Jura-Slam des DAV

Recht spre­chen mal anders

von Marcel SchneiderLesedauer: 4 Minuten
Zehn Minuten für die möglichst verständliche und unterhaltsame Präsentation eines juristischen Themas, den Gewinner bestimmt der lauteste Applaus – das ist der Jura-Slam. Wie und wo man mitmacht und welche Tipps die Vorrundengewinner geben.

Dass es nach Poetry- und Science-Slams irgendwann auch Jura-Slams geben würde, war abzusehen. Schließlich müssen gerade Juristen Sachverhalte und rechtliche Probleme verständlich erklären und dabei sicher mit der Sprache umgehen können. Dass sich aber der etablierte Deutsche Anwaltverein (DAV) für die bundesweite Ausrichtung eines solchen Formats engagieren würde, war weniger vorhersehbar. Die Berliner wollen mit der Ausrichtung den juristischen und insbesondere den Anwaltsnachwuchs fördern. Zugegeben: Zum diesjährigen Jura-Slam-Finale am 28. November in der Bundeshauptstadt werden sich nach aktuellem Stand "nur" fünf Vorrundengewinner um die 500 Euro Preisgeld streiten, bei den deutschen Poetry-Slam-Meisterschaften sind es regelmäßig über 100 Teilnehmer im Einzelwettbewerb. Die gibt es dafür aber auch schon seit über 20 Jahren, der DAV-Jura-Slam findet in diesem Jahr erst zum zweiten Mal statt. Die ersten Vorentscheide in Freiburg, Bielefeld, Münster und Bayreuth sind bereits im Juli gelaufen, die Runde in Hannover findet im Oktober statt. Mit diversen Partnern wie Fachschaften, Kanzleien, Debattierclubs oder auch den Universitäten organisiert der DAV die Räumlichkeiten und Moderation für die örtlichen Wettbewerbe. Wer einen davon gewinnt, erhält von den Berlinern das Geld für Anreise und Übernachtung in der Hauptstadt zurück. Für den schmalen Geldbeutel – die meisten Teilnehmer sind Studenten – entsteht also auch ohne Finalgewinn kein Minusgeschäft. Mitmachen können aber auch Referendare und Anwälte bis 40 Jahre.

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Humor in den Rechtswissenschaften…

Eigentumsverhältnisse an Pfandflaschen beim Erwerb von Getränken in ebendiesen (Bundesgerichtshof, Urt. v. 09.07.2007, Az. II ZR 233/05) – ja, das klingt nicht gerade wie ein Thema, das Begeisterungsstürme in den meist gemischten Slam-Zuhörerschaften auslöst. Aber Samuel Schrepfer hat damit den Vorentscheid in Bayreuth gewonnen. Nicht etwa, weil die im Publikum anwesenden Juristen sowieso nichts von Humor verstanden hätten, sondern, weil er das Thema entsprechend präsentiert hat: "Im Prinzip habe ich eine Fallbesprechung gehalten – nur eben mit humoristischem Einschlag. Damit das klappt, muss man ein Thema finden, das Juristen wie Nichtjuristen anspricht, weil sie im Alltag damit zu tun haben – und dafür ist der Pfandflaschen-Fall bestens geeignet", erklärt der 20-Jährige seine Wahl. Alternativ bieten sich auch ausgefallene Themen an, wie Norman Weitemeiers Vorrundensieg zeigt. Der Jurastudent im fünften Semester hat sich in Münster mit einem Kurzvortrag über Verträge über Leistungen im Bereich der Magie und Wahrsagerei gegen fünf Konkurrenten durchgesetzt. Seine Vorstellung hielt er mit Zettel in der Hand – nicht unüblich bei Poetry-Slams und auch beim DAV-Jura-Slam absolut legitim. Weitemeier hat wie Schrepfer auf eine humorige Performance gesetzt, kann aber von einer Konkurrentin berichten, die "gezielt mit rhythmischen Mitteln gearbeitet hat, um ihren Vortrag unterhaltsam aufzuwerten." Unabhängig von der Art des Vortrags lautet sein wichtigster Tipp: "Man muss die Scheu ablegen, sich einfach mal vorne hinzustellen und selbstbewusst aufzutreten" – also genau das, was man später als Jurist und insbesondere Anwalt sowieso häufig tun müsse. Mit dem passenden Thema, von dem man selbst überzeugt ist, komme der Mut aber fast von allein.

Bitte klatschen?

Wie gehen ausgerechnet Juristen damit um, dass es der lauteste Applaus ist, aufgrund dessen der DAV die Gewinner vom Publikum küren lässt? Schrepfer winkt ab: "Der Jura-Slam ist ein friedlicher Wettbewerb, manchmal kennen sich die Teilnehmer sogar. Da hat sich bisher niemand betrogen gefühlt, weil er glaubte, das Publikum habe für ihn lauter geklatscht als für den Konkurrenten." Mit dem Schallpegelmesser sitzt also niemand bei der Wahl des Siegers zwischen den Zuhörern. Das Publikum in Bielefeld hat sich aber in diesem Jahr aber genau wie die Münsteraner Zuhörer in Grüppchen aufgeteilt, die jeweils Punkteschilder von eins bis zehn erhielten. Nach einer Beratungszeit hielten sie die jeweilige Bewertung hoch, der Slammer mit der höchsten Gesamtpunktzahl war dann Sieger – in diesem Fall Robert Bommel, der auch im Vorjahr die Erstauflage des lokalen Jura-Slams in Bielefeld gewann. Der 27-Jährigel arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Kanzlei, ist aber davon überzeugt, dass auch Neulinge aus den ersten Semestern gute Chancen haben. Natürlich sei ein Fünftsemester weiter als ein "Ersti" und bei allem Spaß wolle sich niemand fachlich blamieren, so der Finalist. Themenwahl und Performance seien aber die zentralen Aspekte, mit denen man das Publikum für sich gewinne. Schließlich gehe es ja gerade darum, "mal aus dem engen Korsett der Juristerei" auszubrechen – und da bekommt Rechtsprechung im Rahmen des DAV-Jura-Slams mal eine ganz andere Bedeutung.

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