Eine Regierungs-Arbeitsgruppe empfiehlt die Erhöhung des im Straßenverkehr geltenden THC-Grenzwerts. Bund und Länder einigten sich zur Videoverhandlung. BMJ Buschmann hat einen Entwurf zur Änderung von Artt. 93 und 94 GG vorgelegt.
Thema des Tages
Cannabis und Straßenverkehr: Eine vom Bundesverkehrsministerium eingesetzte Arbeitsgruppe hat empfohlen, den Grenzwert für die im Straßenverkehr künftig zulässige Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) im Blut zu erhöhen. Erst ab 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum sei nicht mehr gewährleistet, dass Menschen ihr Kraftfahrzeug sicher durch den Straßenverkehr manövrieren, heißt es darin. Dies entspricht einem Blutalkoholwert von 0,2 Promille. Der bisherige Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC lag an der unteren Nachweisgrenze und zeigte keine konkrete Beeinträchtigung im Straßenverkehr an. Sa-FAZ, Mo-taz (Andreas Hartmann/Nanja Boenisch) und LTO (Hasso Suliak) berichten.
Ein Grenzwert könne nicht mehr als eine Orientierungsgröße sein, gibt Daniel Deckers (Sa-FAZ) zu bedenken und prophezeit, dass sich die Folgen der Bagatellisierung des Cannabisgebrauchs durch die Ampel-Koalition schon bald in der Unfallstatistik niederschlagen dürften.
Cannabis: Einen Überblick über die seit dem 1. April geltende Teil-Legalisierung sowie die ersten Reaktionen und Auswirkungen geben die FAS (Alexander Wulfers/Anna Sophie Kühne) und die Sa-SZ (Tim Frehler/Christian Wernicke). Ausführliche Erläuterungen gibt die Strafverteidigerin Justine Diebel im Verfassungsblog.
Das Cannabisgesetz beende die absurde Totalkriminalisierung, bringe neue Freiheiten und neue Komplikationen, kommentiert Ingo Arzt (zeit.de). Es werde weder "eine Apokalypse für die Jugend" sein noch "wie ein österliches Wunder für einen vernünftigen Umgang mit Cannabis sorgen", wie sich das der Gesundheitsminister manchmal ausmale.
Rechtspolitik
Videoverhandlungen: Wie beck-aktuell (Joachim Jahn) erfahren hat, haben sich Unterhändler:innen von Bund und Ländern auf einen Kompromiss zur Regelung von Videoverhandlungen an Zivilgerichten geeinigt. Videoverhandlungen sollen auf geeignete Fälle beschränkt werden, wobei das Gericht die Eignung feststellt. Außerhalb soll es einen Kapazitätsvorbehalt des Möglichen geben. Einen Gesetzentwurf, der auf der Grundlage der getroffenen Einigung erstellt wurde, will Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) jetzt an den Vermittlungsausschuss schicken. Der Bundesrat hatte den Vermittlungsausschuss angerufen, weil er mit der vom Bundestag beschlossenen Änderung von § 128a ZPO nicht einverstanden war.
Resilienz des BVerfG: Bundesjustizminister Marco Buschmann hat an die Bundestags-Unionsfraktion einen Arbeitsentwurf zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts übersandt, der als Grundlage für Gespräche mit der Regierungskoalition dienen soll. Die Artikel 93 und 94 des Grundgesetzes sollen danach um Regelungen aus dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz ergänzt werden, so dass eine Änderung nur mit verfassungsändernder Mehrheit möglich wäre. So sollen Vorgaben zur Zusammensetzung des Gerichtes, der Amtszeit der Richter sowie die Bindungswirkung der Entscheidungen des BVerfG im Grundgesetz verankert werden. Sa-SZ (Constanze von Bullion), tagesspiegel.de (Jost Müller-Neuhof), spiegel.de (Florian Gathmann/Jonas Schaible), beck-aktuell und LTO (Felix W. Zimmermann/Helena Schroeter) berichten.
Der frühere Bundesverfassungsrichter Ferdinand Kirchhof kritisiert auf LTO, dass der Arbeitsentwurf keine Vorgaben zur Lösung von Wahlblockaden enthält. Er schlägt vor, "nach zwei erfolglosen Abstimmungen für den dritten Wahlgang eine verbindliche Dreier-Liste des BVerfG vorzusehen, aus der das Parlament innerhalb einer kurzen Frist einen Kandidaten auswählen kann; versagt es auch dort, gälte der Erstplatzierte auf der Liste als gewählt." Außerdem schlägt Kirchhof vor, die Verfassungsrichter-Wahl im Bundestag wieder vom Plenum in einen kleinen Wahlausschuss zurückzuverlagern.
