden Klagen von Apple in Südkorea und Japan abgewiesen. In Europa sind Verfahren in Deutschland, England, Frankreich und den Niederlanden anhängig, deren Ausgang zum Teil noch offen ist.
Ein international gültiges "Weltpatent" und eine gemeinsame Gerichtsbarkeit könnten Auseinandersetzungen auf ein einziges Verfahren konzentrieren und widersprechende Entscheidungen in verschiedenen Jurisdiktionen vermeiden.
Auf EU-Ebene ist die Einführung eines Gemeinschaftspatents und eines entsprechenden gemeinsamen Gerichts schon sehr weit fortgeschritten. Nachdem sich die Mitgliedsstaaten in zähen Verhandlungen schließlich über das materielle Recht, das Verfahrensrecht, die Sprachregelung und den Sitz des Gerichts geeinigt hatten, ist die für den 4. Juli 2012 geplante Abstimmung im Europäischen Parlament jedoch überraschend von der Tagesordnung gestrichen worden. Damit ist derzeit offen, wann das neue EU-Gericht seine Arbeit aufnehmen kann. Als sicher gilt aber, dass das Gemeinschaftspatent kommen wird.
Weltweit bisher nur stückweise Angleichung des materiellen Patentrechts
International gibt es keine vergleichbaren Ansätze für ein "Weltpatent" nebst zentralisiertem Gerichtssystem. Zwar wird bei der World Intellectual Property Organization (WIPO) seit geraumer Zeit lose über ein Abkommen zur Harmonisierung des materiellen Patentrechts (Substantive Patent Law Treaty) diskutiert. Damit soll aber kein Weltpatent geschaffen werden, sondern lediglich die weltweiten Schutzvoraussetzungen für Patente angeglichen werden.
Auch die existierenden internationalen Verträge begründen weder ein weltweit gültiges Patent noch ein einheitliches Gerichtssystem. So enthält etwa das TRIPS Abkommen (Agreement on Trade-related Aspects of Intellectual Property Rights) lediglich materielle Mindeststandards für den Schutz und die Durchsetzung von Patentrechten, und der Patentzusammenarbeitsvertrag (PCT) vereinfacht nur die internationale Anmeldung von Patenten.
Ob eine weltweite Harmonisierung jemals erfolgen wird ist mehr als fraglich. Die Hürden dafür sind sehr hoch. Die Diskussionen zum Substantive Patent Law Treaty zeigen, wie problematisch es ist, die unterschiedlichen Interessen der Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer und der verschiedenen Industriezweige in Ausgleich zu bringen. Umstritten sind nicht zuletzt auch ethische Fragen bei der Patentierung von biologischem Material, wie zum Beispiel medizinischen Wirkstoffen aus Heilpflanzen des Regenwaldes oder der Nutzung von Kenntnissen aus der traditionellen Medizin.
Weltpatentgericht noch nicht in Sicht
Noch schwieriger dürfte es der Staatengemeinschaft fallen, sich über die Einführung eines weltweiten Patentgerichtssystems zu einigen. Selbst in Europa, dessen Nationen seit Jahrzehnten Erfahrung in der justiziellen Zusammenarbeit gesammelt und einheitliche Verfahren etabliert haben, konnten die Streitigkeiten über ein Gemeinschaftspatentgericht nur mit erheblicher Mühe und großem politischen Druck ausgeräumt werden. Auf internationaler Ebene sind die zu harmonisierenden Unterschiede noch viel fundamentaler. Exemplarisch sei das in den USA auch in Patentverfahren geltende Prinzip des Jury Trial genannt, das in der europäischen Rechtstradition ebenso wenig bekannt ist, wie die oft exorbitant hohen Punitive Damages. Fraglich ist auch, ob sich Einigung über die Anerkennung und Vollstreckung internationaler Patentverletzungsurteile erzielen lässt. Denn jedenfalls bislang waren die USA nicht bereit, entsprechende Staatsverträge abzuschließen.
Der Weg zum Weltpatent ist also noch weit. Als Erfolg kann schon gewertet werden, dass die USA ihr Patentrecht mit dem America Invents Act, der im März 2013 in Kraft tritt, an entscheidender Stelle harmonisiert haben, indem sie bei Patentanmeldungen das "First-to-invent System" aufgeben und weitgehend das überall sonst geltende "First-to-file System" einführen, nach dem ein Patent demjenigen erteilt wird, der die Erfindung als Erster anmeldet. Damit ist auch nach US-Patenrecht in Zukunft nicht mehr nur der erste Erfinder berechtigt, ein Patent anzumelden.
Die internationale Gemeinschaft hat noch einiges zu tun, bis es ein gemeinsames Gericht gibt, das über einen Streit wie zwischen Apple und Samsung in einem einzigen Verfahren entscheidet. Bis dahin werden Unternehmen auf nationalen Bühnen weiter zahlreiche, einzelne Patentkriege ausfechten.
Der Autor Dr. Philipp Cepl ist Rechtsanwalt im Bereich Intellectual Property bei Allen & Overy LLP in Düsseldorf.
Internationale Harmonisierung des Patentrechts: . In: Legal Tribune Online, 17.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7099 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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