Auch ein unleserlicher Schriftzug ist eine rechtlich wirksame Unterschrift. Die Unterschrift darf nicht an der Leserlichkeit gemessen werden. Es ist vielmehr maßgeblich, dass der Unterzeichner bewusst eine Unterschrift leistet und sich somit rechtlich binden will, so die Begründung der Richter.
Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz entschieden und damit die Berufung einer Behörde gegen ein Urteil des Sozialgerichts Mainz verworfen. Diese hatte zunächst zu spät Berufung eingelegt und daraufhin ins Feld geführt, dass das Urteil des Sozialgerichts ihr nicht wirksam zugestellt worden sei und damit der Lauf der Berufungsfrist nicht begonnen habe. Ihre Argumentation: Die Unterschrift auf dem behördlichen Empfangsbekenntnis sei nicht zu lesen und daher unwirksam.
Dies sah der Senat des LSG Rheinland- Pfalz in seiner Entscheidung anders: Es sei zu berücksichtigen, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung die Leserlichkeit einer Unterschrift gerade bei Personen, die aus beruflichen Gründen tagtäglich eine Vielzahl von Unterschriften zu leisten haben, im Laufe der Zeit abnimmt. Dies kann nicht dazu führen, dass der Urheber schließlich damit rechnen muss, ab einem bestimmten Abschleifungsgrad nicht mehr rechtswirksam zu unterzeichnen. Der auf dem Empfangsbekenntnis aufgebrachte Schriftzug sei damit als Unterschrift zu werten (Urt. v. 26.07.2010, Az. L 2 R 158/10).
Die Richter beriefen sich bei ihrem Urteil auch auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), die sich hinsichtlich der Anforderungen an eine Unterschrift im Lauf der Jahre geändert habe. Im Hinblick auf die mit dem Einsatz moderner Kommunikationstechniken verbundene Lockerung der Formvorschriften sei danach eine weniger strenge Handhabung der Grundsätze über die Unterschrift angezeigt.
So entschied der BGH unter anderem in einem Urteil vom 13. Mai 1992 (Az. VIII ZR 190/91), dass als Unterschrift ein Schriftzug genüge, der individuellen Charakter aufweise und einem Dritten, der den Namen des Unterzeichnenden kenne, ermögliche, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauszulesen. Die Unterschrift müsse demnach nicht unbedingt lesbar sein, mindestens einzelne Buchstaben müssten aber - wenn auch nur andeutungsweise- zu erkennen sein.
LSG Rheinland-Pfalz: . In: Legal Tribune Online, 24.09.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1562 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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