Auch in der Berufung sieht die SPD in der Nähe des Altkanzlers zu Russland keinen Verstoß gegen die Parteiordnung. Politisch dürfte der Fall aber weiter diskutiert werden.
Die Russland-Nähe von Altkanzler Gerhard Schröder hat weiter keine Parteistrafe der SPD zur Folge. Die Schiedskommission des SPD-Bezirks Hannover wies Anträge mehrerer SPD-Gliederungen in zweiter Instanz in einem Beschluss zurück, der der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag vorlag. Zuvor hatten mehrere Medien darüber berichtet.
Es lasse sich "nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen", dass Schröder gegen Statuten, Grundsätze oder die Parteiordnung verstoßen oder sich einer ehrlosen Handlung schuldig gemacht habe, heißt es in dem Beschluss. "Möglicherweise haben deutsche Spitzenpolitiker die Gefahren einer Abhängigkeit von russischen Energielieferungen in den vergangenen 25 Jahren falsch eingeschätzt." Das betreffe aber auch andere Politiker der SPD und anderer Parteien. "Eine solche Fehleinschätzung dem Antragsgegner vorzuwerfen, führt indes zu weit."
Die SPD-Gliederungen, die die Berufung beantragt hatten, könnten nun noch Berufung zur SPD-Bundesschiedskommission beantragen. Allerdings gilt es als eher unwahrscheinlich, dass eine weitere Berufung nach zwei Freisprüchen in den ersten Instanzen zugelassen würde.
Erste Instanz: Schon kein Verstoß gegen die Parteiordnung
Das Parteiordnungsverfahren hatten zunächst 17 SPD-Gliederungen ins Rollen gebracht. Die Parteigliederungen und weitere Kreis- und Ortsverbände warfen Schröder die Verharmlosung des Angriffskrieges, die Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin sowie Schröders Posten in russischen Energie-Unternehmen vor.
In erster Instanz entschied der SPD-Unterbezirk Region Hannover im Sommer, dass Schröder nicht gegen die Parteiordnung verstoßen habe. Die Freundschaft zu Putin sei privat, eine Distanzierung von den russischen Energie-Unternehmen nicht nötig und Schröder habe den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nicht gerechtfertigt, sondern als Fehler bezeichnet. Weil schon kein Verstoß gegen die Parteiordnung vorläge, käme es auf die Frage nach der Parteischädlichkeit seiner Handlungen gar nicht erst an.
Viele Gegner in der eigenen Partei
Dagegen legten sieben SPD-Gliederungen Berufung ein. Die Verhandlung darüber fand Anfang Dezember statt – bis zur jetzt verkündeten Entscheidung vergingen zweieinhalb Monate.
Die Verfahren zeigen jedoch, dass der frühere Bundeskanzler sich mit seinem Engagement für russische Staatskonzerne und seiner Haltung zum Ukraine-Krieg auch in der eigenen Partei viele Gegner gemacht hat. So hatte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken dem Altkanzler bereits im April 2022 nahegelegt, aus der Partei auszutreten. Gänzlich isoliert ist Schröder in der SPD indes nicht.
Im Falle eines Verstoßes wäre nach den SPD-Regularien als härteste Strafe auch ein Ausschluss Schröders aus der SPD möglich gewesen. Früh hieß es allerdings, dass dieser Schritt aus juristischen Gründen unwahrscheinlich sei. Als mildere Sanktionen standen etwa eine Rüge oder eine zeitweilige Aberkennung des Rechts zur Bekleidung von Parteifunktionen im Raum.
Schröder gilt als enger Freund von Russlands Präsident Wladimir Putin und war über Jahre für russische Energiekonzerne aktiv. Mit Blick auf Russlands Angriff auf die Ukraine erklärte Schröder zwar, es liege in der Verantwortung Russlands, den Krieg zu beenden. Allerdings dürften die Verbindungen zu Russland nicht komplett gekappt werden.
dpa/bit/LTO-Redaktion
Weiteres SPD-Schiedsverfahren erfolglos: . In: Legal Tribune Online, 02.03.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51202 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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