Medien und Politik schießen sich ein auf die Big Five der amerikanischen Tech-Industrie. Für die USA ist von Donald Trump kaum anderes zu erwarten, in der EU rüstet die Kommission zum Kampf gegen Amazon, Apple, Facebook, Google und Microsoft.
Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe, Leopard: Das waren einst die "Big Five" der afrikanischen Großwildjagd. Und wie auf einer Großwildjagd schießen sich derzeit Politik und Medien auf die "Big Five" der amerikanischen Tech-Industrie ein.
In den USA agierten Amazon, Apple, Facebook, Google und Microsoft bislang noch weitgehend störungsfrei. Doch nicht nur die New York Times erwartet, dass sich das in diesem Jahr ändert. Donald Trump nutzt zwar täglich Twitter als Kanal für seine Botschaften, gilt jedoch nicht als Freund des Silicon Valley.
In Europa ist bereits kommende Woche mit einem ersten Schuss der politischen Großwildjäger zu rechnen. Am 11. Januar stellt die Europäische Kommission einen Entwurf für eine neue E-Privacy-Verordnung vor. Erwartet werden Auflagen für Cookies und Browser ebenso wie eine Unterwerfung aller sog. OTT-Dienste unter das Telekommunikationsrecht. "OTT" steht für "Over The Top". Gemeint sind Kommunikationsdienste, die ausschließlich intenetbasiert sind – von Gmail und web.de über Skype bis WhatsApp und Facebook Messenger. Zur Freude der Deutschen Telekom sollen all diese Dienste einer strengen Regulierung unterworfen werden. Dies wird eine Reihe (un)erwünschter Nebenfolgen haben. So dürfte die geplante Gleichstellung etwa dazu führen, dass Skype, Google, WhatsApp & Co. auch Vorratsdaten speichern und den Sicherheitsbehörden und –diensten "Backdoors" öffnen müssen, um verschlüsselte Nachrichten zu entschlüsseln.
Elektronische Privatheit aus Brüssel und Berlin
Mit der E-Privacy-Verordnung setzt die Europäische Kommission ihre Bemühungen fort, die Großen Fünf mit Instrumenten des Datenschutzrechts zur Einhaltung strenger Regeln zu zwingen. Die im Mai 2018 in Kraft tretende europäische Datenschutzreform war erst der Anfang. Manche träumen bereits von einer europäischen Charta "digitaler Grundrechte".
Andere beäugen kritisch den Vorschlag der Bundesregierung für ein neues Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Ein solches Gesetz ist notwendig, da die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Lücken lässt, die gefüllt werden müssen. Zudem gibt es für Polizei und Justiz eine neue Datenschutz-Richtlinie (DSRL), die umzusetzen ist.
90 Prozent des Entwurfs für ein neues BDSG befassen sich mit der Datenverarbeitung durch staatliche Stellen. Die zum Teil lautstarken Kritiker interessieren sich hierfür nicht. Sie wittern stattdessen eine "Aushöhlung" des Datenschutzes im Interesse der Big Five. Auf Details und Feinheiten kommt es Großwildjägern selten an.
Leistungsschutz, Hate Speech, Fake News und Uber vor dem BGH
Auch das umstrittene Leistungsschutzrecht für Pressebeiträge ist nicht mehr als ein Versuch, den großen Unternehmen aus dem Silicon Valley Grenzen zu setzen. Gäbe es nicht Google News, wäre niemand auf die Idee gekommen, Schnipsel aus Kurznachrichten urheberrechtlich zu schützen. EU-Kommissar Günther Oettinger möchte das Leistungsschutzrecht europaweit einführen. Sein kürzlicher Wechsel in das Amt eines Haushaltskommissars wird an diesem Vorhaben nichts ändern. Alles Böse der Welt traut man den amerikanischen Big Five zu. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) droht seit langem mit Regulierung für den Fall, dass Facebook und Co. nicht energischer den Löschbutton drücken, wenn Facebook-Nutzer "Hate Speech" verbreiten.
Und die amerikanischen Wahlverlierer können sich den Wahlerfolg von Donald Trump nicht erklären. Die Schuldigen wurden schnell gefunden: "Fake News" und "Social Bots" haben leichtgläubige Wähler trickreich manipuliert. Schon wird – auch hierzulande – gefordert, Plattformen wie Facebook und Twitter müssten zur Löschung von "Falschmeldungen" gesetzlich verpflichtet werden.
Verglichen mit den "Big Five" ist Uber ein Start-Up. Am 6. April 2017 verhandelt der BGH darüber, ob die Beförderungsplattform, die Fahrer vermittelt, gegen das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) verstößt. Die Entscheidung dürfte für die Zukunft von Uber in Europa weichenstellend sein. Und eins ist gewiss: das Internetrechts-Jahr 2017 wird spannend.
Der Autor Prof. Niko Härting ist Rechtsanwalt in Berlin (HÄRTING Rechtsanwälte) und Honorarprofessor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR Berlin).
Niko Härting, Internetrecht 2017: . In: Legal Tribune Online, 06.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21684 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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