Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hat Verfassungsbeschwerde gegen das Artikel-10-Gesetz eingereicht. Dieses ermögliche verdachts- und bedrohungsunabhängige Telekommunikationsüberwachung, so die Beschwerdeführer.
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und Amnesty International rufen gegen die Ermächtigung des Bundesnachrichtendienst (BND) zur sogenannten strategischen Telekommunikationsüberwachung das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) an. Die Verfassungsbeschwerde gegen das Artikel-10-Gesetz wurde am Freitag vom Prozessbevollmächtigten Prof. Dr. Matthias Bäcker, Professor für Informationsrecht an der Johannes Gutenberg Universität Mainz, eingereicht.
Inhaltlich geht es in der Verfassungsbeschwerde um das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses ("Artikel 10-Gesetz" oder "G 10"). Laut GFF werden dem BND dort Befugnisse eingeräumt, unter bestimmten Bedingungen internationale Telekommunikation zu überwachen und aufzuzeichnen. Als international gelten dabei Telefonate oder Internet-Verbindungen, die nach Deutschland oder aus Deutschland heraus oder die im Ausland von mindestens einem deutschen Staatsangehörigen geführt werden.
Transparenz nicht sichergestellt
Anders als rein inländische Überwachungsmaßnahmen nach der Strafprozessordnung oder den Polizeigesetzen der Länder brauche der BND für eine strategische Telefonüberwachung keinen konkreten Verdacht, sie erfolge mittels bestimmter Suchbegriffe lediglich aufgrund einer kaum konturierten allgemeinen Bedrohungslage. Das G 10 gebe damit die Möglichkeit, eine Vielzahl von Telekommunikationsverbindungen anlasslos zu scannen und zu speichern, fürchtet die GFF.
Kritisiert werden in der Verfassungsbeschwerde auch die Ausnahmen von der Pflicht, die betroffenen Personen nachträglich zu unterrichten. So sei die Transparenz strategischer Überwachungsmaßnahmen nicht sichergestellt. Außerdem widerspreche es dem grundgesetzlich gewährleisteten Schutz der Privatsphäre, dass der BND die erlangten Daten in weitem Umfang an andere Behörden im In- und Ausland weitergeben kann.
"Das Gesetz erlaubt zu viel und sieht dabei zu wenig Kontrolle vor. Damit wird auf gleich zwei Ebenen in die Grundrechte der Bürger eingegriffen", erläutert Dr. Ulf Buermeyer, Vorsitzender der GFF die Zielrichtung der Klage. "Gerade bei so sensiblen Bereichen wie dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses hat der Verfassungsgeber aus gutem Grund strenge Grenzen gesetzt, die hier eindeutig verletzt werden."
acr/LTO-Redaktion
Strategische Überwachung: . In: Legal Tribune Online, 15.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21164 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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