Nach ihrer Trennung verlangte die Mutter von ihrem Ex-Freund weiterhin Unterhalt für das gemeinsame Kind, obwohl sie bereits mit einem neuen Partner zusammenlebte. Da sie nicht verheiratet waren, geht das, sagt das OLG Frankfurt.
Die Ehe genießt in der deutschen Rechtsordnung besonderen Schutz, das sagt schon Art. 6 Grundgesetz (GG). Auf der finanziellen Seite bedeutet das u. a. steuerliche Vorteile gegenüber unverheirateten Paaren. Aber auch im Fall einer Trennung kann sich die Ehe noch "gelohnt" haben, wie aus einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a. M. hervorgeht. Das Gericht sprach einer Mutter Unterhaltsansprüche gegen ihren früheren Partner zu, die ihr wohl nicht zugestanden hätten, wären die beiden verheiratet gewesen (Beschl. v. 03.05.2019, Az. 2 UF 273/17).
Die Eltern hatten sich bereits vor der Geburt des Kindes getrennt, anschließend übernahm die Mutter die Betreuung. Nach der Elternzeit stieg die Bankangestellte zunächst wieder zu 50 Prozent ins Berufsleben ein, kurz nach dem zweiten Geburtstag ihres Kindes war sie dann wieder in Vollzeit tätig. Während sie vor der Geburt noch 2.800 Euro netto verdient hatte, blieb sie nun aber dahinter zurück, weshalb sie von ihrem fast doppelt so viel verdienenden Ex-Freund Unterhalt für das gemeinsame Kind verlangte. Der hatte zwar nach der Geburt noch Unterhalt gezahlt, diesen aber mit Wiedereinstieg der Mutter ins Berufsleben gekürzt.
Nun war die Mutter der Ansicht, er habe den Unterhalt nicht kürzen dürfen, da von ihr in den ersten drei Lebensjahren des Kindes überhaupt nicht erwartet werden könne, schon wieder arbeiten zu gehen. Ihre Einkünfte dürften daher nicht voll angerechnet werden. Dem Kindsvater missfiel das, zumal sie zwischenzeitlich einen neuen Partner gefunden hatte, mit dem sie auch zusammelebte.
Neue Partnerschaft kann für geschiedene Frau Verlust von Unterhaltsanspruch bedeuten
Nach § 1615l Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat eine unverheiratete Mutter eines Kindes gegen dessen Vater einen Anspruch auf Unterhalt für die Zeit nach der Geburt und, sofern sie in dieser Zeit betreuungsbedingt zuhause bleibt, für mindestens drei weitere Jahre. Geschiedene Ehegatten haben einen zeitlich etwa deckungsgleichen Unterhaltsanspruch.
Für Ehepartner gilt aber zusätzlich: Geht die Ehe in die Brüche und die Ex-Frau sucht sich einen neuen Partner, so kann das ihren Unterhaltsanspruch gegen den Kindsvater gefährden. Denn sofern sie mit dem neuen Partner in einer "verfestigten Lebensgemeinschaft" lebt, kann eine weitere Zahlungspflicht des Vaters nach § 1579 Nr. 2 BGB als grob unbillig abgelehnt werden.
Für nicht verheiratete Paare sei dieser Fall nicht geregelt, erklärt Helmut Borth, ehemaliger Amtsgerichtspräsident und Mitherausgeber der familienrechtlichen Fachzeitschrift FamRZ, im Gespräch mit LTO. "Ich habe zwar früher schon gefordert, dass diese Härteregelung entsprechend auch für Unverheiratete geschaffen wird, aber in der gegenwärtigen politischen Konstellation will da niemand ran."
Das OLG Frankfurt verwies denn auch auf die gesetzgeberische Entscheidung, die Regelungen nicht vollends anzugleichen und verzichtete auf eine analoge Anwendung. Somit gab es der Mutter, nachdem diese bereits vor dem Amtsgericht teilweise obsiegt hatte, Recht. Zunächst einmal stellte das Gericht klar, dass Einkünfte der Mutter in den ersten drei Jahren nach der Geburt in der Tat nur begrenzt anzurechnen seien. Dass die Mutter in dieser Zeit nicht zur Arbeit "verpflichtet" ist, ergibt sich nach Ansicht des Gerichts aus der Wertung des § 1615l BGB.
BGH votierte bislang für Angleichung
Im Weiteren stellte das Gericht dann fest, dass der Unterhaltsanspruch durch die Lebensgemeinschaft mit dem neuen Partner auch nicht beeinträchtigt werde. Die Härteregelung für Ehepaare sei gerade nicht auf unverheiratete Paare zu übertragen. Der Gesetzgeber habe die Unterhaltsregelungen schließlich in mehreren Punkten uneinheitlich belassen. So bekomme etwa eine nicht-verheiratete Mutter keinen Altersvorsorgeunterhalt oder Ausgleich für Nachteile im Erwerbsleben, die durch die zeitweilige Betreuung des Kindes entstünden. Da die nicht-eheliche Mutter somit grundsätzlich schlechter stehe, dürfe dies nicht durch eine Angleichung noch verstärkt werden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) habe sich aber im Laufe der Jahre immer wieder für eine Angleichung der Regelungen für verheiratete und unverheiratete Paare ausgesprochen, kritisiert Familienrechtler Borth. "Das würde konkret bedeuten, dass die Mutter ihren Anspruch auf Unterhalt verlieren würde. Die Entscheidung deckt sich insofern nicht mit der Rechtsprechung des BGH."
Das OLG aber sah die nicht-eheliche Gemeinschaft offenbar schon strukturell nicht vergleichbar mit der Ehe. Hintergrund der Härtefallregelung, so die Argumentation des Gerichts, sei schließlich der Gedanke der ehelichen Solidarität. Die dafür erforderliche "Abkehr aus der ehelichen Solidarität" durch eine neue Partnerschaft könne sich bei nichtehelichen Partnern aber schon gar nicht ereignen.
Borth sieht auch das anders: Diese Art der Solidarität könne "bei nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften genauso bestehen wie bei Ehepaaren. Stellen sie sich vor, ein unverheiratetes Paar zieht zwei Kinder über Jahre hinweg groß und trennt sich dann. Warum sollte man denselben Grundgedanken hier nicht übertragen können? Ich könnte mir vorstellen, dass der BGH das anders sieht."
Der BGH könnte bald Gelegenheit erhalten, zur Frankfurter Entscheidung Stellung zu nehmen. Das OLG ließ nämlich die Rechtsbeschwerde nach Karlsruhe zu, womit der Weg für eine Anfechtung der Entscheidung offen steht. Nicht ohne Aussicht auf Erfolg, meint Helmut Borth.
OLG Frankfurt zu Unterhaltsansprüchen: . In: Legal Tribune Online, 21.05.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35501 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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