Was ist Wahrheit? Die Frage beschäftigt Philosophen, Theologen sowie Juristen seit Jahrhunderten. Jetzt widmet die Initiative "Christ & Jurist" dieser Fragestellung einen ganzen Kongress, der vom 16. bis 18. Mai 2014 in München stattfinden wird.
Schirmherren der Veranstaltung sind der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Johannes Singhammer, sowie der ehemalige Landesbischof Dr. Johannes Friedrich. Auch der Bayerische Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback hat sein Kommen angekündigt. Worum es bei dem Kongress geht, erklärt der Münchner Rechtsanwalt Dr. Patrick Menges Vorsitzender von Christ & Jurist.
Herr Dr. Menges, Sie sind als Rechtsanwalt vor allem im Steuerrecht tätig. Hier kommt es immer öfter zu spektakulären Enthüllungen. Über den Steuerprozess gegen Uli Hoeneß wurde in allen Medien ausführlich berichtet. Welchen Umgang mit der Wahrheit erleben Sie in Ihrem Berufsalltag?
Dr. Patrick Menges: Da gibt es diejenigen, die selbst ihrem Anwalt und Steuerberater nicht alles mitteilen und bei denen um jeden Preis der eigene Profit im Vordergrund steht. Aber kurzfristige Gewinne durch ein Verschweigen der Wahrheit rächen sich nach einiger Zeit oft äußerst unangenehm, wie der Fall Hoeneß zeigt. Genauso gibt es aber auch diejenigen, die offen und ehrlich sind und sagen "Ich möchte ruhig schlafen können." Die zweite Gruppe überwiegt in meinem Berufsalltag deutlich.
Doch nicht alles ist schwarz-weiß. Sowohl der Sachverhalt, als auch das geltende Recht lassen sich in der Praxis oft unterschiedlich auslegen.
Es gibt also gar nicht die eine Wahrheit vor Gericht?
Dr. Patrick Menges: Leider nicht. Was wir für wahr halten, ist häufig stark subjektiv geprägt. Denken Sie außerdem an das sogenannte Recht zur Lüge in manchen Konstellationen des Arbeitsrechts, z.B. bei der Frage nach einer Schwangerschaft im Bewerbungsgespräch. Wie soll es in einem Prozess um die eine absolute Wahrheit gehen, wenn diese nicht einmal aufgedeckt werden darf?
Hinzu kommen generelle Schwierigkeiten bei der Wahrheitsfindung, wie Beweisprobleme, unangemessen hohe Kosten einer Sachverhaltsermittlung und vieles mehr. Nicht selten bleibt vor Gericht einfach Aussage gegen Aussage stehen. Auch Zeugen, die gar nicht bewusst lügen, widersprechen sich oft. Manchmal sucht die Praxis daher nach Alternativen. Das können Verfahrensabsprachen vor dem Strafgericht sein, die sogenannten "Deals", oder Streitschlichtungen im Wege der Mediation. In diesen Fällen tritt die Suche nach der einen, objektiven Wahrheit ebenfalls in den Hintergrund.
"Bemühen um Wahrhaftigkeit gehört zu meinem Selbstverständnis"
Das klingt ernüchternd. Wie halten Sie es dann mit der Wahrheit?
Dr. Patrick Menges: Wie jedes der 10 Gebote möchte ich auch das 8. Gebot: "Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider Deinen Nächsten" als gute und wichtige Richtschnur für mein Leben ernst nehmen. Soweit es mir möglich ist, bemühe ich mich beruflich wie privat immer um Wahrhaftigkeit. Das fängt zum Beispiel damit an, dass ich meine Sekretärin nie bitte, am Telefon zu sagen, ich sei nicht da, wenn das nicht stimmt. So verstehe ich meine berufliche Stellung als "Organ der Rechtspflege", wie es die Bundesrechtsanwaltsordnung bezeichnet (§ 1 BRAO). In diesem Sinne möchte ich auch den von mir vertretenen Mandanten helfen, ihren Erklärungs- und Wahrheitspflichten nachzukommen. Das schließt natürlich nicht aus, auch ein Recht zu Schweigen in Anspruch zu nehmen, das vor allem im Strafrecht verfassungsrechtlich garantiert ist.
