Ein ehemaliger Geschäftsführer der Maple Bank hat Cum-Ex-Manipulationen gestanden. Der Seegerichtshof soll ein Gutachten im Auftrag kleiner Inselstaaten erstellen. Die US-Regierung strengte ein Kartellrechtsverfahren gegen Google an.
Thema des Tages
LG Frankfurt/M. – Cum-Ex/Maple Bank/Ulf Johannemann: Hagen W., ein ehemaliger Geschäftsführer der Maple Bank, hat im Prozess wegen schwerer Steuerhinterziehung vor dem Landgericht Frankfurt/M. ein Geständnis über seine Beteiligung an illegalen Cum-Ex-Geschäften abgelegt. "Bei Anwendung des gesunden Menschenverstandes hätte ich erkennen müssen, dass eine doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer nicht gewollt sein konnte", sagte W. ". Zugleich belastete er seinen Mitangeklagten, den ehemaligen Freshfields-Anwalt Ulf Johannemann, der in Gutachten die Deals als legal dargestellt hatte. "Wir hätten die Geschäfte ohne die Gutachten nicht durchgeführt, sie haben uns in einer falschen Sicherheit gewogen." FAZ und LTO berichten.
Rechtspolitik
Gesetze in eigener Sache: Rechtsprofessor Arne Pilniok schreibt auf dem Verfassungsblog über Entscheidungen des Parlaments "in eigener Sache" und wie mit hieraus entstehenden Kotrolldefiziten umzugehen ist. Wichtige Instrumente seien neben der Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht die ausreichende Dauer von Gesetzgebungsverfahren und die Einrichtung unabhängiger Kontrollgremien.
Cannabis/Vorratsdatenspeicherung: Im Gespräch mit der FAZ (Daniel Deckers) kritisiert der hessische Justizminister Roman Poseck (CDU) die geplante Teillegalisierung von Cannabis. Sie werde den Schwarzmarkt nicht verringern, weil Jugendliche nach wie nicht legal Cannabis kaufen können. Der Zugriff auf die Hintermänner der Organisierten Kriminalität werde erschwert. Außerdem fordert Poseck die Einführung der Vorratsdatenspeicherung für IP-Adressen, um Kinderpornografie im Internet aufzuklären.
Justizministerin Thüringen: Die FAZ (Stefan Locke) portraitiert die Justizministerin Thüringens Doreen Denstädt (Grüne). Die Polizistin habe "politisch eine Blitzkarriere hingelegt". Neben der Nachwuchssicherung in der Justiz sei die Migration das für sie komplizierteste Thema.
Justiz
BVerfG – Tübinger Verpackungssteuer: Nun berichtet auch LTO, dass eine McDonald's-Franchise-Nehmerin aus Tübingen Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Zulässigkeit der Tübinger Verpackungssteuer auf Einwegbecher und Essensverpackungen erhoben hat. Näheres zur juristischen Argumentation sei noch nicht bekannt.
BAG zu Profifußballverträgen und Corona: Rechtsanwältin Alexandra Henkel bespricht im Expertenforum Arbeitsrecht ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Mai, wonach die Mindestanzahl von Einsätzen in sogenannten Verlängerungsklauseln von Profi-Fußball-Verträgen nicht infolge der COVID-19-Pandemie herabgesetzt werden muss. Ein solcher Anspruch lasse sich weder aus ergänzender Vertragsauslegung noch aus einer Störung der Geschäftsgrundlage herleiten, so das Gericht.
LG München I – Ex-Wirecard-Chef Braun: Die SZ (Stephan Randomsky) berichtet über die Aussagen der Ex-Wirecard-Aufsichtsrätin Vuyiswa M’Cwabeni im Prozess um den Finanzdienstleister Wirecard. Nach ihrer Aussage sollen Sitzungen des Aufsichtsrates "nicht ordentlich geplant und vorbereitet" gewesen sein. Es habe einen Mangel an Informationen gegeben, was eine Kontrolle des Vorstandes erschwert habe.
LG Berlin zu Abou-Chaker/Bushido wg. Management: Nun berichtet auch LTO (Franziska Kring) über das Urteil des Landgerichts Berlin, nach dem Arafat Abou-Chaker gegen Anis Ferchichi alias Bushido keinen Anspruch auf Vergütung von Managementtätigkeiten hatte, weshalb er an den Rapper 1,8 Millionen Euro zurückzahlen muss.
SG München zu Arbeitsunfall beim Baumfällen: Das Sozialgericht München hat entschieden, dass der Unfall eines Forstwirts beim Baumfällen auf seinem Hof als Arbeitsunfall betrachtet werden kann, obwohl sich der Vorfall außerhalb des Waldes ereignete. Das Gericht sah entgegen der Einschätzung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft einen engen Zusammenhang zwischen den Baumfällarbeiten und dem forstwirtschaftlichen Betrieb als gegeben an. LTO berichtet.
AG München zu Ticketbetrug: Das Amtsgericht München verurteilte einen Mann, der über einen Zeitraum von zwei Jahren 810 Tickets der Deutschen Bahn mit betrügerisch erlangten Kreditkarten bezahlt hatte, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten. Wie LTO berichtet, hatte der Verurteilte die Tickets teilweise selbst genutzt, größtenteils aber gewinnbringend weiterverkauft, wodurch der Deutschen Bahn ein Schaden in Höhe von 34.000 Euro entstand.
