Weil sie Gegenstände aus einem Gepäckstück genommen haben soll, wurde eine Bahn-Mitarbeiterin auf der Polizeidienststelle kontrolliert. Die anschließende psychische Erkrankung ist als Arbeitsunfall zu einzuordnen, so das LSG Hessen.
Eine Polizeikontrolle kann unter bestimmten Voraussetzungen als Arbeitsunfall geltend gemacht werden. Das hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil entschieden (Urt. v. 17.10.2017, Az. L 3 U 70/14).
Geklagt hatte eine Mitarbeiterin der Bahn. Die 44-Jährige war von der Polizei durchsucht worden, weil sie im Verdacht stand, während ihres Dienstes Wertgegenstände aus einem abgegebenen Gepäckstück genommen zu haben. Auf dem Polizeirevier musste sich die Frau komplett entkleiden und eine Leibesvisitation über sich ergehen lassen. Dadurch erlitt sie eine psychische Erkrankung.
Die gesetzliche Unfallversicherung der Frau lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Sie war der Auffassung, dass es sich bei der polizeilichen Kontrolle um eine private Verrichtung gehandelt habe, für den der gesetzliche Unfallversicherungsschutz nicht gelte.
LSG: Dienst ordnungsgemäß ausgeübt
Das sahen die Darmstädter Richter jedoch anders. Die Versicherung müsse für den entstandenen Gesundheitsschaden einstehen. Denn die Frau sei ausschließlich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit kontrolliert worden. Sie habe, so der 3. Senat, ihre Arbeit ordnungsgemäß und den dienstlichen Vorschriften entsprechend ausgeübt. Eine privat veranlasste Handlung sei für die Kontrolle nicht ursächlich gewesen.
Deswegen kommt das LSG zu dem Ergebnis, dass allein die berufliche Tätigkeit ursächlich für die körperliche Einwirkung gewesen ist. Die ungerechtfertigten Maßnahmen der Polizei hätten bei der Frau unmittelbar zu Gefühlen des Ausgeliefertseins, der Hilflosigkeit und Ohnmacht geführt, so dass ein Gesundheitserstschaden vorliege, erklärten die Richter.
Der Fall sei deswegen anders zu beurteilen als wenn zum Beispiel ein alkoholisierter Arbeitnehmer sich bei einer Verkehrskontrolle der Blutentnahme entziehen möchte und es dann bei der polizeilichen Festnahme zu einer Verletzung komme. Dort bestehe ein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz nämlich nicht, so das LSG.
mgö/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
LSG Hessen zur Polizeikontrolle: . In: Legal Tribune Online, 02.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25349 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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