Wer verbindet in Deutschland nicht die Farbe Rot mit den Sparkassen, wenn es um Banken geht? Deshalb ließ sich der Deutschen Sparkassen- und Giroverband auch die Farbmarke "Rot" für seine Dienstleistungen schützen. Die österreichische Oberbank AG und die spanische Santander-Gruppe wollen die Löschung der Marke durchsetzen. Der EuGH macht ihnen dies jetzt nicht leichter, erklären Matthias Eck und Julia Dönch.
Farben sind oft wesentlicher Bestandteil der Corporate Identity eines Unternehmens und tragen somit zur Wiedererkennung eines Unternehmens und seiner Produkte bei. An diesem Farbenspiel orientieren sich auch die Verbraucher: Ob gelber Engel, magenta-farbene Telekommunikation oder lila Schokolade – bei diesen Farbtönen weiß nahezu jeder, in welcher Branche sich welches Unternehmen dahinter verbirgt.
Auch die Farbe Rot haben viele Unternehmen verschiedener Branchen für sich entdeckt: Vodafone, die Deutsche Bahn, Ergo oder Coca-Cola setzen auf die Leuchtkraft dieser Farbe. Im Bereich der Finanzdienstleistungen sind es landauf landab die Sparkassen, die seit Jahrzehnten mit diesem Farbton arbeiten.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellte nun zu der Farbmarke "Sparkassen-Rot" in Übereinstimmung mit seiner bisherigen Rechtsprechung klar, dass auch an die Eintragung von Farbmarken keine höheren Anforderungen gestellt werden dürfen als an andere Marken (Urt. v. 19.06.2014, Az. C-217/13 und C-218/13).
Farben sind erst einmal "herkunftsneutral"
Um eintragungsfähig zu sein, müssen Farbmarken also für die von der Markenanmeldung umfassten Produkte und Dienstleistungen unterscheidungskräftig sein und somit einen Rückschluss auf deren Herkunft zulassen.
Bei Farben ergibt sich diese Unterscheidungskraft häufig nicht automatisch. Denn Farben wirken auf den Betrachter zunächst "herkunftsneutral" und werden eher als Gestaltungsmittel wahrgenommen, nicht jedoch als Zeichen, mit dem ein Unternehmen seine Produkte und Dienstleistungen markiert. Markenschutz für Farben kommt daher regelmäßig erst dann in Betracht, wenn sich Konsumenten an die Verwendung einer Farbe für bestimmte Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens gewöhnt haben und darin einen Hinweis auf dieses Unternehmen sehen. Markenrechtler sprechen dann von Verkehrsdurchsetzung.
Ermittelt wird die Verkehrsdurchsetzung unter anderem mit Umfragen. Entscheidend ist dabei, welcher Prozentsatz der Zielgruppe die Farbmarke mit den von ihr umfassten Produkten oder Dienstleistungen in Verbindung bringt. Das Markengesetz legt nicht fest, wie hoch dieser Prozentsatz sein muss – diese Entscheidung ist den Gerichten überlassen. Diese verlangen häufig einen Durchsetzungsgrad von deutlich über 50 Prozent.
Keine strengeren Anforderungen als an andere Marken
Auf die Höhe des notwendigen Prozentsatzes kam es auch in der Auseinandersetzung zwischen dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) einerseits und der Oberbank und der Santander-Gruppe andererseits an: Der DSGV hatte ein Gutachten vorgelegt, wonach das "Sparkassen-Rot" für Dienstleitungen des Retail-Banking in Deutschland einen Durchsetzungsgrad von 67,9 Prozent erreicht. Oberbank und Santander hielten diesen Durchsetzungsgrad allerdings nicht für ausreichend und beantragten die Löschung der Farbmarke des DSGV.
Das mit dem Löschungsantrag befasste Bundespatentgericht (BPatG) folgte zunächst der Argumentation von Oberbank und Santander und hielt für abstrakte Farbmarken wie dem "Sparkassen-Rot" einen Durchsetzungsgrad von mindestens 70 Prozent für erforderlich. Die Münchner Richter setzen das Verfahren dann aber doch erst einmal aus und fragten den EuGH, ob diese Auffassung mit dem Unionsrecht vereinbar ist.
Das EU-Gericht zeigte sich nicht ganz einverstanden. Eine starre Untergrenze von mindestens 70 Prozent verletze das Unionsrecht: Es dürfe nicht allein auf das Ergebnis einer Konsumenten-Befragung abgestellt werden, um die Verkehrsdurchsetzung festzustellen. So müsse bei der Prüfung, ob ein wesentlicher Teil der Bevölkerung eine Farbe als Marke erkennt, auch der Marktanteil der Marke ebenso berücksichtigt werden, wie etwa die Dauer ihrer Benutzung und der Werbeaufwand des Markeninhabers. Andernfalls würden nämlich an die Verkehrsdurchsetzung von Farbmarken strengere Anforderungen gestellt als an andere Markenformen.
Rückenwind für ein buntes Markenregister
Das BPatG muss nun anhand dieser Vorgaben überprüfen, ob sich die Farbe Rot für Dienstleistungen des Retail-Banking tatsächlich im Verkehr durchgesetzt hat. Hierfür wird sich nun der DSGV rüsten und dem Gericht die erforderlichen Nachweise zur Verfügung stellen. Gelingt dies, bleibt die Farbmarke Rot für den DSGV geschützt.
Doch für welchen Zeitpunkt muss die Verkehrsdurchsetzung nachgewiesen sein? Nach deutschem Markenrecht, das auch für das Löschungsverfahren gegen die Farbmarke Rot relevant ist, darf eine Marke nicht mehr gelöscht werden, sofern zumindest im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag Verkehrsdurchsetzung vorliegt.
Nur für den Fall, dass dem Markeninhaber dieser Nachweis für das "Hier und Jetzt" nicht gelingt, kommt es auf das Vorliegen der Verkehrsdurchsetzung im Zeitpunkt vor der Anmeldung der Marke an. Für Löschungsverfahren bedeutet dies daher möglicherweise, dass Markeninhaber "Forschungsarbeit" für die Vergangenheit leisten müssen. Retrospektiv wird sich aber häufig nur schwer feststellen lassen, ob eine Marke bereits vor ihrer möglicherweise Jahre zurückliegenden Anmeldung über die erforderliche Verkehrsdurchsetzung verfügte.
Die Entscheidung des EuGH gibt der Farbmarke Rückenwind und zeigt, dass ein "buntes" Markenregister seine Berechtigung hat: Denn schließlich entspricht es dem Alltag der Verbraucher, eine Farbe als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wahrzunehmen.
Die Autoren Prof. Dr. Matthias Eck und Julia Dönch sind Rechtsanwälte und im Bereich Gewerblicher Rechtsschutz/Wettbewerbsrecht bei CMS Hasche Sigle tätig.
Julia Dönch, EuGH zu Farbmarken: . In: Legal Tribune Online, 24.06.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12323 (abgerufen am: 02.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag