Mit 70 km/h zu viel auf dem Tacho blitzen, aber dann wichtige Messdaten nicht speichern? Darin sah ein Mann sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt. Vor dem VerfGH Rheinland-Pfalz scheiterte er nun aber.
In der Nichtspeicherung der Rohmessdaten des Blitzers liegt keine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren. Der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) Rheinland-Pfalz in Koblenz hat mit Beschluss vom 22. Juli 2022 eine Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen, der eine Verurteilung wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes zugrunde lag (Beschl. v. 22.07.2022, Az. VGH B 30/21).
Der Beschwerdeführer war Betroffener eines Bußgeldverfahrens wegen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit außerhalb einer geschlossenen Ortschaft um 70 km/h.
Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mittels eines mobilen Messgerätes des Typs PoliScan Speed M1. Bei diesem Messgerät werden kontinuierlich Laserimpulse ausgesendet, die vom Fahrzeug reflektiert und vom Gerätesensor erfasst werden. Aus diesen Informationen berechnet die Gerätesoftware sodann Position und Geschwindigkeit des Fahrzeugs. Diese dem Rechenvorgang zugrundeliegenden Positions- und Zeitdaten werden als Rohmessdaten bezeichnet und werden nicht dauerhaft, sondern nur bis zur Errechnung des Geschwindigkeitswertes abgespeichert, obwohl eine dauerhafte Speicherung technisch möglich wäre.
Kein Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren
Der Verteidiger des Betroffenen forderte während des Bußgeldverfahrens die Überlassung verschiedener, nicht in der Akte enthaltene Messunterlagen. Er war zudem der Auffassung, dass die Verwertung des ermittelten Geschwindigkeitsmesswertes bei gleichzeitiger Löschung der Rohmessdaten gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoße.
Die Einwände blieben ohne Erfolg. Das Amtsgericht (AG) Wittich verurteilte den Beschwerdeführer im Juli 2020 wegen des Geschwindigkeitsverstoßes zu einer Geldbuße von 970 Euro und untersagte ihm für die Dauer von zwei Monaten, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen.
Die von dem Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde verwarf das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Februar 2021, woraufhin der Betroffene Verfassungsbeschwerde beim VerfGH Rheinland-Pfalz erhob. Der Mann macht dabei Verstöße gegen das Recht auf ein faires Verfahren geltend.
Keine nachträgliche Überprüfung der Geschwindigkeit möglich
Seine Verurteilung beruhe auf einem Messwert, der nach der Messung von dem Gerät gelöscht worden sei und zur nachträglichen Überprüfung nicht mehr herangezogen werden könne. Außerdem läge in dem von ihm gestellten und abgelehnten Antrag auf Akteneinsicht ein Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren.
Nachdem der Mann vor dem Verfassungsgerichtshof bereits im letzten Jahr mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Beschl. v. 21.06.2021, Az. VGH A 39/21) gescheitert war, blieb nunmehr auch die Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg.
Die Verfassungsbeschwerde in Bezug auf die nicht gewährte Akteneinsicht sei bereits unzulässig, so der VerfGH Rheinland-Pfalz. Der Mann hätte bereits im Bußgeldverfahren einen ordnungsgemäßen Antrag stellen können, um gegen die Entscheidung vorzugehen.
Toleranzabzug und Zulassungsprüfung ausreichend
Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer nach Ansicht des VerfGH durch die Nichtspeicherung von Rohmessdaten nicht in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt. Es handle sich um ein standartisiertes Messverfahren, bei dem durch das Mess- und Eichrecht und die Überprüfung des einzelnen Geschwindigkeitsmesswertes im Zulassungsverfahren die Sicherheit der Messung gewährleistet werde. Übrigen Ungenauigkeiten würde durch den Abzug eines Toleranzwetes Rechnung getragen.
ku/LTO-Redaktion
VerfGH Rheinland-Pfalz zu Geschwindigkeitskontrollen: . In: Legal Tribune Online, 26.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49154 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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