"Die Scheu überwinden"
Eine Stelle als studentische Hilfskraft oder als Promovend, die Vermittlung eines Praktikumsplatzes, ein Gutachten für die Bewerbung um ein Stipendium oder ein Auslandsstudium: Es gibt verschiedene Anlässe, bei denen es sich lohnt, jemanden zu kennen, der einem weiterhelfen kann. Wer im Studium bereits eine gute Beziehung zu einem Professor oder einer Professorin aufgebaut hat, kommt hier oft einfacher zum Ziel. Aber wie stellt man es an, Kontakte zu Dozierenden zu knüpfen?
An einer Massenuniversität wie Köln oder München ist dies sicher schwieriger als an kleinen Rechtsfakultäten. Aber die Vorgehensweise ist ähnlich: "Die meisten unterschätzen das Interesse der Lehrenden an einer fachlichen Diskussion mit den Studierenden", meint Prof. Dr. Tobias Helms, Studiendekan des Fachbereichs Rechtswissenschaften an der Universität Marburg. "Daher rate ich den Studierenden, ihre Scheu zu überwinden und sich von Anfang an in den Lehrveranstaltungen aktiv einzubringen – auch wenn die Zahl der Teilnehmenden groß ist." Marburg gehört mit jährlich bis zu 250 Erstsemestern zu den mittelgroßen Rechtsfakultäten in Deutschland. "Da kenne ich natürlich nicht jeden aus meiner Vorlesung – aber doch mehr als viele glauben. Manche wundern sich, wenn ich sie in der Stadt grüße", berichtet Tobias Helms.
Wichtig: Interesse zeigen
Damit es nicht beim reinen "vom Sehen kennen" bleibt, empfiehlt es sich für Studierende, immer mal wieder auf sich aufmerksam zu machen. Wie man das anstellt, erklärt Prof. Dr. Christian Tietje vom Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Europarecht und Internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Halle, die eine vergleichsweise kleine Rechtsfakultät hat: "Man kann zum Beispiel in den Vorlesungen auf Fragen der Dozierenden antworten, sich an Diskussionen beteiligen oder in Pausen oder nach der Veranstaltung auf den Professor zugehen, um eine Frage zu klären oder kurz über einen speziellen Aspekt der Vorlesung zu sprechen." Auch außercurriculare Veranstaltungen wie Vorträge oder Podiumsdiskussionen eignen sich, um mit einem oder einer Dozierenden in Kontakt zu kommen. "Wichtig ist vor allem, Interesse zu zeigen. Damit fällt man auch auf", sagt Christian Tietje.
Wer konkrete Fragen etwa zur Studienorganisation, zur Hausarbeit, zum Schwerpunktfach oder zur Examensvorbereitung hat, kann natürlich auch die Sprechstunden nutzen, die viele Lehrende anbieten. "Hier könnten Studierende gern mutiger sein und sich häufiger mit ihren Anliegen an die Professoren wenden", wünscht sich Tobias Helms. Nach Terminvereinbarung sind die meisten gern bereit zu helfen. Oder ihre Tür steht, wie bei Christian Tietje, ohnehin jederzeit offen.
Veranstaltungen der Fachschaft besuchen
Lisa Merk, Vorstand der Fachschaft Jura an der Universität Mainz, weiß, wie wichtig eine gute Beziehung zwischen Lehrenden und der Studierendenschaft ist: "Wir wollen, dass sich unsere Studierenden gut mit den Professoren verstehen. Denn wenn die Lehrenden merken, dass die Studierenden echtes Interesse zeigen, gestalten sie ihre Vorlesungen auch interessanter", so ihre Erfahrung. Für Veranstaltungen der Fachschaft lädt sie am liebsten Professoren ein, die sie kennt und von denen sie weiß, dass sie Spaß an der Lehre haben.
"Es schmeichelt und motiviert uns natürlich mehr, solch einer Einladung zu einer Podiumsdiskussion, einem Fachbeitrag oder der Mitarbeit bei einem Mootcourt zuzusagen, wenn wir merken, dass keine Masseneinladungen verschickt wurden, sondern wir gezielt angefragt wurden", ergänzt Tobias Helms aus Marburg. Neben ihrer Fachschaftsarbeit ist Lisa Merk als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl tätig. "Ich kannte den Professor aus Vorlesungen und bin letztlich über seine Mitarbeiterin zu der Stelle gekommen. Andere wurden auch eingestellt, nachdem sie in den Vorlesungen positiv aufgefallen sind, weil sie sinnvolle Fragen gestellt haben."
"Neugierde ist kein Einschleimen"
Echtes Interesse an juristischen Themen zu zeigen ist also das A und O, um aufzufallen. Dabei geht es in erster Linie gar nicht darum, Vorteile aus seinem Kontakt zu einem Professor schlagen zu wollen. "Wer sich nur fragt, was ihm der nähere Kontakt zu einem Lehrenden bringen soll, kann es gleich bleiben lassen", lautet das Fazit von Christian Tietje. "Man sollte neugierig sein, ohne sich vorzudrängen. Und das hat nichts mit 'Einschleimen' zu tun – solch ein rein zweckgebundenes Vorgehen bemerken Professoren sehr schnell.
"Vielmehr sollten Studierende Interesse an der akademischen Gemeinschaft in einer Universität zeigen – und dazu gehören eben nicht nur die Mitstudierenden, sondern auch das Lehrpersonal. "Nicht zuletzt wirken sich gute soziale Beziehungen zu den Professoren auch auf die Studienatmosphäre aus", ist Tobias Helms überzeugt. "Ein angenehmes Lernumfeld motiviert nicht nur die Lehrenden, interessante Veranstaltungen anzubieten, sondern erhöht auch für die Studierenden den Spaß am Lernen." Eine Win-win-Situation für beide Seiten.
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