Nach Ansicht des Generalanwalts meint es der BGH etwas zu gut mit dem Verbraucherschutz. Demnach sei das "ewige Widerrufsrecht", welches Verbrauchern zustehen kann, nicht mit dem Unionsrecht vereinbar, wenn der Verbraucherdarlehensvertrag vollständig erfüllt ist.
Das sog. ewige Widerrufsrecht, welches nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) einem Verbraucher zugutekommt, der beim Abschluss eines Kreditvertrages im Fernabsatz nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert wurde, verstößt nach Ansicht des Generalanwaltes Pitruzzella gegen Unionsrecht. Zu diesem Ergebnis kam der italienische Jurist am Europäischen Gerichtshofs (EuGH) am Donnerstag in seinen Schlussanträgen in der Sache Romano (Az. C-143/18).
Geklagt hatten zwei Verbraucher vor dem Landgericht Bonn (LG), die bei dem Kreditinstitut DSL 2007 ein Darlehen aufnahmen, um damit den Hausbau zu finanzieren. Knapp neun Jahre später widerriefen sie den Kreditvertrag. Der Grund: Das Informationsschreiben der Bank, in dem die Verbraucher über ihr Widerrufsrecht informiert wurden, sei unvollständig.
Die Bank trat dem entgegen und machte geltend, das Widerrufsrecht sei schon längst erloschen. Denn nach der europäischen Verbraucherschutzrichtlinie erlösche ein Widerrufsrecht, sobald der Vertrag auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers von beiden Seiten bereits voll erfüllt wurde, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt. Diese Voraussetzungen seien nach Ansicht der Bank erfüllt.
Rechtlich kompliziert wurde es für das LG deshalb, weil der BGH der Ansicht ist, dass das Widerrufsrecht gerade nicht erlischt, auch nicht durch die Erfüllung des Vertrags. Vielmehr stehe dem Verbraucher ein "ewiges" Widerrufsrecht zu, sofern die Widerrufsbelehrung unvollständig ist. Die Richter des LG Bonn setzten das Verfahren daher aus und fragten den EuGH um Rat.
Generalanwalt: Dem "objektiven Durchschnittsverbraucher" darf etwas mehr zugemutet werden
Der Generalanwalt Pitruzzella ist nun der Auffassung, dass eine solche nationale Vorgehensweise nicht mit europäischem Recht vereinbar sei. Denn auf dem Gebiet des Widerrufsrechts könnten die nationalen Vorschriften nicht von denen der europäischen Verbraucherschutzrichtlinie abweichen. Selbst dann nicht, wenn die Abweichung für den Verbraucher günstiger wäre. Zur Begründung führte Pitruzzella an, dass eine solche Abweichung nicht mit dem Ziel zu vereinbaren sei, den Verkehr von Finanzdienstleistungen europaweit zu harmonisieren.
Der Generalanwalt macht zudem auch Ausführungen zum Erhalten der Informationen zum Widerrufsrecht und den Umständen von dessen Abschluss für die Ausübung des Widerrufsrechts. Und stellt klar, dass dabei "auf einen anderen als einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher unter Berücksichtigung aller einschlägigen Tatsachen und sämtlicher den Absclhuss des Vertrags begleitenden Umstände abzustellen" sei.
tik/LTO-Redaktion
Generalanwalt am EuGH stellt sich gegen BGH: . In: Legal Tribune Online, 28.03.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34641 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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