Es wird härter für Gewerkschaften: Das BAG hat ihnen bei Streiks den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens genommen. Es stellte sich in dem GdF gegen Fraport Verfahren damit gegen die Vorinstanzen, sagt Robert von Steinau-Steinrück.
Die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) haftet für ihren rechtswidrigen Vorfeldstreik am Frankfurter Flughafen aus dem Jahr 2012 gegenüber Fraport. Anders als die Vorinstanzen gibt das Bundesarbeitsgericht (BAG) Fraport jetzt Recht (Urt. v. 26.07.2016, Az. 1 AZR 160/14). Künftig können sich Gewerkschaften nicht mehr darauf berufen, streikbedingte Schäden wären genauso bei einem rechtmäßigen Streik entstanden.
Die Gewerkschaft hatte ihre Mitglieder im Februar zum Streik aufgerufen. Zuvor hatte sie den geltenden Tarifvertrag teilweise gekündigt. Ein vereinbartes Schlichtungsverfahren endete mit Empfehlungen des Schlichters, die auch Teile des Tarifvertrags betrafen, die noch nicht gekündigt waren. Diese Schlichtungsvereinbarung wollte die GdF mit ihrem Streik mit ca. 200 Mitarbeitern durchsetzen. Der Streik endete nach 14 Tagen aufgrund einer gerichtlichen Unterlassungsverfügung. Infolge dieses Streiks sind nach Angaben von Fraport 1.668 Flüge ausgefallen. Fraport hat seine eigenen Schäden mit ca. 5,2 Millionen Euro geltend gemacht. Ursprünglich hatten auch Air Berlin und Lufthansa gegen die GdF geklagt und ihrerseits Schadensersatzforderungen – allerdings erfolglos - geltend gemacht.
Verstoß gegen die Friedenspflicht
Der GdF wurde es zum Verhängnis, dass sie mit ihrem Streik die Schlichterempfehlung durchsetzen wollte. Sie hat übersehen, dass sich diese Schlichterempfehlung auch auf Teile des Tarifvertrags bezog, die nicht gekündigt waren. Sie unterlagen somit der Friedenspflicht.
Wie der Name dieser Pflicht besagt, dürfen ihr unterliegende Regelungsgegenstände gerade nicht mit Mitteln des Arbeitskampfes durchgesetzt werden. Mit diesem Streik verfolgte die GdF damit neben zulässigen auch unzulässige Ziele. Nach der sogenannten "Rührei-Theorie" ist ein Arbeitskampf insgesamt rechtswidrig, wenn er auch für unzulässige Tarifziele geführt wird. Denn es handelt sich um einen einheitlichen Arbeitskampf. Der Streik war also (insgesamt) rechtswidrig.
Kein Schadensersatz für Drittbetroffene
Die Klagen von Air Berlin und Lufthansa hatte das BAG bereits im Jahr 2015 abgewiesen (BAG, Urt. v. 25.08.2015, Az. 1 AZR 754/13 und 1 AZR 875/13). Im Einklang mit seiner früheren Rechtsprechung wies das BAG diese Klagen mit der Begründung ab, dass mittelbare Schäden drittbetroffener Unternehmen nicht zu ersetzen seien.
Nach seiner Auffassung beschränkt sich die tarifvertragliche Friedenspflicht auf die unmittelbaren Vertragsparteien. Dritte können sich darauf nicht berufen. Sie haben nach dieser Auffassung, die mittelbaren wirtschaftlichen Schäden eines Streiks als "Streuwirkungen" entschädigungslos hinzunehmen.
BAG zum Streik am Frankfurter Flughafen: . In: Legal Tribune Online, 27.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20124 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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