Mutter und Vater bleiben Inhaber der elterlichen Sorge, auch wenn sie in Afghanistan leben und dort nur schwer zu erreichen sind. Die Ausübung der elterlichen Sorge kann auf Dritte übertragen werden, entschied das OLG Koblenz.
Der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz (OLG) hat kürzlich entschieden, dass Eltern die Ausübung der elterlichen Sorge auf Dritte übertragen können, weiterhin aber Inhaber der elterlichen Sorge bleiben (Beschl. v. 24.02.2011; Az.: 11 UF 153/11).
Vorausgegangen war ein Antrag auf Einrichtung einer Vormundschaft für ein 10-jähriges Kind aus Afghanistan, das seit mehreren Jahren in Deutschland lebt. Das Kind leidet an einem Herzfehler und wurde von einer Hilfsorganisation mit Zustimmung der Eltern nach Deutschland vermittelt, um die notwendige medizinische Versorgung zu ermöglichen.
Zur Begründung des Antrags war auf den ungeklärten Rechtsstatus des Kindes hingewiesen worden. Außerdem seien die Eltern des Kindes in Afghanistan mangels Postanschrift nur schwer zu erreichen, weshalb ihnen die Ausübung der elterlichen Sorge nicht möglich sei.
Bereits in der ersten Instanz blieb der Antrag erfolglos. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen diese Entscheidung des Familiengerichts haben nun auch die Koblenzer Richter zurückgewiesen. Grundsätzlich sei eine Vormundschaft zwar einzurichten, wenn ein Minderjähriger nicht unter elterlicher Sorge steht. Für das Kind bestehe aber gerade die elterliche Sorge der afghanischen Eltern, sodass die Vormundschaft nicht erforderlich sei.
Die Eltern haben die Ausübung der elterlichen Sorge zwar auf die Antragstellerin übertragen, behalten aber selbst das Recht, diese Übertragung jederzeit wieder rückgängig zu machen. Dies sei kein vollständiger Verlust der Sorgerechtsverantwortung.
Außerdem ruhe die elterliche Sorge auch nicht. Diese ruht nur, wenn die Eltern die elterliche Sorge über längere Zeit tatsächlich nicht ausüben können. Dies sei jedoch keine Frage der physischen Ab- oder Anwesenheit, wenn die Eltern die Sorge auf einen Dritten übertragen haben und hierauf Einfluss nehmen können – woran auch Schwierigkeiten bei der Kommunikation nichts ändern. Ausreichend sei, dass die Eltern irgendwie Kontakt zu ihrem Kind aufnehmen könnten. Ob sie dies tatsächlich getan haben, ist dabei aber nicht von Bedeutung.
ssc/LTO-Redaktion
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OLG Koblenz: . In: Legal Tribune Online, 22.03.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2835 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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