Verteidigerkorrespondenz: Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) protestiert gegen die vermehrte Praxis der Staatsanwaltschaften, vertrauliche Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant einzusehen, und hat die Justizministerinnen und -minister der Länder in einem Brandbrief dazu aufgefordert, diese Entwicklung zu stoppen. Die BRAK sieht darin einen Verstoß gegen das Recht der Beschuldigten und ihrer Verteidiger auf Vertraulichkeit sowie das Recht auf eine effektive Verteidigung und ein faires Verfahren. LTO berichtet.
Recht in der Welt
ITLOS/Inselstaaten – Klimaschutz-Gutachten: Eine Gemeinschaft aus neun besonders vom Klimawandel betroffenen Inselstaaten hat vor dem Internationalen Seegerichtshof in Hamburg ein Gutachten zur Klärung der Frage beantragt, welche Klimaschutzverpflichtungen sich aus dem Internationalen Seerechts-Übereinkommen der UN ergeben. spiegel.de berichtet.
USA – Google/Kartellrecht: Die US-Regierung hat Google in einem Kartellverfahren vor Gericht gebracht, um die Stellung des Suchmaschinenanbieters auf dem Markt zu prüfen, insbesondere seine Deals mit Smartphone-Herstellern wie Apple und Samsung. Wie die SZ und das HBl berichten, steht im Mittelpunkt des Verfahrens die Frage, ob Google seine Marktmacht missbraucht, um Konkurrenten zu benachteiligen und seine eigene Position zu sichern.
Israel – Justizreform: Peter Münch (SZ) kommentiert die am heutigen Dienstag geplante Anhörung vor dem Obersten Gericht in Israel, in der über die Streichung der so genannten Angemessenheitsklausel durch das israelische Parlament verhandelt wird. Es drohe "eine Frontstellung zwischen Exekutive und Judikative." Die Reform habe "jetzt schon Zwietracht gesät auf allen Seiten", sodass die israelische Demokratie wie auch der israelische Staat in Gefahr seien. Einzige Lösung sei eine Abkehr der Regierung von der Justizreform.
Das Hbl (Pierre Neumann) berichtet in diesem Zusammenhang über die Kritik des ehemaligen israelischen Regierungschefs Ehud Barak an der Justizreform, die er als "kalten Putsch" bezeichnet. Die Regierung handele "illegal"; jeder Bürger habe deshalb nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, gewaltfrei gegen das Vorhaben der Regierung zu rebellieren.
Großbritannien – Anti-Streik-Gesetz: Die britischen Gewerkschaften haben bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) Beschwerde gegen die neuen Anti-Streik-Gesetze der konservativen Regierung eingereicht, die seit dem Sommer in Kraft sind und Arbeitnehmer:innen zwingen, eine Mindestversorgung während Streiks in Schlüsselbranchen sicherzustellen. Premier Rishi Sunak verteidigte die Maßnahmen als notwendigen Schutz der Bevölkerung angesichts langanhaltender Massenstreiks im öffentlichen Dienst. Das Hbl berichtet.
Schweiz – Dieselskandal: Die Sammelklage von 2000 Schweizer VW-Fahrern im Dieselskandal wird ohne Entschädigung fallen gelassen. Wie die FAZ berichtet, ist Grund hierfür, dass die Westschweizer Verbraucherschutzorganisation Fédération romande des consommateurs (FRC) die Prozesskosten und die Kosten der gegnerischen Anwälte als zu hoch ansieht.
Spanien – Luis Rubiales: Die Staatsanwaltschaft Madrid ermittelt gegen Luis Rubiales, den inzwischen zurückgetretenen Präsidenten des spanischen Fußball-Verbands, wegen "sexueller Aggression" und Nötigung, wie spiegel.de berichtet.
Sonstiges
Schönbohm vs. ZDF/BMI: LTO (Felix W. Zimmermann) untersucht anhand der Abmahnung des früheren Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik Arne Schönbohm, ob die ZDF-Sendung "Magazin Royale" von Jan Böhmermann über Schönbohm medienrechtlich zulässig war. Geprüft werden insbesondere drei vorgeworfene falsche Tatsachenbehauptungen, im Ergebnis sei die Sendung juristisch aber nicht angreifbar. Böhmermann habe angebliche Aussagen gar nicht getätigt oder es handelte sich um Werturteile. Kritik an Böhmermanns suggestiver Skandalisierung sei aber berechtigt - ebenso wie Kritik an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die Schönbohm ohne eigene Recherchen abgesetzt hatte.
Legal Hackathon: Das Team "JustChat" hat nach Meldung von LTO den diesjährigen "Legal Hackathon" gewonnen. Die Gewinner setzten sich mit einem KI-gestützten Chatbot, der Jurastudierenden mit organisatorischen Fragen bezüglich des Jurastudiums helfen soll gegen zehn andere Teams durch. Plätze zwei und drei belegten die Teams "JurAI" mit KI für die Korrektur von Klausuren und Gutachten und "Lexi Linker" mit einem Tool, das juristische Texte verständlicher machen soll.
Das Letzte zum Schluss
Im Hamsterrad: US-Bundesstaat Georgia hat die Küstenwache einen 51 Jahre alten Mann aus dem Wasser gefischt, der nach eigenen Angaben in einem großen Hamsterrad auf dem Weg über den Atlantik nach England gewesen war. Entdeckt wurde der Mann als sich die Küstenwache auf einen Hurrikan vorbereitete. Wie welt.de berichtet, brachte ihm seine "offensichtlich unsichere Reise" nun eine Strafanzeige ein.
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LTO/lkh/chr
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Die juristische Presseschau vom 12. September 2023: . In: Legal Tribune Online, 12.09.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52686 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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