Der Online-Rechtsdienstleister "abfindungsheld.de" darf nicht mehr damit werben, für gekündigte Arbeitnehmer vor Gericht zu ziehen und dabei "günstiger als jeder Anwalt" zu sein. Das bestätigte das LG Bielefeld nun mit einem Urteil.
"Wir setzen Ihr Recht durch - Wenn Sie uns beauftragen, holen unsere Rechtsexperten Ihnen Ihre Abfindung. Wir ziehen bis vor Gericht, ohne dass Ihnen Kosten entstehen. Sie können sich zurücklehnen und entspannen", warb einst der Online-Rechtsdienstleister "abfindungsheld.de" auf seiner Website. Dabei sei man auch noch "günstiger als jeder Anwalt". Diese Behauptungen gehen nach einem nun bekannt gewordenen Urteil des Landgerichts (LG) Bielefeld nicht in Ordnung, es untersagte deren Verwendung (Urt. v. 12.12.2017, Az. 15 O 67/17).
Der Bielefelder Anwaltverein war gerichtlich gegen die Werbepraktiken der Seite vorgegangen, die er als irreführend bezeichnete. Damit hatte man bereits im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes einen Erfolg erzielt: Mit Beschluss vom 01.08.2017 untersagte das LG Bielefeld der Legal Hero GmbH, dem Unternehmen hinter "abfindungsheld.de", einen Großteil der von der etablierten Konkurrenz monierten Werbeslogans.
Nach der Eingabe weniger Details prüfe man die Ansprüche und erstelle automatisch eine individuelle Kündigungsschutzklage, hatte das Unternehmen potenziellen Kunden in der Vergangenheit u. a. versprochen. Damit werde allerdings der Eindruck erweckt, die Plattform "biete eine komplette Abwicklung der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung eines Abfindungsanspruches aus einem gekündigten Arbeitsverhältnis an" - was allerdings nicht den Tatsachen entspreche, wie das Gericht in seinem damaligen Beschluss entschied. Die Werbung sei daher irreführend i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Fingierte Kundenbewertung, keine eigenen Anwälte
Tatsächlich aber, so stellte die 15. Zivilkammer fest, nehme nicht etwa ein Algorithmus oder Mitarbeiter des Unternehmens die eigentliche Prüfung der Ansprüche vor, sondern externe Partneranwälte. Zudem sei die Provision von 25 Prozent der ggf. erzielten Abfindung, die an die Legal Hero GmbH zu zahlen sei, nicht zwangsläufig günstiger als das Honorar eines Anwalts - insbesondere dann, wenn der Mandant eine Rechtsschutzversicherung habe, so das Bielefelder Gericht in seinem Urteil.
Für zusätzliche Aufregung zum Zeitpunkt des damaligen Beschlusses sorgte eine fingierte Kundenbewertung, die auf der Seite veröffentlicht worden war. Ein Nutzer mit dem Alias "Peter L." soll am 02.06.2017 unter der Überschrift "Super Abwicklung" geschrieben haben: "einfache Abwicklung dank meiner Rechtsschutzversicherung. Sogar die Selbstbeteiligung wurde übernommen. Klasse!".
Die Bewertung konnte aber nach Ansicht des LG gar nicht echt sein: Aus einem Interview mit den Gründern, welches auf einer anderen Internetseite veröffentlicht worden war, ging demnach hervor, dass diese ihre Tätigkeit erst im Juni 2017 aufgenommen hatten. Da die Verfolgung der Arbeitnehmeransprüche laut eigener Aussage im Schnitt 6-8 Wochen dauern solle, konnte die Bewertung vom 2. Juni also nur fingiert worden sein, schlussfolgerte das LG bereits im Eilverfahren.
Auf die Verfügung des Gerichts hin hatte das Unternehmen zumindest teilweise auf manche Kritik des lokalen Anwaltvereins reagiert. Nun hat die Legal Hero GmbH aber auch im Hauptsacheverfahren verloren, wie eine Sprecherin am Dienstag bestätigte. Auf Nachfrage von LTO wollten sich Vertreter des Unernehmens noch nicht dazu äußern, ob sie gegen das Urteil in Berufung gehen werden.
Die angegriffenen Aussagen fanden sich am Dienstag allerdings nicht mehr auf dem Internetauftritt.
mam/LTO-Redaktion
LG Bielefeld zu irreführender Werbung: . In: Legal Tribune Online, 02.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26243 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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