Erst mal schützend vor den Mitarbeiter
Kündigt ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter, weil andere Beschäftigte ihn unter Androhung etwa von eigenen Kündigungen dazu auffordern, so kann darin eine so genannte Druckkündigung liegen. Diese kann durchaus rechtlich erlaubt sein, unterliegt aber hohen Anforderungen, entschied das Bundesarbeitsgericht (z.b. BAG, Urt. v. 15.12.2016, Az. 2 AZR 431/15). Druck ausübende Dritte können dabei z.B. andere Mitarbeiter, aber auch der Betriebsrat, eine Aufsichtsbehörde oder Kunden sein.
Eine Druckkündigung liegt etwa vor, wenn eine Bank einigen Mitarbeitern auf Verlangen der New Yorker Finanzaufsichtsbehörde (NYDFS) kündigt, weil diese Bank durch eine Maßnahme der Aufsichtsbehörde gezwungen wird, die Arbeitsverhältnisse zu beenden. Eine „echte“ Druckkündigung ist es auch, wenn ein Mitarbeiter gegenüber einem Kunden gewalttätig wird und dieser sodann die Geschäftsverbindung lösen bzw. kündigen will, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter nicht kündigt.
Von der "echten" Druckkündigung zu unterscheiden ist die „unechte“ Druckkündigung: Wenn also zum Beispiel ein Mitarbeiter wiederholt seine Kollegen beleidigt und diese dann den Arbeitgeber zur Kündigung des beleidigenden Mitarbeiters auffordern. Letztlich wird in diesem Fall also die Kündigung wegen der andauernden Beleidigungen durch den Mitarbeiter ausgesprochen und nicht vorrangig durch den Druck der Kollegen. Die Wirksamkeit einer solchen Kündigung ist dann nach den Regelungen für eine verhaltensbedingte Kündigung zu beurteilen.
Schützend vor den Mitarbeiter
Grundlegende Voraussetzung für eine wirksame Druckkündigung ist, dass der Druck nicht vom Arbeitgeber selbst veranlasst worden sein darf. Die Dritten müssen ausdrücklich die Entlassung des Mitarbeiters fordern. Es ist für eine Druckkündigung nicht ausreichend, wenn sich der Dritte auch damit zufriedengibt, dass der Mitarbeiter nur zurechtgewiesen wird.
Eine echte Druckkündigung darf nach der Rechtsprechung nur als allerletztes Mittel in Betracht kommen. Dies folgt aus dem sog. ultima-ratio-Prinzip. Die Kündigung muss praktisch das einzig in Betracht kommende Mittel sein, um die drohenden schweren Schäden abzuwenden.
Vorher muss sich der Arbeitgeber schützend vor den betroffenen Mitarbeiter stellen. Dies muss er deutlich und ernsthaft machen und es erfordert ein (nachweisbares) aktives Handeln. Er kann hierfür z.B. ein Mitarbeitergespräch führen. Darin muss er deutlich machen, dass aus seiner Sicht kein objektiver Anlass für eine Kündigung gegeben ist. Er kann ferner ein Mediationsverfahrens mit den betroffenen Mitarbeitern oder auch dem Kunden durchführen. Bringt beides nichts, kann der Arbeitgeber auch versuchen, eine anderweitige Beschäftigung für den betroffenen Mitarbeiter im Betrieb zu finden, die damit einhergehenden Nachteile hat der Mitarbeiter hinzunehmen.
Abwendung drohenden schweren Schadens
Erst wenn nichts mehr hilft und der Druck nachweislich weiterhin besteht, darf der Arbeitgeber eine Druckkündigung aussprechen. Dabei müssen ihm allerdings nachweisbare schwere (wirtschaftliche) Schäden drohen, die er durch die Kündigung abwenden will. Einfache Störungen reichen nicht aus.
Schwere Schäden können z.B. vorliegen, wenn die übrigen Mitarbeiter Streiks androhen, sollte der Mitarbeiter weiter beschäftigt werden. Auch hier muss der Arbeitgeber die Mitarbeiter aber vorher zur Arbeitsaufnahme aufgefordert und ihnen deutlich gemacht haben, dass ein Streik rechtswidrig wäre und Abmahnungen oder Gehaltskürzungen angedroht haben. Wenn dann durch die fortwährende Drohung die (teilweise) Betriebsstilllegung weiterhin droht, kann dies einen schweren Schaden darstellen.
Wenn ein Kunde droht, Aufträge zu entziehen und / oder Lieferungen einzustellen sowie die wichtige Geschäftsverbindung zu lösen, kann auch das ein schwerer Schaden sein. Manchmal sind diese Drohungen bereits Inhalt der Lieferrichtlinien. Schwere (wirtschaftliche) Schäden können auch der Boykott von Kunden, der Entzug der Konzession und die Untersagung der Gewerbeausübung sein.
An die Rechtmäßigkeit sog. Druckkündigungen knüpft die Rechtsprechung also regelmäßig hohe Anforderungen. Erst wenn diese gerichtlich nachweisbar vorliegen, kann eine solche Kündigung vor Gericht standhalten. Für den Arbeitgeber ist es daher in der Praxis wichtig, sich alle Vorgänge zu notieren und nachweisbare Fakten zu schaffen.
Dr. Sarah Reinhardt-Kasperek, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Partnerin, Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München
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2020 M12 14
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