Constanze von Bullion (Sa-SZ) kommentiert, es sei dringend nötig gewesen, dass die Union sich jetzt nach wochenlanger Gesprächsverweigerung durchgerungen habe, mit den Ampelparteien das Bundesverfassungsgericht zu stärken. Ähnlich sieht es Martin Klingst (zeit.de), der auf die Entwicklungen in Polen und Ungarn verweist, wo rechtspopulistische Regierungen Schritt für Schritt den Rechtsstaat, die Demokratie und die bürgerlichen Freiheiten aushöhlten. Jost Müller-Neuhof (tagesspiegel.de) sieht den vorgeschlagenen Weg, die Institution Bundesverfassungsgericht über das Grundgesetz abzusichern, ambivalent. Für den Widerstand gegen eine autoritär-populistische Parlamentsmehrheit, der Regeln nichts bedeuten, brauche es mehr als Regeln im Grundgesetz.
Ministerpräsidentenwahl: Im Verfassungsblog erläutert der Politikwissenschaftler Frank Decker ausführlich, warum die Praxis der geheimen Ministerpräsidentenwahl nicht nur zum Missbrauch einlade, sondern auch der AfD nutzen könnte. Er fordert daher, dass Ministerpräsident:innen in offener Wahl bestimmt werden. Dies ergebe sich auch aus der Pflicht der Abgeordneten, für ihr Abstimmungsverhalten Rechenschaft abzulegen.
Nachhaltigkeit: Die Umsetzung der EU-Richtline zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen wird laut dem entsprechenden Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium, über den die Di-Welt (Philipp Vetter) berichtet, erhebliche Kosten für die Wirtschaft verursachen. Es sei mit einem einmaligen Erfüllungsaufwand von 748 Millionen Euro und daneben mit einem "laufenden Erfüllungsaufwand in Höhe von jährlich ca. 1,4 Milliarden Euro" zu rechnen, der sich ausschließlich aus Bürokratiekosten für Informationspflichten zusammensetzt.
Justiz
BGH zu Rücktritt vom Versuch: Nun berichtet auch LTO (Joschka Buchholz/Max Kolter) über ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Januar. Konkret ging es um einen Tischler, der eine Kundin mit einem Hammer gegen den Kopf schlug, um sie zu töten, dann aber abließ. Objektiv reichte das Verhalten des Mannes für den BGH zwar für einen Rücktritt aus, verneint wurde aber das subjektive Merkmal der Freiwilligkeit. Als der Handwerker vor dem Haus der Geschädigten zwei Passantinnen ansprach, hätte sich bei ihm laut BGH infolge einer "akuten Belastungsreaktion" derart "große panische Angst und ein großer innerer Druck aufgebaut, dass er zu selbstbestimmtem Handeln nicht mehr in der Lage" gewesen sei.
BFH zu Kontodatenabfrage in der Schweiz: Die Übermittlung von Kontodaten auch aus der Schweiz an die deutsche Finanzverwaltung ist verfassungsgemäß, hat laut Sa-FAZ der Bundesfinanzhof entschieden. Grundrechte deutscher Steuerpflichtiger seien dadurch nicht verletzt, die Anforderung von Kontendaten sei vielmehr notwendig zur Erhebung von Steuern.
BFH zu Berliner Testament: Über steuerrechtliche Folgen des so genannten Berliner Testamentes schreibt BFH-Richterin Anette Kugelmüller-Pugh auf beck-aktuell anlässlich einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofes. Das Gericht hatte festgestellt, dass nach der so genannten "Jastrowschen Klausel" der Wert des Vermächtnisses verfassungskonform zweimal der Erbschaftsbesteuerung unterliegt – einmal bei dem überlebenden Ehegatten als Vollerben, auf den der Nachlass des Verstorbenen mangels Auszahlung des Vermächtnisses ungeschmälert übergeht, und sodann ein weiteres Mal beim Kind als Vermächtnisnehmer des dann fälligen Vermächtnisses.
