Der Prozess gegen Jörg Kachelmann kann fortgesetzt werden. Das LG Mannheim hat am Mittwochmorgen Befangenheitsanträge der Verteidigung gegen die drei Richter abgelehnt. Es bestehe "keine hinreichende Veranlassung, die Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit" zu bezweifeln. Der Antrag sei deshalb unbegründet.
Anlass des Befangenheitsantrags war eine Entscheidung des Gerichts, das mutmaßliche Opfer nicht vor Beginn der Aussage über ein Auskunftsverweigerungsrecht für den Fall einer selbstbelastenden Aussage zu belehren.
Da nach Auffassung der Verteidigung die Ex-Geliebte den Moderator zu Unrecht der Vergewaltigung beschuldigt, könnte sie sich wegen einer falschen Verdächtigung strafbar gemacht haben. Vergangenen Mittwoch lehnte das Gericht eine Belehrung zunächst ab. Am Montag korrigierte sich das Gericht und belehrte die Frau doch noch.
Verteidiger Birkenstock interpretierte das dahingehend, dass die Richter
sich entschieden hätten, der Frau zu glauben und deshalb befangen seien.
Das Gericht wies diese Argumentation zurück: Es sei "die Freiheit des Vorsitzenden, den Zeitpunkt einer Belehrung zu bestimmen". Dies sei erst dann erforderlich, wenn ein Zeuge beginnt, konkret über Dinge auszusagen, die ihn in die Gefahr der Strafverfolgung bringen. Die Entscheidung, mit der Belehrung zu warten, stelle keinen Ermessensmissbrauch dar, so die Richter. Die Besorgnis der Befangenheit sei daraus nicht abzuleiten.
Überdies diene das Auskunftsverweigerungsrecht dem Schutz des Zeugen. Der Angeklagte könne eine Belehrung deshalb nur anregen, habe aber keinen Anspruch darauf.
Über den Antrag entschieden zwei Richter aus anderen Kammern des Landgerichts (LG) sowie ein Ergänzungsrichter, gegen den kein Befangenheitsantrag gestellt wurde.
Kachelmann-Prozess: . In: Legal Tribune Online, 20.10.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1759 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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