BGH-Richter Thomas Fischer, der um den Vorsitz des 2. Strafsenats streitet, hatte bisher überwiegend gute Presse. Skeptischer ist heute die Frankfurter Rundschau. Außerdem: Unterschiedliche Erwartungen an das Bundesverfassungsgericht im Wahlrechtsstreit, das Portrait eines schönen Anwalts und ein Richter, der sich seit neun Jahren nicht entscheiden kann.
2. BGH-Strafsenat: Im Streit um die Frage, ob BGH-Richter Thomas Fischer als Senatsvorsitzender geeignet ist, berichtet die Montags-FR (Ursula Knapp) über ein Beschwerdeschreiben, das Fischer vor Jahren nach einer für ihn ungünstig verlaufenen Beratung an seine Kollegen vom 2. Strafsenat sandte. Das Schreiben soll bei der verschlechterten Bewertung durch BGH-Präsident Tolksdorf eine Rolle spielen. Fischer dazu: "Dass aus meiner damaligen Mahnung zur Kollegialität nun gegen mich ein Vorwurf der Unkollegialität konstruiert werden soll, ist ein absurder Vorgang."
Der delegibus-Blog (Thomas Fuchs) spekuliert, dass eine im April gegen BGH-Präsident Klaus Tolksdorf anonym gestellte Strafanzeige wohl von einem Richter stammen dürfte. Tolksdorf wird darin Verletzung von Dienstgeheimnissen vorgeworfen, weil er das Abstimmungsverhalten einzelner Richter im Zusammenhang mit dem Besetzungsstreit am 2. BGH-Strafsenat offenbart haben soll.
Weitere Themen – Rechtspolitik
EU-Kaufrecht: Corinna Budras (Montags-FAZ) bewertet im Wirtschafts-Leitartikel die Pläne der EU-Kommission für ein gemeinsames Europäisches Kaufrecht vorsichtig positiv, weil es nur noch um ein zusätzliches Angebot und keine Harmonisierung gehe. Sie kritisiert allerdings den "in Teilen überzogenen Verbraucherschutz, der den kleinen Unternehmen einiges abverlangt".
Eurobonds: Die Rechtswissenschaftler Franz Meyer und Christian Heidfeld setzen auf verfassungsblog.de ihre Serie zu Eurobonds fort. Teil 3: Eurobonds seien mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn der Bundestag über die Gewährleistungen mitentscheiden kann und der Haftungsumfang nicht zu groß ist. Teil 4: Ein Schuldentilgungsfonds würde wohl eine EU-Vertragsänderung erfordern.
Leistungsschutzrecht: Heribert Prantl (Samstags-SZ) beleuchtet im Feuilleton die Debatte um die Einführung eines Leistungsschutzrechtes für Zeitungsverlage, vor allem in historischer Perspektive. Er hält ein solches neues Recht für nicht durchsetzbar und überflüssig: "Der beste Leistungsschutz für Zeitungsverlage ist ein guter Urheberrechtsschutz für die Autoren."
V-Leute: Erst nach einer richterlichen "Zulassung" soll der Verfassungsschutz V-Leute einsetzen dürfen. Das fordert laut Spiegel Hans-Jürgen Förster, ein ehemaliger Verfassungsschutz-Chef von Brandenburg und heutiger Bundesanwalt.
Mediationsgesetz: Am 13. Juni will sich der Vermittlungsausschuss mit dem vom Bundestag beschlossenen Mediationsgesetz befassen. Das meldet Anwalt Thomas Lapp (beck.blog.de). Er hofft, dass es bei der Trennung von Mediation und Güterichter bleibt.
Weitere Themen - Justiz
BGH zu Bild-Werbung: Prominente müssen es nicht hinnehmen, wenn ihr Foto von der Bild-Zeitung kostenlos zu Werbezwecken eingesetzt wird. Dies gilt auch, wenn die Werbung in einem redaktionell wirkenden Artikel verpackt wird, beschloss der Bundesgerichtshof auf Klage des verstorbenen Künstlers Gunter Sachs. Anwalt David Ziegelmayer stellt das Urteil auf lto.de vor.
ArbG Berlin zu Zeitarbeits-Löhnen: Das Berliner Arbeitsgericht hat der Mitarbeiterin einer Berliner Zeitarbeitsfirma eine Lohnnachzahlung von 55.000 Euro zugestanden. Das berichtet die Montags-taz (Barbara Dribbusch). Die Frau war nach dem Tarif der Christlichen Gewerkschaft für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) bezahlt worden, der es aber nach einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts durchgängig an der Tariffähigkeit fehlte. Laut taz gibt es nur wenige Klagen auf Lohnnachzahlung und auch die Nachforderungen der Rentenversicherung seien niedriger als erwartet.
VG Gelsenkirchen zu Fingerabdrücken: Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob die Pflicht zur Speicherung der Fingerabdrücke in einem Chip des Reisepasses dem EU-Recht widerspricht. Der klagende Anwalt sieht unter anderem das EU-Grundrecht auf Datenschutz verletzt, berichtet internet-law.de (Thomas Stadler).