BVerwG zu unfriedlichen Protesten: Auf beck-aktuell analysiert Jakob Hohnerlein vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht die aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zum polizeilichen Umgang mit einem unfriedlichen Protest gegen eine AfD-Veranstaltung. Das BVerwG hatte festgestellt, dass eine Blockadeaktion gegen den AfD-Parteitag u.a. wegen des Einsatzes von Pyrotechnik gegen die Polizei als unfriedlich anzusehen war und deshalb nicht unter dem Schutz des Art. 8 Abs. 1 GG stand. Diese Neuausrichtung des BVerwG führe dazu, so Hohnerlein, dass das Kriterium der Friedlichkeit an Bedeutung gewinne. Für friedliche Blockadeaktionen wie insbesondere das vieldiskutierte "Klimakleben" dürften mit der Entscheidung aber letzte Zweifel ausgeräumt sein, dass sie von der Versammlungsfreiheit geschützt sind.
BVerwG zu Zwangsdoping: Auch beck-aktuell (Joachim Jahn) berichtet jetzt über die Entscheidung des BVerwG, nach der das staatliche Zwangsdoping von Leistungssportler:innen in der Ex-DDR weder eine "politische Verfolgung" noch ein "Willkürakt im Einzelfall" war und deshalb Ansprüche nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz nicht bestehen.
VerfGH Thü zu Gleichstellungsbeauftragten: Nun schreibt auch der wissenschaftliche Mitarbeiter Robert Böttner im Verfassungsblog über eine Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs von Anfang März. Der Gerichtshof billigte, dass laut Gesetz nur Frauen zur zentralen Gleichstellungsbeauftragten einer Hochschule gewählt werden dürfen. Der Autor hält dies für verfassungsrechtlich problematisch und begrüßt, dass es möglicherweise zu einer Gesetzesänderung kommt.
OLG München zu LKW-Kartell: Das Oberlandesgericht München hat das Urteil des LG München zum LKW-Kartell aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Anders als die Vorinstanz ist das OLG München der Auffassung, dass die vom Inkasso- und Rechtsdienstleister Financialright Claims erhobene "Sammelklage" von der Inkasso-Befugnis gedeckt und damit zulässig sei. Der Senat habe auch den Einwand zurückgewiesen, die Klage sei wegen ihres außergewöhnlichen Umfangs rechtsmissbräuchlich, schreibt beck-aktuell. Die Klägerin sei auch nicht verpflichtet, ihren Vertrag mit einem Prozessfinanzierer vorzulegen. In der Auseinandersetzung geht es um die Schadensersatzforderungen der Käufer von rund 70.000 angeblich überteuert verkauften Lastwagen gegen MAN, Daimler, Iveco und Volvo/Renault in Höhe von insgesamt 560 Millionen Euro Schadensersatz plus Zinsen.
OLG Stuttgart zu Dieselskandal/Mercedes Benz: Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in einem Musterprozess des Verbraucherzentrale Bundesverbands Schadensersatzansprüchen gegen Mercedes Benz wegen des Einbaus unzulässiger Abschalteinrichtungen stattgegeben. Der Musterklage hatten sich rund 2.800 Personen angeschlossen, sie betraf bestimmte Mercedes-Modelle, für die das Kraftfahrt-Bundesamt 2018 und 2019 Rückruf-Bescheide erlassen hatte. Sa-FAZ (Marcus Jung), Sa-SZ und beck-aktuell berichten.
LG Berlin zu Tod durch Ehefrau: Von einem früheren Prozess, in dem es um die Tötung eines Rentners durch seine Ehefrau, mit der er fast 50 Jahre lang verheiratet war, ging, berichtet Verena Mayer (Sa-SZ) in ihrer Kolumne "Vor Gericht". Warum die Frau ihren Mann erstach, konnte sie im Prozess nicht erklären. Sie wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt.
VG Köln – Beobachtungsobjekt Maaßen: Der ehemalige Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen hat seine frühere Behörde vor dem Verwaltungsgericht Köln verklagt, teilt die Di-SZ mit. Maaßen wendet sich dagegen, dass er "als Beobachtungsobjekt eingestuft wurde beziehungsweise aktuell behandelt wird", wird aus der 40-seitigen Klageschrift mit 165 Anlagen zitiert.
VG Berlin zu Polizist in Social Media: Der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Berlin, mit der einem Berliner Polizeibeamten untersagt wurde, sich auf TikTok und anderen sozialen Medien als "Officer Denny" darzustellen und in diesem Rahmen Beiträge mit Polizeibezug zu veröffentlichen, widmen sich nun auch Anwältin Kara Preedy und Referendarin Katja Wernecke auf faz.net und erläutern dabei die verschwimmenden Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem in den Sozialen Medien.
