Die Ukraine wirft Russland vor, die Völkermordkonvention als Rechtfertigung für den Angriffskrieg zu nutzen. Russland hält den IGH für unzuständig und hat Einreden erhoben. Die öffentlichen Anhörungen über diese Einreden sind jetzt beendet.
Fünf Tage hat der Internationale Gerichtshof (IGH) im Verfahren der Ukraine gegen Russland verhandelt. Der Vorwurf der Ukraine: Russland habe den Angriffskrieg mit einem angeblichen Völkermord der Ukraine an russischen Minderheiten gerechtfertigt. Damit missbrauche es die Völkermordkonvention. Russland bestreitet bereits die Zuständigkeit des IGH, hält die Klage für unzulässig und hat daher vorläufige prozessuale Einreden (preliminary objections) erhoben. Um diese Einreden ging es bei den öffentlichen Anhörungen in Den Haag, die am Mittwoch zu Ende gingen.
In der vergangenen Woche konnte zunächst Russland seine Argumente vortragen – und positionierte sich deutlich: Die Rechtsposition der Ukraine sei "hoffnungslos fehlerhaft", die Ukraine versuche, den IGH mit falschen Anschuldigungen zu missbrauchen. Die Ukraine, die am zweiten Verhandlungstag das Wort erhielt, hielt dagegen: "Die internationale Staatengemeinschaft hat die Völkermordkonvention verabschiedet, um zu beschützen. Russland benutzt sie, um zu zerstören", so die Worte des ukrainischen Vertreters am IGH, Anton Korynevych.
Die 32 Staaten, deren Interventionserklärungen der IGH für zulässig erachtete, konnten am dritten Tag ihre Stellungnahmen abgeben. Noch nie haben so viele Staaten in einem Verfahren interveniert, erstmals gab auch Deutschland eine Interventionserklärung vor dem IGH ab.
Wann wird der IGH entscheiden?
In der zweiten Verhandlungsrunde durften nur noch die Ukraine und Russland vortragen. Russland fordert weiterhin, dass die fehlende Zuständigkeit des Gerichtshofs festgestellt und die Klage als unzulässig abgewiesen wird. Die Ukraine beantragte, die Einreden zu verwerfen, die Zuständigkeit des IGH festzustellen und letztlich selbst in der Sache zu entscheiden.
Der IGH wird nun über die Anträge der Parteien beraten und entscheiden, wie dieses bedeutsame Verfahren weitergehen wird. Die Entscheidung wird in einer öffentlichen Sitzung bekanntgegeben, ein Termin hierfür steht noch nicht fest.
lmb/fkr/LTO-Redaktion
Ende der öffentlichen Anhörungen: . In: Legal Tribune Online, 28.09.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52804 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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