BVerfG und Wahlrecht: Am morgigen Dienstag verhandelt das Bundesverfassungsgericht über die jüngste Reform des Wahlrechts, mit der auf Karlsruher Geheiß so genannte "negative Stimmgewichte" beseitigt werden sollten. Dagegen klagten SPD und Grüne sowie 3.000 Bürger. Reinhard Müller (Samstags-FAZ) warnt die "detailverliebten Verfassungsrichter", sie sollten sich von der Kritik am Wahlrecht nicht beeindrucken lassen. Das Wahlrecht sei Sache des Parlaments. Heribert Prantl (Montags-SZ) glaubt dagegen, dass das neue Wahlrecht immer noch verfassungswidrig ist und die Richter das Wahlrecht für die Bundestagswahl 2013 selbst formulieren werden.
AG Bad Kreuznach und Arbeitssicherheit: Am heutigen Montag soll Günter Wallraff am Amtsgericht Bad Kreuznach aussagen, kündigt die Samstags-taz (Felix Dachsel) in ihrer Sonntaz-Beilage an. Der Eigentümer einer Brotfabrik ist wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagt, weil die Arbeitssicherheit seiner Beschäftigten nicht gewährleistet gewesen sei. Wallraff hatte dort undercover recherchiert.
StA Berlin zu Wulff: Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ihr Ermittlungsverfahren gegen Ex-Bundespräsident Wulff eingestellt. Es ging um Vorteilsannahme unter anderem in Verbindung mit einem Bobby Car. Das meldete spiegel.de. Die relevanteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover laufen noch.
NSU-Freilassungen: Die Samstags-FAZ (Peter Carstens) analysiert die Freilassungen von drei NSU-Unterstützern aus der U-Haft. Derzeit seien neben Beate Zschäpe noch zwei Unterstützer in Haft.
Lebenslang: blog.beck.de (Henning Ernst Müller) berichtet anhand eines Aufsatzes des Kriminologen Axel Dessecker, wie sich die Verbüßungsdauer lebenslanger Freiheitsstrafen verändert hat. In der vergangenen Dekade sei die Entlassung im Schnitt nach 18,6 Jahren erfolgt.
Strafvollzug: Die Samstags-SZ hat eine Doppelseite dem Thema "Hinter deutschen Gittern" gewidmet. Annette Ramelsberger schildert am Beispiel zweier Anstalten in Straubing den Unterschied zwischen Haft, Sicherungsverwahrung und psychiatrischer Unterbringung. Charlotte Frank beschreibt, wie bei sinkenden Gefangenenzahlen die besonders langen Strafen zunehmen. Jan Heidtmann interviewte die Gefängnisleiterin Regina-Christine Weichert-Pleuger über ihre Arbeit.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Ägypten – Mubarak-Urteil: Ex-Diktator Hosni Mubarak und sein Innenminister sind als Verantwortliche für den Tod von Demonstranten zu lebenslanger Haft verurteilt worden, zwei Söhne und sechs Polizei-Offiziere wurden von verschiedenen Vorwürfen freigesprochen. Die Montags-SZ (Sonja Zekri) und die Montags-taz (Karim el-Gawhary) analysieren das Urteil. Über den bisherigen Prozessverlauf hatte die Samstags-SZ (Sonja Zekri) berichtet.
Neuseeland – Kim Schmitz: Die Auslieferung von Kim Schmitz von Neuseeland an die USA droht zu scheitern. Schmitz soll für den illegalen Filehoster-Dienst Megaupload verantwortlich gewesen sein. zeit.de (Eike Kühl) beschreibt die juristischen Gründe für den vermutlich bevorstehenden Misserfolg der US-Strafverfolger.
Kolumbien / Schweiz - Toter Gewerkschafter: Die Samstags-taz (Toni Keppeler) schildert in ihrer Sonntaz-Beilage ausführlich die Hintergründe einer Strafanzeige wegen Mordes gegen Verantwortliche des Nestlé-Konzerns. Nach Auseinandersetzungen um eine kolumbianische Milchpulver-Fabrik wurde ein Gewerkschafter von dortigen Todesschwadronen getötet.
Frankreich – Anwalt Koubbi: Das Handelsblatt (Tanja Kuchenbecker) portraitiert den Anwalt David Koubbi, der im Berufungs-Prozess gegen den eigenmächtigen Devisenhändler Jerome Kerviel die Verteidigung übernommen hat. Er gelte als "Schönling der Gerichtssäle".
Das Letzte zum Schluss
Entscheidungsschwäche: bild.de (Thilo Scholtyseck) berichtet über einen Richter in Halle, der seit neun Jahren krank geschrieben ist. Süffisant teilt das Blatt die Diagnose der psychischen Krankheit mit: "Entscheidungsschwäche".
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 2. bis 4. Juni 2012: . In: Legal Tribune Online, 04.06.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6315 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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