BGH zur Schlüsselklausel in Versicherungsverträgen

Ein teures Ver­sehen

von Leonie OttLesedauer: 2 Minuten

Wer nicht gut auf seinen Schlüssel aufpasst, bei dem muss die Hausratversicherung nicht für einen Einbruchschaden aufkommen. Dies entschied der BGH in einem Fall zum AGB-Recht, der potenzielles Material fürs Examen sein könnte.

Das klagende Einbruchsopfer bleibt nach der Entscheidung des Bundesgerichtsgerichtshof (BGH) auf einem Schaden in Höhe von über 64.000 Euro sitzen. Bei einem Wohnungseinbruch hatten Unbekannte bei ihm Bargeld und Wertsachen entwendet. Der bestohlene Mann verklagte daraufhin seine Hausratversicherung auf Zahlung - und verlor nun (Urt. v. 05.07.2023, Az. IV ZR 118/22).

Der Mann hatte angegeben, dass ihm aus seinem Firmenauto eine Aktentasche gestohlen worden sei, in der sich Rechnungen mit seiner Adresse sowie ein Schlüsselbund mit Wohnungs- und Tresorschlüsselbefunden hätten. In Folge drangen Einbrecher in seine Wohnung ein und öffneten auch den Safe.

Dass das Auto, in dem die Schlüssel lagen, selbst verschlossen war, konnte der Mann nicht beweisen. Die Vorinstanzen hatten entsprechend ein fahrlässiges Verhalten durch das Einbruchsopfer gesehen und seine Klage abgewiesen. Wegen einer Fahrlässigkeitsklausel im Versicherungsvertrag hatten die Gerichte im Ergebnis einen Anspruch gegen die Versicherung verneint. 

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Wie ein Lehrbuchfall aus dem AGB-Recht

Vor dem BGH ging es nun um die Frage, ob die entscheidende Ausschlussklausel im Versicherungsvertrag wirksam ist. Die "erweiterte Schlüsselklausel", wie sie oft in solchen Verträgen zu finden ist, in der Hausratversicherung des Mannes nimmt einen Einbruchdiebstahl – und damit einen Versicherungsfall – an, wenn der Täter in einen Raum eines Gebäudes mittels richtiger Schlüssel eindringt, die er ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers durch Diebstahl an sich gebracht hat. Knackpunkt des Falles war nun, ob die Fahrlässigkeitsregelung den Vorschriften für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) entspricht.

Der BGH entschied jetzt, dass es sich bei der Klausel um eine primäre Leistungsbeschreibung gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handelt, die nicht der Inhaltskontrolle unterliegt. 

Das ist schönes Examensmaterial: Vertragliche Regelungen, die die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen, werden nämlich nicht inhaltlich kontrolliert, weil es keine gesetzlichen Regeln als Kontrollmaßstab gibt. Zur Abgrenzung: Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, unterfallen dagegen der Inhaltskontrolle. 

Der BGH musste also begründen: Wieso handelt es sich bei der Farhlässigkeitsausnahme um eine Leistungsbeschreibung, die den Inhalt des Vertrags wesentlich bestimmt, und nicht um eine Einschränkung der versprochenen Versicherungsleistung?

Als Maßstab zog der BGH die Perspektive des durschnittlichen Versicherungsnehmers heran. Dieser verstünde unter einem "Einbruchdiebstahl" nicht den Diebstahl mittels eines zuvor entwendeten echten Schlüssels. Den Entscheidungsgründen zufolge unterscheidet sich der Laien-Sprachgebrauch an dieser Stelle von dem juristischen Straftatbestand. Der Duden definiere "Einbrechen" als gewaltsames Eindringen.

Dem BGH zufolge ergänzt die Schlüsselklausel damit das Leistungsprogramm nur, schränkt es aber nicht ein. Deshalb sei die Norm von den Gerichten nur auf hinreichende Transparenz zu kontrollieren. Gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstoße die Klausel aber nicht, weil "fahrlässiges Verhalten" ausreichend verständlich sei. Die Klage des Mannes gegen seine Versicherung auf Zahlung sei damit abzuweisen.

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