Anreise vor Examensprüfung

Übernachtung bitte auf eigene Kosten

von Marcel SchneiderLesedauer: 3 Minuten
Um am nächsten Morgen erholt und mit Zeitpuffer zur mündlichen Examensprüfung erscheinen zu können, übernachtete ein Referendar am Prüfungsort. Die Kosten dafür bekommt er von der Dienststelle aber nicht wieder, entschied das VG Minden.

Wer am Vortag der Prüfung anreist und sich für eine Übernachtung entscheidet, erhält die Kosten für diese nicht zurück, wenn ihm die Anreise auch am Prüfungstag zumutbar gewesen wäre. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Minden in einem jetzt bekannt gewordenen Beschluss (v. 28.05.2015, Az. 4 K 1881/12). Was allerdings noch als "zumutbar" zu werten ist, darüber lässt sich trefflich streiten. In dem dem Urteil zugrundeliegenden Fall musste der klagende Referendar von seiner Wohnung in Bielefeld das Landesjustizprüfungsamt (LJPA) in Düsseldorf zur mündlichen Prüfung erreichen - eine Strecke von rund 200 Kilometern. Um 8:45 Uhr sollte sich der Kläger im LJPA einfinden, da sein Einführungsgespräch für 9:00 Uhr angesetzt war. Nach dem einschlägigen Landesreisekostengesetz (LRKG) ist es zumutbar, die eigene Wohnung zwecks Dienstreise - als solche ordnete das LJPA die Anreise zur Prüfung an - ab sechs Uhr morgens verlassen zu müssen. Hätte der Referendar sich daran gehalten, wäre er mit dem öffentlichen Personenverkehr zwischen 8:30 und 8:45 Uhr am LJPA angekommen, sofern die Fahrt planmäßig verlaufen wäre. Das war ihm zu knapp: Stattdessen reiste er bereits am Vortag an, übernachtete in Düsseldorf und verlangte die Übernachtungskosten zurück. Seine Begründung: Der besondere Stress der knappen Anreise hätte sich auf seine Leistungsfähigkeit in der Examensprüfung auswirken können. Ebenso sehe er seine Chancengleichheit im Vergleich zu näher an Düsseldorf wohnenden Prüflingen gefährdet, die entspannter anreisen könnten.

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(Theoretisch) pünktliche Ankunft nach Fahrplan

Nach Ansicht der Mindener Richter war die Übernachtung des Referendars nicht notwendig im Sinne des LRKG. Die Anreise des Klägers war verkehrstechnisch und organisatorisch mit regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln, auf die vorrangig zurückzugfreifen ist, möglich. Das Land NRW habe in seinem Bescheid über die Ablehnung der Erstattung der Reisekosten zutreffend dargelegt, dass der Kläger um 6:41 Uhr einen Zug von Bielefeld nach Dortmund hätte nehmen können. Dort habe er fünf Minuten zum Umsteigen gehabt, um um 8:25 Uhr den Düsseldorfer Hauptbahnhof erreichen zu können. Selbst mit einem Fußweg von etwa einer Viertelstunde wäre der Kläger immer noch vor 8:45 Uhr am LJPA angekommen. Das Gericht weist außerdem darauf hin, dass auch bei Verpassen des Anschlusses in Dortmund noch eine alternative Verbindung bestanden hätte, die um 8:37 am Düsseldorf HBF angekommen wäre. Mit der U-Bahn hätte der Referendar es dann immer noch kurz vor 8:45 Uhr an den Prüfungsort geschafft.

Warum nicht einfach Taxifahren?

Auch sei der Reiseantritt ab sechs Uhr morgens am Prüfungstag zumutbar gewesen. Das einschlägige Reisekostenrecht unterscheide nicht zwischen wichtigeren und weniger wichtigen Dienstreisen. Außerdem stellt sich nach Ansicht der Richter das Problem der Teilnahme an der Prüfung für alle Prüflinge in mehr oder weniger gleichem Maße. Nur selten komme es vor, dass ein zu prüfender Referendar in unmittelbarer Nähe zum LJPA seinen Wohnsitz habe. Ab welcher Zeitspanne die Belastung für Prüflinge möglicherweise unzumutbar ist, lasse sich objektiv nicht bestimmen. So sei es nicht zu beanstanden, wenn das Reisekostenrecht von einer Zumutbarkeit des Reiseantritts um sechs Uhr ausgeht. Zwar erkannten die Richter an, dass der Kläger die Dienstreise "ohne große zeitliche Sicherheit" hätte antreten müssen. Doch die Tatsache, dass ihm mehrere Verbindungen zur Auswahl standen, wiege dies wieder auf. Außerdem sei eine Taxifahrt zur zusätzlichen Zeitersparnis ab Düsseldorf Hauptbahnhof eine weitere Option gewesen. Auch sei die Zeit zwischen dem Ladungstermin um 8:45 Uhr und dem eigentlichen Gespräch ab 9:00 Uhr als "zeitlicher Puffer" zu verstehen, den das LJPA eingeplant habe.

Bei Verspätung einfach anrufen

Den Wunsch des Klägers, so rechtzeitig anzureisen, dass etwaige Verzögerungen bei der Anreise nicht zu einem verspäteten Antritt des Dienstgeschäftes führen, konnte das Gericht nachvollziehen. Es sei der Kammer durchaus bewusst gewesen, dass ein reibungsloser zeitlicher Ablauf nicht nur für den Kläger und die Beklagte, sondern auch für die anderen Prüfungskandidaten von erheblicher Bedeutung ist. Dies bedeute indes nicht, dass dem Kläger die Anreise erst am Prüfungstag nicht zugemutet werden konnte. Denn selbst bei einer Verspätung des öffentlichen Personenverkehrs hätte er das LJPA informieren und dann das weitere Vorgehen abwarten können. Damit wäre er nach Auffassung des Gerichts entschuldigt gewesen und ohne Nachteil verspätet am Prüfungsort angekommen.

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