Im kalifornischen Fremont können inhaftierte Kleinkriminelle sich ihren Aufenthalt im Polizeigefängnis etwas gemütlicher machen. Für 155 Dollar pro Nacht und eine einmalige Gebühr von 45 Dollar für einen Tuberkulose-Test werden sie getrennt von anderen Häftlingen untergebracht, mit eigenen Aufenthaltsräumen, Duschen und Telefonen. In Deutschland undenkbar?
"Pay-to-stay" nennt das Fremont Detention Center dieses Programm und wirbt für seine modernen, sauberen und effizienten Anlagen. Eine "Alternative" zum regulären Alameda County Jail.
Wie tagesschau.de berichtet, hatte die Stadt das Gefängnis vor rund zehn Jahren für zehn Millionen Dollar gebaut. Es sei jedoch nie wirklich gebraucht worden und stehe seitdem leer. Das Fremont Detention Center ist eine Haftanstalt der Polizei, in der Untersuchungshäftlinge untergebracht werden und Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr verbüßen.
Experte: "Bedingungen sollten für alle Häftlinge gleich sein"
Der Bremer Juraprofessor Johannes Feest vermutet, dass das Fremont Police Department das Gefängnis einem privaten Betreiber überlassen hat oder sich selbst eine zusätzliche Einnahmequelle erschließen will. "Fremont ist eine etwas bessere Gegend, wo Leute es sich etwas kosten lassen, separat und sauber untergebracht zu werden."
Der Strafvollzugsrechtler hält das für allzu verständlich, lehnt die Möglichkeit aber dennoch mit Blick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung ab: "Die Bedingungen sollten für alle Häftlinge gleich sein." In Deutschland sei so etwas denn auch nicht vorgesehen. Weder das Strafvollzugsgesetz des Bundes, das auch nach der Föderalismusreform in einigen Bundesländern weitergilt, noch die neuen Gesetze zum Strafvollzug der Bundesländer erlauben ein solches Upgrade.
"Gleich behandelt werden Häftlinge in deutschen Gefängnissen dennoch nicht. Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern und auch den einzelnen Anstalten, was Ausstattung, Räume, Personal und Regime betrifft." Der Einzelne habe aber keinen Einfluss darauf, wo er untergebracht werde. Das überzeugt Feest nicht. "Ich denke, es sollte ein Wahlrecht geben, wo man seine Haftstrafe absitzt."
Anstaltskaufmann statt Amazon
Auch in Deutschland versuchten Gefängnisverwaltungen aber, Einnahmen zu generieren, erklärt Feest "Zum Beispiel beim Strom. Elektrizität ist nicht mehr in jedem Gefängnis inklusive. Mittlerweile gibt es zwar in jeder Zelle eine Steckdose, die Häftlinge müssen aber pauschal pro Gerät dafür zahlen." Individuelle Stromrechnungen gebe es nicht.
Feest sieht als Hintergrund für den Ansatz in Fremont, dass in vielen amerikanischen Gefängnissen wohlhabende Häftlinge ähnliche Privilegien vom Personal illegal erkaufen können. Auch auf legalem Weg kann man es sich aber in deutschen Gefängnissen den Alltag ebenfalls erträglicher machen. Wem das Essen nicht schmeckt oder die Seife nicht passt, der kann sich anderweitig eindecken. Gefangene dürfen einkaufen, allerdings nicht wo und was sie wollen.
Nach § 22 Strafvollzugsgesetz des Bundes können Häftlinge "aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot Nahrungs- und Genußmittel sowie Mittel zur Körperpflege kaufen". Die neuen Landesgesetze haben ähnliche Regelungen. "Diese Vorschriften können sehr unterschiedlich ausgelegt werden und die Rechtsprechung dazu ist auch nicht einheitlich", bedauert Feest. "Häufig gibt es einen Anstaltskaufmann, der regelmäßig vorbeikommt und bei dem die Gefangenen einkaufen können."
Klick and Buy bei Amazon und Co. geht also nicht - im Übrigen schon deshalb nicht, weil das Internet noch keinen Einzug in den Knast gefunden hat. Aber immerhin soll die Anstalt nach dem Gesetz "für ein Angebot sorgen, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt". Fast so schön wie in Fremont, Kalifornien.
Claudia Kornmeier, Gefängnis-Upgrade: . In: Legal Tribune Online, 01.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9263 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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