StA Berlin – Rüdiger vs. Reichelt: Rechtsanwalt Yves Georg argumentiert auf LTO, dass die von Fußball-Nationalspieler Antonio Rüdiger und dem DFB gestellten Strafanzeigen gegen Julian Reichelt wegen Beleidigung bzw. Verleumdung mangels Tatverdacht keinen Erfolg haben kann. Reichelt habe keine Tatsachenbehauptung aufgestellt, als er Rüdiger in die Nähe des Islamismus rückte. Im übrigen seien Reichelts Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Strafmaß bei Sexualdelikten: Die von zwei Rechtsprofessorinnen angestoßene Debatte um angemessene Strafen bei Sexualstraftaten kommentiert kritisch Rechtsprofessor Ralf Kölbel auf LTO. Sowohl die Methodik der Untersuchung von Hoven/Rostalski als auch die gezogenen Schlüsse hält er für nicht überzeugend. Insbesondere widerspricht er der Bezugnahme auf eine "gesellschaftliche Intuition", also die "Straferwartung" der Gesellschaft. Der "Volkswille" tauge einfach nicht dazu, das Konstrukt eines unterschiedslos angehobenen Tatgewichtes sexueller Delinquenz zu substantiieren und "auf Basis eines solchen Treibsands" sollte eine "neue Härte" wirklich nicht in die Strafpraxis einziehen, so Köbel.
Recht in der Welt
IGH/Israel – Krieg in Gaza: In dem vor dem Internationalen Gerichtshof laufenden Verfahren, in dem Südafrika Israel einen Völkermord an den Palästinenser:innen vorwirft, hat der IGH laut spiegel.de nun erneut per einstweiliger Anordnung verfügt, dass Israel bessere humanitäre Hilfe im Gazastreifen gewährleisten muss. Das Land solle schnell die Lieferung von deutlich mehr Hilfsgütern zulassen und mehr Grenzübergänge für den Transport von Nahrungsmitteln sowie medizinischer Hilfe öffnen.
Es sei "menschlich und richtig, dass der Internationale Gerichtshof die Regierung in Jerusalem verpflichtet, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Versorgung der Zivilbevölkerung zu verbessern", meint Alexander Haneke (Sa-FAZ). Dennoch sei das Vorgehen des Gerichtshofs juristisch heikel: "Israel mag viele Gründe haben, warum es Hilfe für Gaza behindert: legitimer Druck auf die Hamas, aber auch Wut, Vergeltung und kollektive Bestrafung. So unlauter diese Motive auch sind, für den Genozidvorwurf reichen sie nicht."
IGH/Deutschland – Krieg in Gaza: Der IGH wird am 8. und 9. April die ersten Anhörungen im Verfahren um den Vorwurf Nicaraguas durchführen, die Bundesrepublik leiste u.a. mit ihren Waffenlieferungen an Israel Beihilfe zu einem Völkermord in Gaza, . Ein Schuldspruch sei unwahrscheinlich, schreibt die WamS (Daniel-Dylan Böhmer). Ob in Gaza ein Genozid stattfinde, sei immerhin umstritten. Eine mediale Niederlage Deutschlands sei aber durchaus möglich.
UN – Krieg in Gaza: Ob die jüngst vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Resolution, in der eine Waffenruhe in Gaza gefordert wurde, verbindlich ist, ist laut Sa-FAZ (Alexander Haneke) umstritten. Falls die Resolution verbindlich wäre, würde dies dazu führen, dass Israel sein von der UN-Charta anerkanntes Selbstverteidigungsrecht nicht mehr ausüben könne.
Finnland – Asyl: Die finnische Regierung will laut Sa-SZ (Alex Rühle) den Grenzbehörden befristete Befugnisse zur Abweisung von Asylsuchenden an der Grenze geben, die jedoch gegen internationales Recht verstoßen würden. Hintergrund ist die russische Instrumentalisierung von Migrant:innen, die von russischer Seite aus an finnischen Grenzstationen ankommen. Der Chefinspektor des finnischen Grenzschutzes Martti Ant-Wuorinen kritisierte, dass die vorgeschlagene Verordnung der Rechtsstaatlichkeit widerspreche und zu einem "unhaltbaren und unversöhnlichen Konflikt mit der gesamten Verfassung" führen werde, zumal es Russland "höchstwahrscheinlich nicht hindern werde, die Menschen an der Ostgrenze weiterhin zu instrumentalisieren".