Nach dem Thema Gerechtigkeit vor zwei Jahren veranstaltet Christ & Jurist nun einen Kongress zur Wahrheit. Was versprechen Sie sich davon?
Dr. Patrick Menges: Schon bei unserem letzten Kongress zur Gerechtigkeit haben wir gemerkt, dass dieses Thema ganz eng verknüpft ist mit dem Thema Wahrheit. Oftmals setzt ein gerechtes Urteil voraus, dass zunächst der wahre Sachverhalt ermittelt wird. Umgekehrt kann es vorkommen, dass nur ein Teil der Wahrheit bewiesen werden kann und der übrige Teil daher unberücksichtigt bleiben muss. Dann beruht das Urteil mehr auf prozessualen Gründen, als auf der Wahrheit. Kann das gerecht sein? Sie sehen: Gerechtigkeit und Wahrheit hängen zusammen. Außerdem sind beides zentrale Begriffe unseres Berufsalltags, über die man aber weder in der Ausbildung, noch in der Praxis häufig nachdenkt. Deshalb wollen wir uns auf dem Kongress grundlegend und näher damit beschäftigen.
Aber der Wahrheitsbegriff wurde bereits unzählige Male definiert, interpretiert und auch missbraucht...
Dr. Patrick Menges: …da baut sich natürlich ein Spannungsfeld auf. Aus christlicher Sicht wird die Bedeutung von Wahrheit noch durch die Aussage von Jesus Christus verstärkt: "Ich bin die Wahrheit". Als Christen und Juristen wollen wir daher auf dem Kongress überlegen und ins Gespräch darüber kommen, was das für uns bedeutet. Das Thema Wahrheit gerät im heutigen Umgang miteinander einfach zu oft in Vergessenheit.
Referenten aus Philosophie und Theologie bereichern Kongress
Neben den beiden Schirmherren haben Sie weitere hochkarätige Referenten gewinnen können. Wird der Kongress das Geheimnis um die Wahrheit lüften?
Dr. Patrick Menges: Wir haben einige renommierte Fachleute als Referenten gewinnen können. Dabei war es uns wichtig, das Thema nicht nur aus juristischer Perspektive zu betrachten. Deshalb werden neben Juristen auch zwei Professoren aus den Bereichen Philosophie und Theologie referieren und das Kongressthema aus ihren Blickwinkeln beleuchten. Daneben bieten wir zahlreiche Workshops an, um in überschaubaren Gruppen einen bestimmten Aspekt weiter zu vertiefen. Auf jeden Fall wird sich dadurch für jeden Teilnehmer persönlich das Geheimnis um die Wahrheit ein Stück lüften. Ich bin überzeugt, dass alle Teilnehmer wichtige Impulse für ihren eigenen Berufsalltag mitnehmen werden.
Was ist das Anliegen der Initiative "Christ und Jurist" und welche Aktivitäten organisieren Sie?
Dr. Patrick Menges: Unserer Initiative haben sich Christen verschiedener Konfessionen zusammengeschlossen, die einen juristischen Beruf erlernen, ausüben oder ausgeübt haben. Wir veranstalten insbesondere bundesweite Wochenendtagungen und bieten Regionaltreffen an, auf denen die Teilnehmer über juristische, theologische, philosophische und soziologische Hintergründe ihres Berufslebens diskutieren. Besonders wichtig ist uns dabei die Verbindung zwischen theoretischer Reflexion und praktischer Umsetzung in unserem Berufsalltag. Kurz gesagt: Wir wollen Menschen in juristischen Berufen ansprechen, die ihr Christsein nicht am Sonntag nach dem Gottesdienst enden lassen wollen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Mehr Informationen zur Veranstaltung unter www.christ-jurist.de/kongress
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Kongress der Initiative "Christ & Jurist": . In: Legal Tribune Online, 14.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11688 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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