Eine Polizistin hat sich am VG Düsseldorf erfolgreich gegen Rechtsextremismus-Vorwürfe gewehrt. Ein Bild mit einer Hitler-Parodie, das vor sechs Jahren in einen Polizei-Chat geschickt wurde, stelle kein schwerwiegendes Dienstvergehen dar.
Eine angeblich an einer rechtsextremen Chat-Gruppe beteiligte Polizistin hat sich vor Gericht erfolgreich gegen die Vorwürfe gewehrt. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht (VG) entschied am Donnerstag in einem Eilverfahren, dass das gegenüber der Beamtin ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtswidrig ist und setzte ihre Suspendierung aus. Mit einer bemerkenswerten Begründung: Das zuständige Landesamt habe offenbar nicht erkannt, dass es sich bei der beanstandeten Hitler-Datei um eine Parodie handele, mit der Hitler verspottet werde. Der Vorwurf, die Beamtin habe den Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlassen, sei somit "fernliegend", zumal nicht einmal klar sei, ob sie die Datei überhaupt wahrgenommen habe (Beschl. v. 22.10.2020, Az. 2 L 1910/20).
Der Polizistin war vorgeworfen worden, einer rechtsextremen Chatgruppe angehört zu haben. Ihr wurde daraufhin vom zuständigen Landesamt mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Sie habe "zumindest ein Bild mit rechtsradikalem Gedankengut von strafrechtlicher Relevanz erhalten", so das Landesamt.
Gemeint war damit eine Bilddatei, die im Oktober 2013 in die Whatsapp-Gruppe geschickt wurde. Laut Gericht sei jedoch nicht festgestellt worden, ob die Polizistin das Bild überhaupt zur Kenntnis genommen hat. Das Land habe weder die konreten Inhalte der Chatgruppe, "noch die Häufigkeit und die Frequenz des Nachrichtenaustauschs, geschweige denn etwaige Reaktionen der Antragstellerin hierauf offengelegt", hieß es in dem Beschluss. Allein aus der Gruppenmitgliedschaft könne nicht ohne Weiteres auf die Kenntnisnahme des Bildes geschlossen werden.
Geschmacklose Weihnachts-Parodie, aber keine Straftat
Auch die Annahme des Landes, es handele sich bei dem Bild um ein solches mit rechtsradikalem Gedankengut oder sonst von strafrechtlicher Relevanz, beruhe laut Gericht auf keiner tragfähigen Grundlage. Es hätte auch der Kontext in den Blick genommen werden müssen. "Dies ist indes offensichtlich genau so wenig geschehen, wie eine Berücksichtigung des – der Kammer nicht zur Verfügung gestellten – zugehörigen Chatverlaufs", so das VG.
Nach einer "verhältnismäßig kurzen" Recherche im Internet habe die Kammer die fragliche Bilddatei auffinden können, hieß es weiter. Es handele sich bei dem Bild um einen Ausschnitt aus einer Parodie auf der Videoplattform Youtube mit dem Titel "Weihnachten mit Hitler". Die abgebildete Person sei offensichtlich nicht Adolf Hitler, sondern jemand, der mittels einer Parodie Hitler verspotte, überzeichne und der Lächerlichkeit preisgebe. Die Parodie könnte "zwar ohne Weiteres als äußerst Geschmacklos empfunden werden" - die vom Landesamt gezogene Schlussfolgerung, hierin liege ein "schwerwiegendes Dienstvergehen" und ein "Verstoß gegen die politische Treuepflicht", teilte das Gericht dagegen nicht.
Auch der Vorwurf, die Beamtin habe durch den (nicht nachgewiesenen) Empfang des Bildes "den Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlassen" sei fernliegend. Der Verdacht, dass Straftaten beganegen worden seien, sei vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Gegen die Entscheidung kann das Land NRW noch Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht erheben.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
VG Düsseldorf gibt Eilantrag von Polizistin statt: . In: Legal Tribune Online, 22.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43188 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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