Was von der EU noch übrig bleibe, wenn ihre Gesetze und Rechte nicht mehr gelten, fragt Alex Rühle (Sa-SZ). Natürlich müsse sich Finnland gegen Russlands Politik der aggressiven Nadelstiche wehren können. Dieses völlig unausgegorene Gesetz aber, sollte es tatsächlich in Kraft treten, dürfte die EU weiter spalten und Finnland international schwächen
USA – Sam Bankman-Fried: Der Gründer der Kryptowährungsbörse FTX, Sam Bankman-Fried, wurde von einem New Yorker Gericht zu einer 25-jährigen Haftstrafe verurteilt. Eine Jury hatte den heute 32-jährigen Milliardär bereits im November wegen Verschwörung, Betrugs und Geldwäsche für schuldig befunden. Acht bis zehn Milliarden Dollar an Kundengeldern soll er veruntreut haben, um damit zu spekulieren und seinen extravaganten Lebensstil zu finanzieren, schreibt die Sa-SZ.
Sonstiges
Strafbefehl: Auch beck-aktuell (Maximilian Amos) stellt jetzt das Forschungsprojekt der Uni Frankfurt/M. zum Strafbefehl vor. Mit Unterstützung der Vereinigung Hessischer Strafverteidiger*innen soll Menschen, die Strafbefehle erhalten haben, eine kostenlose Strafverteidigung angeboten werden.
Einreiseverbot Martin Sellner: Die Sa-FAZ (Marlene Grunert) erläutert den rechtlichen Rahmen für das von der Stadt Potsdam verhängte Einreiseverbot gegen den Österreicher Martin Sellner, der im Zusammenhang mit dem rechtsextremistischen Remigrations-Treffen in den Fokus der Behörden geraten war. Laut EuGH ist für ein solches Einreiseverbot eine "Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" erforderlich, worunter der EuGH versteht, dass von der Person eine aktuelle und schwere Gefahr ausgeht, "die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt". Weil Sellner bisher nicht verurteilt wurde, könne man fragen, ob politische Hetze für eine so drastische Maßnahme wie das Einreiseverbot ausreiche, so die Autorin.
Wehrhafte Demokratie: Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel erklärt im Verfassungsblog die historisch-theoretischen Grundlagen der "wehrhaften Demokratie" und die darauf beruhende, von Ex-BVerfG-Präsident Papier so genannte "Instrumententrias mit direkten Eingriffsbefugnissen gegenüber verfassungsfeindlichen Organisationen, Individuen und Parteien". In der aktuellen Situation hält Merkel ein Parteienverbot insbesondere aus demokratietheoretischen Gründen für riskant, meint aber auch, dass unsere Demokratie "nach 75 Jahren erfolgreichen Bestehens resilienter" sei als der "diskursive Alarmismus gegen den Rechtspopulismus" suggeriere.
Airport-Fast Lane und Bestechung: Was die von Airlines teilweise gegen eine Zuzahlung angebotene Bevorzugung bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen mit dem Tatbestand der Bestechung zu tun hat, erläutern Rechtsprofessor Till Zimmermann und wissenschaftlicher Mitarbeiter Julian Stolz auf LTO. Der BGH habe längst klargestellt, dass die erkaufte zeitliche Bevorzugung bei einer Verwaltungstätigkeit als pflichtwidrige Ermessenshandlung und damit als Bestechung einzustufen sei und dies später ausdrücklich auch auf Grenzkontrollen bezogen und Zahlungen an Zöllner als Gegenleistung für eine vorrangige Abfertigung für korruptiv erklärt.
Rechtsgeschichte – Hamburger Sexismusklage: Auf LTO erinnert Sebastian Felz vom "Forum Justizgeschichte" an die 1978 eingereichte Klage mehrerer Frauen um Alice Schwarzer gegen das Magazin "Stern" wegen sexistischer Titel. Durch die wiederholte Darstellung der Frau als bloßes Sexualobjekt habe die Zeitschrift die Frauen als Kollektiv und damit die Klägerinnen als Mitglieder dieses Kollektivs in ihrer Ehre und ihrer Persönlichkeit gekränkt, wurde damals vorgebracht. Das LG Hamburg lehnte die Klage ab, mit der Begründung, eine "Popularklage" im "angeblichen gemeinsamen Interesse aller in Deutschland lebenden Frauen" sei unzulässig.
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LTO/pf/chr
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